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Barrierefrei. Modern und oftmals mit Wickeltisch und zusätzlichem, kostenfreien Pissoir sind die neuen Modultoiletten ausgestattet.

© picture alliance / Paul Zinken/d

Sieben Millionen Euro für neue Toiletten: Berlin erhält 68 barrierefreie WCs

Nicht nur Touristen profitieren von den 68 neuen öffentlichen WCs in Berlin, die der Senat mit Bund-Länder-Mitteln fördert.

Das Problem klingt für viele zunächst trivial, ist es aber für die Berliner Wirtschaft, die Tourismusindustrie und sicher auch etliche Anwohner nicht: Berlin wird 68 neue Toilettenstandorte an „touristisch relevanten Bereichen“ fördern.

Bis zum Jahr 2021 sind dafür laut Senatswirtschaftsverwaltung rund sieben Millionen Euro vorgesehen. Am Dienstag steht im Senat der Bericht über die Umsetzung des sogenannten Toilettenkonzepts auf der Tagesordnung.

Das Geld für die neue WC-Anlagen stammt vom Bund-Länder-Förderprogramm „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ – kurz GRW.

Zu den GRW-Projekten gehören neben dem Toilettenkonzept beispielsweise auch der Neubau des Oberstufenzentrums „Lise Meitner“ in Neukölln, der Neubau der Salvador-Allende-Brücke in Köpenick sowie der Neubau der südlichen Rhinstraßenbrücke in Lichtenberg.

Welche Orte in Berlin touristisch relevant sind und neue Modultoiletten erhalten, sei zuvor in einer Bedarfsanalyse ermittelt worden, sagte ein Sprecher der Senatswirtschaftsverwaltung.

Hier seien sowohl zentrale „Hotspots“ wie der Gendarmenmarkt, das Olympiastadion oder der Berliner Dom berücksichtigt worden als auch innerstädtische Randbezirke, die ebenfalls attraktiv für Touristen und Besucher sind: etwa der Tierpark in Friedrichsfelde, die Gärten der Welt in Marzahn oder das Tempelhofer Feld.

Die Touristen sollen auch weiterhin von den Bewohnern akzeptiert werden

Dem Senat ist es wichtig, dass die Touristen – wenn sie denn nach den Corona-Lockerungen wieder in die Hauptstadt kommen – von den Bewohnern weiterhin akzeptiert werden. Gleichzeitig sieht das Gesamtkonzept der Senatswirtschaftsverwaltung vor, stärker auf Qualitätstourismus zu setzen. Interessierte Berlin-Besucher können nicht nur an den üblichen Sehenswürdigkeiten die Attraktivität der Stadt erfahren, sondern auch in den Kiezen und Bezirken mit ihren Angeboten.

„Deren Potenziale sollen künftig stärker in den Mittelpunkt gerückt werden“, sagte der Sprecher.

Doch egal wo, ob an den bekannten Tourismusattraktionen oder den kleinen Schätzen der Stadt – eine gute sanitäre Infrastruktur ist wichtig, sonst gibt es Ärger auf allen Seiten: Bei den Besuchern, die Berlin gerade jetzt wieder nötig braucht und bei den Bewohnern, die keine in der Öffentlichkeit urinierenden Gäste gebrauchen können.

Insgesamt gibt es rund 260 öffentliche Toilettenanlagen in Berlin

Das sieht auch Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) so: „Gerade jetzt sehen wir, wie wichtig der Tourismus für die Stadt ist. Umso wichtiger ist es, dass die Akzeptanz für den Tourismus erhalten bleibt. Dazu gehört, dass es genügend öffentliche Toiletten gibt, gerade in den touristischen Hotspots. Ich bin sehr froh, dass wir mit unseren GRW-Mitteln einen Beitrag für einen stadtverträglichen Tourismus leisten können.“

Im Land Berlin gibt es derzeit etwa 260 öffentliche Toilettenanlagen. 1993 wurde der „Toilettenvertrag“ mit der Wall AG geschlossen.

Dieser war 2018 ausgelaufen. Im Vorjahr hatte der Senat das „Berliner Toilettenkonzept“ beschlossen. Im Zuge dessen wurde analysiert, wie viel Bedarf an welchen Standorten besteht – dabei sollten alle Interessengruppen berücksichtigt werden.

Ziel war es, neue moderne und vor allem auch barrierefreie öffentliche WCs für die wachsende Stadt bereitzustellen und zu betreiben.

Bei der europaweiten Ausschreibung konnte sich erneut die Wall AG gegen mehrere Bieter aus dem In- und Ausland durchsetzen und bekam den Zuschlag, die Berliner Toiletten auch die kommenden 15 Jahre zu betreiben.

Alle Analysen, Befragungen und Auswertungen ergaben dann noch einmal schwarz auf weiß: Der „Tourismusbereich“ hat einen großen Bedarf an öffentlichen Toiletten – mit der Neustrukturierung der Standorte soll dies nun abgedeckt beziehungsweise aufgefangen werden.

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Dank der GRW-Förderung können aber neben den erwähnten „Hotspots“ auch weniger bekannte Orte mit modernen Modultoiletten ausgestattet werden – zum Beispiel der Platz der Luftbrücke, der Anhalter Bahnhof, das Denkmal im Viktoriapark in Kreuzberg oder der Spielplatz im Freizeitpark Lübars. Die Modultoiletten sind Unisex-WCs, von den 68 neuen Anlagen werden elf mit Wickeltischen ausgestattet, mehr als 20 von ihnen verfügen im Inneren über zwei Kabinen.

Auch der Geschäftsführer der Berliner Tourismusagentur Visit Berlin, Burkhard Kieker, freut sich über die Förderung 68 neuer Modultoiletten in der Hauptstadt. „So mancher Pizzeria-Inhaber wird aufatmen“, sagte Kieker.

Schließlich sei der Bedarf enorm gewesen – vor Corona kamen laut VisitBerlin pro Tag 300 000 bis 500 000 Touristen in die Stadt. Viele Besucher hätten oftmals die nahe gelegenen Restaurants und Kneipen aufgesucht, um sich zu erleichtern – allein, weil nicht genügend öffentliche  Toiletten vorhanden waren.

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