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Der Asia-Imbiss (links) vor dem U-Bahnhof Mehringdamm, an dem sich der Übergriff zutrug.

© Kitty Kleist-Heinrich

Beleidigung und Angriffe an Kreuzberger Imbiss: Berliner CDU-Politiker muss nach rassistischem Vorfall 3750 Euro zahlen

Das Verfahren gegen einen Berliner Bezirksverordneten wurde eingestellt – gegen eine Geldauflage. Von dieser wusste anscheinend selbst die Partei nichts.

3750 Euro muss der Tempelhof-Schöneberger CDU-Bezirksverordnete Harald Sielaff laut Berliner Staatsanwaltschaft an eine Organisation gegen Rechtsextremismus zahlen. Mit dieser Auflage wurde das Ermittlungsverfahren gegen ihn mit Zustimmung des Amtsgerichts Tiergarten eingestellt. Sielaff soll im Januar alkoholisiert einen Beschäftigten eines Kreuzberger Imbisses zunächst verbal rassistisch beleidigt, später auch tätlich angegriffen haben.

Die Einstellung des Verfahrens mit dieser Geldauflage erfolgte bereits im Mai. Unter anderem gegenüber Mitgliedern anderer Fraktionen verwiesen die CDU-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) sowie der Kreisverband seitdem darauf, dass die Ermittlungen gegen ihren Verordneten eingestellt worden seien. Die Geldauflage in Höhe von 3750 Euro wurde nicht erwähnt. Auch Sielaff selber soll diese gegenüber Gesprächspartnern nicht genannt haben, sondern habe betont, dass die Ermittlungen gegen ihn eingestellt worden seien.

Ob Sielaff die Auflage auch gegenüber den Verantwortlichen in Partei und Fraktion nicht angegeben hat, ist nicht bekannt. Zumindest zeigten sich CDU-Angehörige am Donnerstag überrascht davon. Eine Anfrage an Sielaff blieb zunächst unbeantwortet. Auch die CDU spricht bisher lediglich von der Einstellung des Verfahrens.

Nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung kann bei kleinen und mittelschweren Taten von einer Anklage abgesehen werden; stattdessen können Auflagen erteilt werden, "wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht". Das bedeutet nicht, dass die Einstellung des Verfahrens darauf beruht, dass keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten vorliegt.

Die von der Staatsanwaltschaft festgelegte Summe in Höhe von 3750 Euro ging an die DAV-Stiftung gegen Rechtsextremismus und Gewalt. Mit dieser unterstützt der Deutsche Anwaltsverein bedürftige Opfer rechtsextremer Gewalt bei der Rechtsberatung und -vertretung.

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Sielaff hatte im Januar wegen der Vorfälle den Vorsitz im Ausschuss für Bürgerdienste und Ordnungsamt niedergelegt, seinen Sitz in der BVV aber beibehalten. Nach den Wahlen vom September ist er nicht direkt wieder in die BVV eingezogen; er steht auf dem zweiten Nachrückerplatz. Sollte die CDU die beiden ihr zustehenden Stadtratsposten mit für die BVV gewählten Kandidaten besetzen, könnte er anschließend sofort wieder in die BVV eintreten.

CDU: "Weltoffenheit und Vielfalt Kernwerte der Unionsfraktion"

Nach Bekanntwerden der Vorfälle hatte die Tempelhof-Schöneberger CDU-Fraktion erklärt, "Weltoffenheit und Vielfalt" seien "Kernwerte der Unionsfraktion". "In den vielen Jahren der Zusammenarbeit mit Harald Sielaff in der Fraktion haben wir ein von den Vorwürfen gezeichnetes Bild nie erlebt und hätten wir auch nicht geduldet", hieß es damals in der Erklärung.

Sielaff hatte seinerzeit ebenfalls Stellung genommen: "Rassistische Äußerungen und beleidigende Pöbeleien haben nach meiner Überzeugung in unserer Stadt nichts zu suchen. In meinen 55 Jahren, habe ich mich immer für einen demokratischen Umgang mit allen Menschen eingesetzt. Die gestrigen unter Alkoholeinfluss stattgefundenen Ereignisse tun mir persönlich leid, und ich habe mich auch persönlich beim Imbissbetreiber für die Unannehmlichkeiten entschuldigt."

[350.000 Leute, 1 Newsletter: Die Autorin dieses Textes, Sigrid Kneist, schreibt den Tagesspiegel-Newsletter für Tempelhof-Schöneberg. Den gibt es hier: leute.tagesspiegel.de]

Er wies damals "mit aller Entschiedenheit die Anwendung von Gewalt und rassistischen Äußerungen meinerseits zurück" und kündigte zudem an, die juristische Aufarbeitung aktiv zu unterstützen.

Die Vorsitzende der Linksfraktion in der BVV, Elisabeth Wissel, sagte am Donnerstag, es wundere sie nicht, dass für die CDU das Thema erledigt sei: "Dass er überhaupt wieder aufgestellt wurde, zeigt die ideologische Verfasstheit der CDU. Für die rassistischen Ausfälle von Sielaff müssen Konsequenzen folgen." Er sei als Bezirksverordneter nicht mehr tragbar und auch nicht glaubwürdig als "Demokrat". SPD-Fraktionschefin Marijke Höppner nannte die Art und Weise der Kommunikation über die Einstellung "keinen fairen Umgang".

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