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Polizeibeamte in Berlin einen Mann ab.

© Paul Zinken/dpa

Bilanz des BKA für 2017: Berlin ist die Hauptstadt der organisierten Kriminalität

68 Verfahren waren 2017 anhängig, nur im einwohnerreichsten Bundesland NRW gab es mehr. Und dem BKA zufolge ist das Bedrohungspotenzial unverändert hoch.

Von Frank Jansen

Internationale Banden und weitere Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität (OK) machen Berlin in zunehmendem Maße zu schaffen. Die Hauptstadt liegt im Vergleich der Bundesländer inzwischen auf dem zweiten Platz bei OK-Verfahren von Polizei und Staatsanwaltschaft. Das geht aus dem Lagebild „Organisierte Kriminalität 2017“ hervor, das der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, am Mittwoch in Wiesbaden vorstellte.

Demnach waren im vergangenen Jahr in Berlin 68 OK-Verfahren anhängig. Das ist ein Anstieg um sieben gegenüber 2016, im Vergleich zu 2015 sind es sogar 15 mehr. Stärker belastet ist jetzt nur noch Nordrhein-Westfalen mit 111 Verfahren zu Verbrechen der organisierten Kriminalität.

BKA erwähnt in Bericht Diebstahl der Goldmünze

Das BKA erwähnt denn auch im Lagebild einen spektakulären Fall aus Berlin. In der Rubrik „Eigentumskriminalität“ wird der Diebstahl der 100 Kilogramm schweren Goldmünze „Big Maple Leaf“aus dem Bode-Museum genannt. Die Münze mit einem Wert von 3,5 Millionen Euro hatten mutmaßlich Täter aus der in Berlin ansässigen arabischen Großfamilie R. in der Nacht zum 27. März 2017 mit Brachialgewalt erbeutet. Die Berliner Staatsanwaltschaft bereitet derzeit die Anklage gegen die drei mutmaßlichen Einbrecher und einen Mitarbeiter des Museums vor, der den Tätern Hinweise gegeben haben soll.

Das Fallbeispiel zeige, dass solche Gruppierungen der organisierten Kriminalität „trotz eines hohen Entdeckungsrisikos auch vor öffentlichkeitswirksamen Straftaten nicht zurückschrecken“, schreibt das BKA im Lagebild. Das Vorgehen der Täter sei „nur unter Ausnutzung von familiären Strukturen, einem Insider-Tipp und organisierter Absatzwege“ möglich gewesen. Die Münze ist bis heute verschwunden.

Ein gravierendes Problem sind für die Berliner Polizei zudem die Diebstähle von Kraftfahrzeugen durch Gangster aus dem Bereich der organisierten Kriminalität. „Für die professionellen und in Banden organisierten Tatverdächtigen bietet der Tatortbereich Berlin durch die hohe Konzentration auch hochwertiger Fahrzeuge ein bevorzugtes Tätigkeitsfeld“, heißt es in der Kriminalstatistik 2017 der Berliner Polizei, die Innensenator Andreas Geisel im März vorgestellt hatte. Die geographische Lage Berlins „mit einer schnellen Anbindung an die in den osteuropäischen Raum führenden Autobahnen wirkt zusätzlich tatbegünstigend“, steht in der Bilanz.

80 Prozent aller OK-Verfahren mit „internationalen Bezügen“

Im Lagebild des BKA zu 2017 fällt auf, dass der durch OK-Delikte bundesweit verursachte Schaden deutlich gesunken ist. Die Polizei beziffert die finanziellen Verluste der Opfer auf 209 Millionen Euro, 2016 war es etwas mehr als eine Milliarde. Ein Grund für die damalige hohe Zahl war der Schaden von fast 300 Millionen Euro, den ein Netz von Firmen angerichtet hatte, das Briefkästen in Steueroasen unterhielt und auf Geldwäsche und Anlagebetrug spezialisiert war.

Die Gesamtzahl der OK-Verfahren in Deutschland ist 2017 um neun auf 572 gestiegen. Das von der organisierten Kriminalität ausgehende „Bedrohungspotenzial“ bleibe unverändert hoch, sagte BKA-Präsident Münch. Mehr als ein Drittel der OK-Gruppierungen sei im Bereich der Rauschgiftkriminalität aktiv. Rund 80 Prozent aller OK-Verfahren hätten „internationale Bezüge“. Im Lagebild zeigt sich, dass mehr als zwei Drittel der insgesamt 8317 Tatverdächtigen nichtdeutscher Herkunft sind.

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