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Berlin/Bonn-Gesetz: Umstrittene Aufgabenteilung

Die Bonner sind genervt. Kommunalpolitiker zeigen sich nicht erfreut darüber, dass die Links-Fraktion im Bundestag das Thema eines "Totalumzugs" der Ministerien vom Rhein an die Spree erneut aufs Tapet gebracht hat.

Berlin/Bonn - Ausgerechnet anlässlich der Debatte über den Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit hat die Links-Fraktion einen Antrag in den Bundestag eingebracht, die "Nabelschnur" Bonns zur hohen Politik zu zerschneiden und das entsprechende Berlin/Bonn-Gesetz zu kippen.

Bonns Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) verweist in dem Punkt gerne auf den Satz der alten Römer: "Pacta sunt servanda" - Verträge müssen eingehalten werden. Die Aufgabenteilung zwischen der Bundesstadt Bonn und der Hauptstadt Berlin ist im "Berlin/Bonn-Gesetz" vom 26. April 1994 geregelt. Die Bundesregierung hat Bonn seit 1994 rund 1,5 Milliarden Euro dafür bezahlt, dass es den Titel "Bundeshauptstadt" mit allen seinen Folgen an Berlin abgegeben hat. Mit der "Ausgleichsvereinbarung" wurde Bonn entschädigt. Bonn hat den Strukturwandel hin zu einer Stadt, in der sich Unternehmen, Wissenschaftseinrichtungen und internationale Organisationen wie die Uno etabliert haben, "gut gemeistert", meint Dieckmann.

Linkspartei: Berlin/Bonn-Gesetz ist sinnlos

Die Links-Fraktion wolle mit ihrem Antrag "einen Stein ins Rollen bringen", begründete ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Ulrich Maurer das Vorgehen. Das "Berlin/Bonn-Gesetz" mache keinen Sinn mehr. Die Abgeordneten aus Bonn und Umgebung wollen das Gesetz, nach dem 54 Prozent der Regierungsstellen in Bonn, aber nur 46 Prozent in Berlin sind - genau 10.146 Stellen für Beamte und Angestellte in Bonn, 8766 Stellen in Berlin -, nicht wehrlos preisgeben.

Aber auch die Abgeordneten spüren, dass die "Bonn-Fraktion" an der Spree klein geworden ist. Die Links-Fraktion meint, wenn die Debatte zum Komplettumzug im Bundestag erst einmal in Gang gekommen ist, werde sich schließlich eine Mehrheit für ein "Beendigungsgesetz zum "Berlin/Bonn-Gesetz" und für einen Umzugsplan für alle Bundesministerien zustande bringen lassen.

"Pendelfahrten" kosteten 2005 elf Millionen Euro

Dieckmann war über die Antrittsrede des neuen Bundesratspräsidenten Harald Ringstorff (SPD), Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Anfang November "gar nicht amüsiert". Der hatte die Außenstelle des Bundesrats in Bonn sowie gelegentliche Tagungen von Bundesratsausschüssen am Rhein in Frage gestellt. Dieckmann erinnerte Ringstorff sofort daran, dass "Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit" auch für die Zusagen an Bonn im Rahmen des "Berlin/Bonn-Gesetzes" gelten müssten.

Der "Stein des Anstoßes" sind immer wieder die "Pendelfahrten" der Bonner Bundesbeamten an den Regierungssitz in Berlin. Diese Flüge und Bahnfahrten haben im vergangenen Jahr elf Millionen Euro gekostet. Es wurden 125.000 dienstliche Flüge gebucht. Su wurden im ersten Halbjahr 2006 bereits sechs Millionen Euro verflogen. Dienstags ist es nach Angaben der Beamten in den Flugzeugen zwischen Köln/Bonn und Berlin besonders voll. Die Berater für die Ausschüsse des Bundestages müssen mit ihrem Sachverstand den Abgeordneten am Mittwoch zur Verfügung stehen. Wenn eine Sitzung eines Ausschusses kurzfristig abgesagt werden muss, kann der "Bonner Zugereiste" unverrichteter Dinge zurückfliegen - bis zum nächsten Mal.

Dieckmann: Totalumzug würde fünf Milliarden kosten

Es ließ aufhorchen, als bekannt wurde, dass die Vertreter von CDU/CSU und SPD im Haushaltsausschuss des Bundestages auf einer gemeinsamen Klausurtagung übereingekommen sind, die Kosten für die Aufteilung der zwei Regierungsstandorte genau ermitteln zu lassen. Die Pendelei von Ministern, Abgeordneten und Beamten sei zu teuer, begründen die Haushaltsexperten ihren Vorstoß.

Die Bundesregierung hält noch an ihrem Standpunkt fest: "Am Berlin/Bonn-Gesetz wird nicht gerüttelt." Dieckmann verweist darauf, dass die Kosten für einen "Totalumzug" der sechs in Bonn verbliebenen Ministerien an die Spree bei rund fünf Milliarden Euro liegen würden. Daher müsse mit den Diskussionen über einen "Rutschbahneffekt" von Bonn nach Berlin endlich Schluss sein. Über den Antrag der Links-Fraktion beraten nun die zuständigen Bundestags-Ausschüsse. (Von Friedrich Kuhn, ddp)

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