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Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD).

© Fabian Sommer/dpa

Noch mehr Sicherheit: Berlin plant bundesweit einmalige Rückkehrregel für Spitzenbeamte

Staatssekretäre sollen wieder ins frühere Beamtenverhältnis wechseln dürfen – bundesweit einmalig. Das sieht ein Entwurf von Berlins Finanzsenator Kollatz vor.

In Berlin sollen Staatssekretäre nach ihrer Entlassung wieder zurück in ihren früheren Beamtenjob dürfen. Das sieht ein Referentenentwurf aus dem Ressort von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) vor, der dem Tagesspiegel vorliegt. Zuerst hatte der „Spiegel“ berichtet. Erstmals soll Staatssekretären damit ermöglicht werden, den Beamtenstatus auf Lebenszeit samt Pensionsansprüchen wieder zu erlangen, wenn es politisch für sie nicht mehr weitergeht.

Der Entwurf soll nach Tagesspiegel-Informationen am Montag, acht Monate vor der Abgeordnetenhauswahl, von der Finanzverwaltung an die Personalstellen anderer Ressorts zur Kenntnisnahme geschickt worden sein. Linke und Grüne reagierten überrascht, niemand kenne den Entwurf bislang, hieß es aus Koalitionskreisen.

Wer Staatssekretär wird, muss sich bewusst dazu entscheiden. Bezahlt wird in Berlin nach der Besoldungsgruppe B7. Das entspricht einem Grundgehalt von 10 515 Euro brutto monatlich. Weil es ein politisches Amt ist, ist eine Rückkehr in den früheren, der politischen Neutralität verpflichteten Beamtenjob nicht möglich – bislang.

Die SPD-geführte Finanzverwaltung will das nun ändern. Die politischen Beamten sollen wieder zur Neutralität verpflichtete Beamte werden. Laut dem Entwurf für ein „Gesetz zur Einführung eines Rückkehrrechts für Staatssekretärinnen und Staatssekretäre“ sollen diese auf Antrag nicht nur ins frühere Beamtenverhältnis zurückkehren dürfen – sondern sogar in ein Amt mit demselben, früheren „Endgrundgehalt“ und ohne erneute Probezeit.

Wenn kein solcher Posten frei ist, soll der ehemalige Staatssekretär das „nächstniedrigere freie Amt“ bekommen und obendrein eine Ausgleichszulage. Und auch die soll noch pensionswirksam werden, also eine höhere Pension ermöglichen. Schließlich soll auch das Ruhegehalt der Staatssekretäre angerechnet werden.

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Auf Tagesspiegel-Anfrage erklärte die Finanzverwaltung, der Senat werde sich „voraussichtlich im Frühjahr“ mit dem Gesetz befassen. Der Plan beziehe sich explizit nur auf Staatssekretäre, die zuvor auf Lebenszeit verbeamtet waren, und ist an einen Antrag gekoppelt, der spätestens sechs Monate nach Dienstende gestellt werden muss. Das soll nur wenige Personen betreffen. Insgesamt arbeiten in Berlin 25 Staatssekretäre, das Land hat damit ohnehin mehr als andere Bundesländer.

In Zukunft – das ist wohl die politische Überlegung hinter dem Entwurf – sollen Staatssekretäre häufiger echte Verwaltungsexperten sein und weniger parteipolitisch geprägt. Die Finanzverwaltung erhofft sich sogar einen Spareffekt, weil 80 Prozent des Ruhegehalts gespart werden und der Beamte weiterhin tätig ist.

Welche leitende Beamter will einen Ex-Staatssekretär in seinem Team?

Die neue Regelung könnte aber ganz praktische Probleme bringen. Ein Beispiel: Ein Beamter, der in Soldstufe A16 monatlich 6000 bis 7600 Euro brutto verdient, wird Staatssekretär. Sein alter Posten wird neu besetzt.

Nach einer Legislatur will der politische Beamte wieder zurück in den Dienst – aber kein adäquater Posten ist frei. Es gibt nur wenige A16-Stellen. Und wer würde schon gern einen früheren Staatssekretär in seinen Reihen haben? Für vorgesetzte Beamte dürfte solch ein Rückkehrer Probleme bringen.

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Aus der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus heißt es, damit werde etwa ein Problem bei Richtern gelöst: Nach der Zeit als Staatssekretäre können sie bislang nicht zurück ins Richteramt. Der Staatsrechtler Ulrich Battis sagte dagegen dem „Spiegel“: „Das Berliner Modell dürfte bundesweit einzigartig sein.“ Durch das Rückkehrrecht würden auf Berlin erhebliche Kosten zurollen: „In erster Linie wird die Unsitte der massenhaften Besetzung von Staatssekretärsposten gestärkt.“

Der FDP-Abgeordnete Bernd Schlömer warnt hingegen von einer Versorgungsmentalität. »Das ist eine Privilegierung ehemaliger politischer Funktionäre“, sagt Schlömer dem Spiegel, der zuerst berichtet hat. „Man geht von einem unbefristeten Beamtenverhältnis in ein befristetes Beamtenverhältnis, wenn man Staatssekretär wird. Ist die Regierungszeit vorbei, will man in den Schoß des unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses im Status des Beamten zurück. Das geht nicht.“

Heiko Melzer, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion sagte: „Dieser Senat leistet sich so viele  Staatssekretäre wie kein anderer Senat vor ihm und mehr als jedes andere Bundesland. In der Qualität der Senatsarbeit ist davon keine Spur." Er appelliere an Sensibilität und Augenmaß, sagte Melzer, „damit sich Rot-Rot-Grün nicht am Ende der glücklosen Regierungsjahre kurz vor der Abwahl den Vorwurf von Selbstbedienung und Versorgungspolitik einhandelt.“

Politischer Beamter und üppig versorgt

Staatssekretäre sind politische Beamte, sie können jederzeit in den Ruhestand versetzt werden. Ihr Job hängt mit dem besonderen Vertrauensverhältnis zum jeweiligen Senator ab. Wenn nach Wahlen neue Parteien die Regierung stellen, werden Staatssekretäre regelmäßig in den Ruhestand geschickt, ein Anspruch auf Ruhegehalt gibt es erst nach fünf Jahren im Amt. Ansonsten werden Staatssekretäre einfach entlassen, aber auch dann bekommen sie üppige Übergangsgelder.

Im Jahr 2017 gab das Land Berlin rund 1,08 Millionen Euro für Ruhegehälter samt Sonderzahlungen für 28 frühere Staatssekretäre aus. Je nachdem, ob sie neue Jobs – außerhalb des Staatsdienstes – haben, bekamen die Ex-Staatssekretäre zwischen 920 und 6900 Euro pro Monat. Fünf frühere Staatssekretäre bekamen kein Ruhegehalt.

Im nun vorliegenden Gesetzentwurf heißt es, dass Beamte bislang benachteiligt würden. „Durch die Einführung eines Rückkehrrechts kann das berufliche Fortkommen fortgesetzt werden, so dass ein Anreiz besteht, das Amt einer Staatssekretärin oder eines Staatssekretärs auszuüben“, heißt es dort.

Auch die „erdienten Statusrechte“, die Beamte in dem alten Job auf Lebenszeit bekommen haben, also Pensionen und Erfahrungsstufen in den Soldgruppen, sollen anerkannt werden – „und zugleich wird den Leistungen" als Staatssekretär Rechnung getragen. Das Rückkehrrecht „leiste zudem einen Beitrag zu der Unabhängigkeit“ von Staatssekretären, die zuvor und Beamte waren.

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