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Das Land Berlin hat momentan mehr Geld, als für die Coronabekämpfung gebraucht wird.

© dpa

Berliner Finanzen sind besser als befürchtet: 5,4 Milliarden Euro liegen in der „Pandemie-Rücklage“

Der Berliner Haushalt schließt mit einem Defizit von "nur" 1,5 Milliarden Euro ab. Die Spielräume zur weiteren Bekämpfung von Corona sind groß.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das Land Berlin ist im Corona-Jahr 2020 „gut davongekommen“. Dieses finanzpolitische Fazit, dass die FDP-Haushaltsexpertin Sibylle Meister am Mittwoch im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses zog, wurde von den anderen Fraktionen im Parlament und vom Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) weitgehend geteilt.

Der Landeshaushalt 2020 schloss mit einem Defizit von rund 1,5 Milliarden Euro ab. Das Finanzloch ist damit deutlich kleiner als noch im Herbst vergangenen Jahres befürchtet, als die zweite Pandemiewelle im Anmarsch war.

„Wir liegen ein Stück weit besser als geplant“, bestätigte der Finanzsenator im Hauptausschuss, der zum ersten Mal im neuen Jahr tagte. Er führte die relativ erfreuliche Entwicklung zurück auf Steuereinnahmen, die 2020 über den bundesweiten Schätzungen lagen. Aber auch auf niedrigere Personalausgaben und auf finanziellen Entlastungen in Milliardenhöhe, weil der Bund den größten Teil der Coronahilfen zugunsten der Länder übernahm.

Von den knapp 1,8 Milliarden Euro „besonderer Ausgaben“ im Zusammenhang mit der Pandemie musste Berlin laut vorläufigem Jahresergebnis 2020 lediglich 450 Millionen Euro selber tragen.

Deshalb hat Rot-Rot-Grün jetzt ein Luxusproblem: Die Regierungsfraktionen SPD, Linke und Grüne hatten den Finanzsenator im vergangenen Jahr dazu „überredet“, insgesamt 7,3 Milliarden Euro neue Kredite aufzunehmen. Im Ergebnis der Haushaltsabrechnung 2020 bleiben von dieser gewaltigen Summe fast 5,4 Milliarden Euro übrig, die ab diesem Jahr in einer „Pandemie-Rücklage“ geparkt werden.

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Über dessen Verwendung wurde im Ausschuss nicht gesprochen, aber Senator Kollatz mahnte schon in der vergangenen Woche, dass diese Reserve „zu großer Verantwortung verpflichtet“. Die Mittel dürften ausschließlich Corona-bezogene Maßnahmen finanzieren. Soweit das geliehene Geld nicht benötigt würde, „können wir dann gegebenenfalls eine Sondertilgung vornehmen“. Also einen Teil der Kredite vorzeitig zurückzahlen.

Andererseits ist klar: Sinnvolle und notwendige Projekte, die zur Bekämpfung der Pandemie und deren wirtschaftlicher, bildungspolitischer und sozialer Folgen in absehbarer Zeit noch angeschoben werden müssen, werden nicht an fehlenden Finanzmitteln scheitern. Wobei auch in Zukunft der Bund die Hauptlast tragen wird.

Kollatz kündigt neue Hilfen für Solo-Selbstständige an

So kündigte Kollatz am Mittwoch an, dass das Bundesfinanzministerium sich jetzt bereit erklärt hat, für Solo-Selbstständige (ähnlich der Soforthilfe II) weitere 5000 Euro je Betriebseinheit locker zu machen. Der Finanzsenator hofft auf eine schnelle Umsetzung des neuen Programms, „in der ersten Februarhälfte müsste ausgezahlt werden“. Notfalls könne Berlin, wie schon im letzten Jahr, dabei in Vorlage gehen, dem müsse der Bund aber noch zustimmen.

Außerdem bereite der Senat die Bestellung von FFP2-Masken vor, die vor allem bedürftigen Berlinern und Arbeitnehmern gratis zugute kommen sollen, die im Betrieb statt zuhause arbeiten. Die Verteilung werde voraussichtlich wieder über die Bezirke erfolgen, so Kollatz.

Der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Torsten Schneider brachte außerdem die Forderung nach mehr und regelmäßigen Schnelltests und zusätzlichen Lüftungsanlagen für die Berliner Schulen ins Spiel. Wie dies umsetzbar sei, müsse schnell geklärt werden, „im Sommer brauchen wir dies eventuell nicht mehr“.

Finanzsenator Kollatz zeigte sich an dieser Stelle willig, aber gab zu bedenken, dass bereits 1200 Lüftungsgeräte für die Schulen bestellt seien, die aber noch installiert werden müssten. Möglicherweise mache es Sinn, noch mehr zu bestellen, aber dies „entsprechend der tatsächlichen Nachfrage“. Zumal die meisten Geräte aus China kämen, dort stünde demnächst das Neujahrsfest an, Lieferprobleme seien möglich, man wolle die Lüftungsmaschinen ja nicht erst im Mai.

Zusätzliche Belastungen kommen auf den Berliner Haushalt in jedem Fall durch die Landesunternehmen zu. „Ich rechne auch 2021 mit weiteren Defiziten“, so Kollatz. Vor allem beim Flughafen BER, der Messe, der BVG, der Charité und bei Vivantes, außerdem seien die Kultureinrichtungen seit Novenber wieder geschlossen. Im ersten Quartal dieses Jahres wird die Finanzverwaltung konkrete Prognosen nachreichen.

Der Doppel-Etat 2022/23 wird von der nächsten Regierung beschlossen

In Vorbereitung ist auch schon der Doppelhaushalt für 2022/23, den der Senat am 22. Juni vorlegen will. Wegen der Abgeordnetenhauswahl im September soll erst die künftige Regierungskoalition den Etat im Parlament beschließen. Voraussichtlich im Mai oder Juni 2022.

In einem internen Rundschreiben wies Kollatz daraufhin, dass ab 2022 die Schuldenbremse wieder normal greift. Die öffentlichen Ausgaben müssten auf dem Niveau dieses Jahres eingefroren werden, um „grundgesetzwidrige Defizite“ zu verhindern.

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