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Kaum Platz. Taxis und Privatautos kommen sich auf der schmalen Zufahrt am Europaplatz ständig in die Quere. Trotz eines Halteverbots wird dort geparkt. Taxifahrer dürfen in diesem Bereich Fahrgäste nur aussteigen lassen, der Einstieg ist woanders.

© Mike Wolff

Chaos am Hauptbahnhof: Berliner Hauptbahnhof - vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren schrieb Klaus Kurpjuweit, dass nach wie vor Verkehrsanbindungen und eine Lösung für das Parkchaos am Hauptbahnhof fehlen.

Rettungswagen, die in der zugeparkten Ministraße feststecken, Taxifahrer, die sich in die Haare bekommen, Gehwege, die mit abgestellten Fahrrädern versperrt sind, Touristen, die nicht wissen, wie sie weiterkommen – auch vier Jahre nach der Eröffnung des Hauptbahnhofs Ende Mai 2006 herrscht vor den Toren der nach Ansicht der Bahn modernsten Station der Welt alltägliches Chaos. Und jetzt ist sonn- und feiertags auch noch rund ein Drittel der Geschäfte im Bahnhof geschlossen. Die Stadt empfängt ihre Gäste, die hier ankommen, weiter alles andere als haupt- oder gar weltstädtisch.

Die Planer des Senats haben dem großen Bau sowohl auf der Nord- als auch auf der Südseite nur schmale Zufahrtsstraßen vor großen, kahlen Plätzen gegönnt. Ihre Hoffnung war, dass die meisten Fahrgäste vom und zum Bahnhof mit Bahnen und Bussen des Nahverkehrs fahren. Dummerweise hat aber die U-Bahn erst im vergangenen Sommer mit einer vom übrigen Netz isolierten Strecke den Bahnhof erreicht, und auch die Nord-Süd-Strecke der S-Bahn muss erst noch gebaut werden. Da auch noch die Bushaltestellen weit vom Bahnhof entfernt angelegt worden sind, kommen mehr Fahrgäste als erwartet auf die Idee, doch mit dem Auto zum Hauptbahnhof zu fahren – und wollen möglichst nah am Gebäude halten.

Für sie hat die Bahn zwar ein schönes großes Parkhaus mit 860 Stellplätzen gebaut, doch die Zufahrt unter der neuen Bahnbrücke an der Clara-Jaschke-Straße ist so abgelegen, dass viele Autofahrer sie bis heute nicht kennen. Hinweisschilder sind unauffällig angebracht. Und die Zufahrt im Straßentunnel ist nur in Fahrtrichtung Nord zu erreichen – mit einer extrem geringen Höhe, die unerfahrene Nutzer irritieren kann.

Die Bahn spendiert den Nutzern zwar die ersten 15 Parkminuten gratis in der Tiefgarage, doch wer Fahrgäste zum Zug begleiten will, die nicht mehr richtig spurten können, schafft es im Bahnhof der langen Wege meist nicht mehr rechtzeitig zurück zum Auto. Die nächste angefangene Stunde kostet dann gleich 2,50 Euro. Die Forderung des ADAC, die Gratisparkzeit auf eine halbe Stunde auszudehnen, lehnt die Bahn jedoch ab.

Und so kurven Autofahrer doch über die schmale Zufahrt auf dem nördlichen Europaplatz zum Eingangsbereich. Auf dem Sträßchen gilt zwar ein Halteverbot, das nur Ein- und Aussteigen sowie Be- und Entladen zulässt, aber geparkt wird dort trotzdem. Sogar im Kurvenbereich. Und auch auf dem schmalen Mittelstreifen. Sogar die Feuerwehr steckte hier bei Rettungseinsätzen schon fest, berichten Beschäftigte. Selbst die für Behinderte vorgesehenen Flächen werden von Falschparkern blockiert – wie auch der Haltestellenbereich der BVG am Friedrich-List-Ufer.

Parken am Hauptbahnhof kann teuer werden.

© Mike Wolff

Kompliziert ist auch die Regelung bei den Taxis
Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes Mitte schreiben fleißig Knöllchen. Die Ausreden der ertappten Sünder, es seien doch nur zwei Minuten vergangen, hören sie täglich unzählige Male. Nach wie vor werde intensiv kontrolliert, sagt Stadtrat Carsten Spallek (CDU). Kaum seien seine Mitarbeiter aber weg, gebe es das übliche Chaos.

Auch der Mittelstreifen auf der Invalidenstraße, auf dem einmal die Straßenbahn zum Bahnhof rollen soll, werden als Parkplatz genutzt – illegal. Parken wäre hier nur zulässig, wenn es ausdrücklich gestattet wird. So aber gilt das Verbot auch ohne Schild. Freigeben will man die Fläche nicht, weil es beim illegalen Ein- und Ausparken schon zahlreiche Unfälle, meist mit Blechschäden, gegeben hat. Wann hier die Straßenbahn fahren wird, ist allerdings ungewiss. Gegen den damit verbundenen Ausbau der Invalidenstraße für den Autoverkehr klagen Anwohner und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Kompliziert ist auch die Regelung bei den Taxis. Sie dürfen vor dem Eingang am Europaplatz lediglich Fahrgäste aussteigen lassen; zum Einstieg müssen sie sich wieder in der Schlange anstellen. Nimmt ein Fahrer trotzdem gleich wieder Gäste auf, kann es Ärger mit den wartenden Kollegen geben, was bereits zu Handgreiflichkeiten und Blockaden geführt hat. Hinweise, dass am Europaplatz der Einstieg ins Taxi nur in einem bestimmten Bereich vorgesehen ist, sucht man aber vergeblich. Immerhin will die Bahn am südlichen Washingtonplatz die inzwischen verloren gegangenen Hinweise auf die Busse der BVG wieder anbringen.

Keine schnelle Lösung zeichnet sich dagegen bei den Ladenöffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen im Einkaufszentrum mit Bahnanschluss ab. Während die SPD will, dass – wie am Flughafen Tegel – alle Geschäfte geöffnet werden dürfen, beharrt Verbraucherschutzsenatorin Katrin Lompscher (Linke) darauf, dass im Bahnhof nur Artikel für den Reisebedarf verkauft werden dürfen.

Dabei seien die Geschäfte im Bahnhof keine Konkurrenz für den Einzelhandel der Stadt, sagt Toni Brentrup, einer der Sprecher der Händler. Die meisten Kunden seien Fahrgäste, die die Zeit vor der Abreise für einen Einkauf nutzten. Oft spontan. Und geschlossene Geschäfte verunsicherten die Menschen und schadeten dem Image des Bahnhofs, auf den die Berliner zu Recht stolz seien, ist Brentrup überzeugt.

Auch die Bahn sieht in ihrem milliardenteuren Bau inzwischen ein Wahrzeichen der Stadt, das sich, wie ein Sprecher formulierte, Stück für Stück entwickele. Vielleicht eines Tages auch bei seinen Schwachstellen.

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren".

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