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Bei den Themen Verkehr, Wohnen, Kitas und Schulen sollen Berlin und Brandenburg stärker kooperieren.

© picture alliance / Andreas Frank

„Berlin boomt – und die Region boomt mit“: Linken-Fraktionschefs fordern engere Zusammenarbeit von Berlin und Brandenburg

In den Fachausschüssen sollen die Länder gemeinsame Absprachen zum Verkehr, Schulen und Kitas treffen. Ein Gastbeitrag von Carsten Schatz und Sebastian Walter.

Als die Fusion Berlin und Brandenburgs beim gemeinsamen Volksentscheid 1996 scheiterte, lag das nicht zuletzt an der Befürchtung der Menschen im gerade erst frisch gegründeten neuen Bundesland, sich zusätzlich zu den eigenen Sorgen auch noch die Probleme der frisch gekürten Hauptstadt aufzuladen.

Angesichts wegbrechender Betriebe und abwandernder Bevölkerung erschien es ihnen nicht sonderlich vorteilhaft, auch noch die gerade rasant wachsenden Schulden Berlins mit zu übernehmen und sich am Ende womöglich zudem von einer arroganten Westberliner Politikkaste dominieren zu lassen.

Spätestens seit dem Beginn des vergangenen Jahrzehnts ist die Situation jedoch eine andere. Berlin boomt – und die Region boomt mit. Die Wachstumsschmerzen, die vor allem aus nicht mitgewachsenen Infrastrukturen resultieren, haben längst schon nicht nur die Kommunen im sogenannten Speckgürtel ergriffen, sondern wandern entlang der vom Regionalverkehr erschlossenen Achsen.

Immer mehr Menschen lassen sich außerhalb Berlins nieder und pendeln täglich zwischen Wohn- und Arbeitsort. Wohnungsknappheit, steigende Miet- und Bodenpreise, volle Bahnen und Straßen sind längst kein Berliner Spezifikum mehr. Kurz, es gibt viele neue gemeinsame Probleme, aber noch wenig gemeinsame Lösungen.

Ein Beispiel ist die kostenlose Nutzung des ÖPNV durch Schülerinnen und Schüler in Berlin. Die endet an der Landesgrenze. Das ist mindestens merkwürdig, wenn im betreffenden Kreis auch die Schülerbeförderung in Brandenburg kostenlos ist, nur nicht für die Schülerschaft aus Berlin. Gleiches gilt auch im Falle des Besuchs einer Berliner Schule durch Brandenburger Jugendliche.

Die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg stärken

Deshalb ist es aus unserer Sicht unerlässlich, die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg zu stärken. Der von der Brandenburger Kenia-Koalition in Erwägung gezogene gemeinsame Ausschuss der Landtage scheitert aber an den Verfassungen beider Länder. Und auch zwei separat eingesetzte Ausschüsse, die, wie von der CDU vorgeschlagen, gemeinsam tagen, laufen Gefahr, in politischer Symbolik zu verharren.

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Die Linke-Fraktionen in Brandenburg und Berlin schlagen daher vor, Themen wie Verkehrsentwicklung und Pendlerströme, Wohnen, Kitas und Schule und auch die Entwicklung des gemeinsamen Wirtschaftsraumes auf der Ebene der Fachausschüsse miteinander zu verhandeln.

Carsten Schatz ist Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Abgeordnetenhaus von Berlin.
Carsten Schatz ist Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Abgeordnetenhaus von Berlin.

© Doris Spiekermann-Klaas TSP

Das hätte zum einen den Vorteil, dass diese sofort beginnen könnten und nicht erst neu eingesetzt werden müssten. Zum anderen werden die Ressorts auf der jeweiligen Regierungsebene direkt angebunden. Ein gemeinsamer Ausschuss, der wahrscheinlich auf der Ebene der Regierungschefs angesiedelt wäre, müsste sich dagegen erst wieder mit den jeweiligen Ressorts rückkoppeln.

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Vor allem aber ließen sich so unterschiedliche Interessen besser wahrnehmen und zum Ausgleich bringen, als wenn beide Seiten weiter vorrangig an eigenen Lösungen arbeiten.

Sebastian Walter, Fraktionsvorsitzender der Linken im Brandenburger Landtag.
Sebastian Walter, Fraktionsvorsitzender der Linken im Brandenburger Landtag.

© Monika Skolimowska/dpa

Mit der im Herbst 2021 beginnenden neuen Legislatur des Berliner Landesparlaments schlagen wir außerdem eine länderübergreifende Enquete-Kommission vor. Diese sollte sich Zukunftsfragen widmen und auch breit getragene Vorschläge für eine Perspektive der Kooperation beider Länder erarbeiten.

Dazu könnte die Etablierung einer Regionalversammlung gehören, die nach dem Vorbild der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung die Umsetzung bestehender Verträge kontrolliert, gemeinsame Kabinettssitzungen begleitet und Vorschläge für gemeinsame Projekte erarbeitet. Und, um mal ein bisschen zu träumen, in dieses Projekt auch die angrenzenden Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen sowie die westpolnischen Wojewodschaften mit einzubeziehen.

Carsten Schatz, Sebastian Walter

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