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Pfarradministrator Ulrich Bonin hat am Dienstag die Baustelle des neuen U-Bahnhofes Museumsinsel getauft. 

© Annette Riedl/dpa

Berlin-Mitte: U5-Tunnel ist jetzt getauft

Start für den Bau der letzten Röhren bei der U 5 am künftigen Bahnhof Museumsinsel: Jetzt darf bis Ende 2020 nichts mehr passieren – der Zeitpuffer ist aufgebraucht.

Die Vereisung funktioniert: Minus 21 Grad herrschen im Tunnel. Es ist lausig kalt dort. Mit 15 Grad plus ist es im Schacht davor deutlich wärmer. Und so konnte dort am Dienstag Lavinia Frey, Vorstand Kultur beim Humboldt-Forum, ohne zu frieren vom Bagger aus symbolisch den letzten Tunnelbau bei der U 5 am künftigen Bahnhof Museumsinsel starten. Frey ist Tunnelpatin der Röhre, die nun „Lavinia“ heißt. Gestern fand die beim Tunnelbau übliche Taufe statt.

Dann ist es im Untergrund fast wie in der Kirche. Es wird gesungen und gebetet. Pfarradministrator Ulrich Bonin von der benachbarten St. Hedwigs-Kathedrale hat den Bau – und die Bauleute – mit Weihwasser gesegnet. Mit dabei war auch Pfarrerin Corinna Zisselsberger von der evangelischen Kirchengemeinde St. Petri-St. Marien. Und die Figur der heiligen Barbara, die Schutzpatronin aller Bergleute, findet nun auch hier einen besonderen Platz auf der Baustelle.

Die Bauleute können sicher besser Tunnel bauen als singen und beten. Diese Künste waren bei der kleinen Feier, na ja, ausbaufähig. Selbst das traditionelle Steigerlied war kaum zu vernehmen. Egal, jetzt wird gekonnt gegraben.

Keine gewöhnliche Baugrube

Und es ist keine gewöhnliche Arbeit, die den Planern und Arbeitern dort jetzt im Untergrund bevorsteht. Der Bahnhof Museumsinsel liegt unter dem Spreekanal und teilweise unter der Repräsentanz von Bertelsmann. Er kann deshalb nicht in einer offenen Grube gebaut werden, sondern muss wie ein Stollen im Bergwerk hergestellt werden. Damit beim maschinellen Graben kein Wasser eindringt, hat man den Boden rings um den künftigen Bahnhof vereist. Seit mehr als 60 Tagen fließt die 35 Grad kalte Spezialflüssigkeit durch die Leitungen, für die zuvor 95 bis zu 105 Meter lange waagrechte kleine Röhren gebohrt worden waren. Deshalb ist es in den fertigen Tunnels so kalt.

Um den Bahnhof bauen zu können, muss an drei Röhren gearbeitet werden. Zwei kleinere sind schon fertig; sie wurden mit der Tunnelbohrmaschine „Bärlinde“ hergestellt. Zunächst wird jetzt die dritte Röhre zwischen ihnen in die Erde getrieben, die Frey am Dienstag angebohrt hat – aus dem in offener Bauweise entstandenen Schacht, der später auch Teil des Bahnhofs wird. Dieses Bauwerk ist durch eine 1,20 Meter dicke Betonwand mit Stahleinbauten geschützt. Sie wird jetzt mit Spezialwerkzeugen zersägt. Anschließend wird es nochmals spannend: „Erst dann können wir in den Boden gucken“, sagte der Geschäftsführer Technik der Projektgesellschaft U 5, Jörg Seegers.

Erwartet wird der übliche märkische Sand, der aber mit Findlingen durchsetzt sein kann. Die könnten die Arbeiten aufhalten. Dann wäre der Terminplan hinfällig, der vorsieht, dass die ersten Züge Ende 2020 von Hönow kommend über den Alexanderplatz zum Hauptbahnhof fahren. „Wir haben keine Reserven mehr“, bestätigte Seegers. „Wir suchen schon stundenweise nach Zeit, die wir einsparen könnten.“ Alles hängt jetzt vom Bahnhof Museumsinsel ab. Die anderen Stationen – Rotes Rathaus und Unter den Linden – sind im Rohbau bereits fertig.

Modernste Technik

Die mittlere Röhre soll in drei bis bis vier Monaten fertig sein. Danach kommen die seitlichen Röhren an die Reihe. Um deren Durchmesser vergrößern zu können, müssen die von „Bärlinde“ eingebauten Tunnelwände, Tübinge genannt, entfernt werden. Danach werden die Röhren wie die mittlere ausgebaut.

Damit es keine böse Überraschung durch Undichtigkeiten im 2,50 Meter dicken Vereisungsblock gibt, hat man rund 2000 Messpunkte eingebaut, die die Werte fortlaufend ermitteln. „Mit modernster Technik“, wie Projektleiter Peter Hoppe von der Baufirma Implenia ein bisschen stolz sagte. Berlin sei hier weltweit ein Vorbild.

Nach einem Vorbild hat der Architekt Max Dudler auch den künftigen Bahnhof entworfen. Dudler orientiert sich an einem Bühnenbild von Karl Friedrich Schinkel aus Mozarts Zauberflöte und lässt die gewölbte Bahnhofsdecke mit 7200 Lichtpunkten in dunkelblau erstrahlen. Tief unter der Erde entsteht so für die Fahrgäste ein Sternenhimmel.

Anders als etwa in Hamburg, München oder Paris gibt es in Berlin nach Abschluss der Arbeiten an der U 5 keine fertigen Pläne für weitere U-Bahn-Bauten. Erst jetzt hat Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) vage das Verlängern von drei Strecken ins Spiel gebracht. Man sollte die Chance nutzen, auf die jetzigen Fachkräfte zurückzugreifen, warb Implenia-Deutschland-Geschäftsführer Stefan Roth für weitere U-Bahn-Bauten. „Und es muss ja nicht immer so teuer sein wie bei der U 5“, fügte Seegers hinzu. Die 2,2 Kilometer kurze Strecke zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor soll nach derzeitigem Stand 525 Millionen Euro kosten.

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