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Live-Übertragung der Krönung von Charles III.

© picture alliance/KEYSTONE/Ennio Leanza

Berlin im Coronation-Fieber: Bei den jungen deutschen Adeligen gab’s schon morgens verdünnten Prosecco

Die Krönung von Charles III.? Da muss man dabei sein, zumindest am Fernseher. Viele Berliner leisteten sich Gesellschaft – von der Privatparty bis zum Festakt im Pub.

Berlin ist im „Coronation“-Fieber, zumindest an den Orten, an denen das „Jahrhundert-Event“, die Krönung von König Charles dem Dritten, ausgestrahlt wird. Von diesen Orten gibt es viele in der Hauptstadt: Im Englischen Landschaftsgarten zum Beispiel richteten die Gärten der Welt einen „Hut-Contest“ aus. Auch die Stadtbibliothek Lankwitz freute sich über Huttragende-Besucherinnen ihres Public-Viewing-Events. Im „Frederick’s“ am Potsdamer Platz derweil wurde mit Crémant und Scones zum gemeinsamen Feiern gelockt.

Bei einer privat ausgerichteten „Public-Viewing-Party“, an der auch ein paar junge deutsche Adelige anwesend sind, werden schon ab 10 Uhr morgens Mimosas gereicht, also Prosecco verdünnt mit „Orange Juice“. An Scones hat niemand gedacht, und das typische „English Breakfast“ wäre dann wohl doch ein bisschen zu viel der Klischees.

Die Stimmung ist heiter, das Vor-Krönungs-Geplänkel wird mit distanzierter Gelassenheit verfolgt. „Man schaut sich das halt an, weil man es gesehen haben muss.“ Der „Union Jack“ hängt trotzdem vielfach an den Wänden.

Dummerweise funktioniert BBC in Deutschland nicht, es läuft also die Live-Übertragung der ARD. In der Runde ist man sich einig, die sogenannten „Adelsexpertinnen“, die sich die ARD auf das Studio-Sofa geholt hat, sind „irgendwie witzig, aber Clowns“.

Die unbekannte Gräfin in der ARD

Keiner der anwesenden deutschen Blaublüter kennt die alles kommentierende und über alles Bescheid wissende Leontine von Schmettow persönlich, obwohl bei Wikipedia steht, dass sie selbst Gräfin ist. Eine Verwandte von einer auf dem Balkon rauchenden Prinzessin sei mal vom ZDF angefragt worden, ob sie nicht die Hochzeit von William und Kate kommentieren wolle. Das habe sie „selbstverständlich“ dankend abgelehnt.

Und tatsächlich, nach dem dritten Mimosa und dem Wissen, dass man die Netflix-Serie „The Crown“ aufmerksam gesehen hat, wächst die Überzeugung: Das, was die da erzählen, das wisse man auch.

Nun, die Experten der ARD zeichnen sich natürlich vielseitig aus. Neben der Titel tragenden von Schmettow sitzt zeitweise SPD-Politikerin Katarina Barley – und die hat immerhin den britischen Pass.

Sie sieht glücklich aus und ihr Kleid ist schön. Endlich hat sie es geschafft.

Unbekannte Berliner Adelsexpertin über Queen Camilla

Oder der Schauspieler Philipp Brenninkmeyer, den man anscheinend aus der US-Serie „Sex and the City“ kennt – der war auch mal auf einem strengen britischen Internat. Er weiß also, wie Charles sich als Jugendlicher gefühlt haben muss. Außerdem wurde der ARD-Neu-Delhi-Korrespondent Peter Hornung eingeladen, schließlich sammelt er privat royalen Krimskrams.

Lieber in den englischen Pub

Das ARD-Gerede strapaziert irgendwann die Nerven einen bisschen zu sehr, es heißt also Ortswechsel: In einem englischen Pub um die Ecke, der pünktlich zur Krönungszeremonie öffnete, läuft BBC. Um Punkt 12 ist noch nichts los, in den folgenden 20 Minuten füllt sich der Laden. Die hereinschneienden Gäste sprechen fast ausschließlich Englisch mit britischem Akzent. Eine Frau mit geblümtem Sommerkleid hat Erdbeeren für alle mitgebracht. Getrunken werden Pints, also Bier.

Auch hier schaut man sich die Krönung mit beiläufiger Gelassenheit an. Ein „Cheers to the King“ klingt eher ironisch als emotional überzeugt. Auf die Frage, warum zwei der Besucherinnen hier sind, folgt die schlichte Antwort: „She runs the pub and I‘m British.“ Das muss reichen.

Um 13.02 Uhr ertönt über den Bildschirm das erste, laute „God save the King“. Der Pub verstummt, dann wird applaudiert. 15 Minuten später, nach dem zweiten „God save the King“, gefolgt von feierlichem Gesang, verdrückt der ein oder die andere ein paar Tränchen.

Richtig emotional wird es, als dann Camilla die Krone aufgesetzt wird. An den Tischen wird lautstark diskutiert: „Frag mich nicht, was ich von ihr halte – gar nichts nämlich.“ Vor allem bei den jüngeren Gästen geht es ein bisschen gnädiger zu: „Sie sieht glücklich aus und ihr Kleid ist schön. Endlich hat sie es geschafft.“ 14 Uhr, mit leichtem Schwips, muss der Pub, trotz wirklich anregendem „God save the King“-Gegröle, verlassen werden. Diese Zeilen wollten noch verewigt werden.

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