zum Hauptinhalt
Barbara Jaeschke, Jahrgang 1955, ist Gründerin und Inhaberin des GLS Sprachenzentrums Berlin.

© Ganz in Weise/GLS Sprachenzentrum

Mehr Mittelstand, weniger Start-up-Hype: Barbara Jaeschke will mit traditioneller Agenda Berlins IHK-Präsidentin werden

Die Berliner Sprachschul-Gründerin Barbara Jaeschke fordert Investor Sebastian Stietzel bei der Wahl der größten Berliner Wirtschaftskammer heraus.

Die Wahl zum Präsidium der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) wird spannender als man zunächst erwarten durfte. Barbara Jaeschke, Gründerin und Inhaberin des GLS Sprachenzentrums Berlin, will sich am 28. Juni zur ehrenamtlichen Präsidentin der Kammer wählen lassen. Das sagte die Unternehmerin dem Tagesspiegel. Damit kommt es zu einer Kampfkandidatur um das prestigeträchtige Ehrenamt.

Zuvor hatte bereits der Finanz-Unternehmer Sebastian Stietzel, aktuell Vize hinter dem amtierenden Präsidenten Daniel-Jan Girl, seine Kandidatur erklärt. Stietzel stellte auch bereits ein Team mit zwei Kandidatinnen und zwei Kandidaten vor, die als Stellvertreter ins Präsidium gewählt werden wollen. Er wird auch von Girl unterstützt. Dieser hatte erst im vergangenen September seine Vorgängerin Beatrice Kramm im Amt beerbt und wollte seine Arbeit in der Kammer fortsetzen. Girl erhielt bei der Abstimmung, an der sich im Mai sämtliche Berliner Unternehmensinhaber beteiligen konnten, nicht die nötige Stimmenzahl für einen der 99 Sitze im „IHK-Parlament“, der Vollversammlung. Laut Satzung darf er somit nicht mehr ins Präsidium oder gar zum Präsidenten gewählt werden. (Hier finden Sie die Wahlergebnisse im Detail).

„Ich war erschrocken, als ich erfuhr, dass Girl nicht erneut in die Vollversammlung gewählt worden ist. Ich habe ihn unterstützt. Er hat viel frischen Wind in die Kammer gebracht“, sagte Jaeschke. Hätte Girl – wie geplant – erneut für das Amt kandidieren können, würde sie nicht antreten. Die Kandidatur des Girl-Vertrauten Sebastian Stietzel habe sie aber motiviert, sich selbst um eine Mehrheit in der Vollversammlung zu bemühen.

Bisher gab es erst eine Frau in dem Amt

Der Präsident der IHK gilt als wichtiger Repräsentant der Berliner Wirtschaft, auch weil dieser wegen der Zwangsmitgliedschaft aller Firmen zumindest theoretisch durch die gesamte Unternehmerschaft legitimiert ist. Der Präsident ist traditionell einer der ersten Ansprechpartner und Kritiker der Regierenden Bürgermeisterin und ihres Senats. IHK-Präsidenten der vergangenen Jahre waren Werner Gegenbauer, Inhaber des gleichnamigen Facilitymanagement-Konzerns und späterer Hertha-Präsident, Eric Schweitzer, Mitinhaber des Recyclingkonzerns Alba und späterer Präsident des Kammerdachverbandes DIHK, Beatrice Kramm, die bisher einzige Frau in dem Amt, Inhaberin der Filmproduktionsfirma Polyphon („Traumschiff“) und eben Daniel-Jan Girl von dem IT-Unternehmen der DGMK.

Sebastian Stietzel, Inhaber der Investmentgesellschaft Marktflagge sitzt bereits im aktuellen Präsidium der Industrie- und Handelskammer.

© privat

Barbara Jaeschke, geboren 1955 und aufgewachsen in Niedersachsen, gründete ihr Unternehmen GLS – das stand damals für Göttingen Language School – im Jahre 1983. Zwei Jahre später begleitete sie ihren Ehemann, der eine Stelle bei Schering (heute Bayer) angenommen hatte, nach West-Berlin. Mittlerweile heißt das Unternehmen GLS Sprachenzentrum Berlin, residiert in Prenzlauer Berg im ehemaligen Ostteil der Stadt und beschäftigt mehr als 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. GLS bietet neben Sprachkursen in Berlin auch Reisen und Auslandspraktika an und setzt damit im Jahr rund 30 Millionen Euro um.

[Konkrete Bezirksnachrichten, Tipps, Kiez-Termine: Jetzt gebündelt und kostenlos in Berlins Bezirksnewslettern vom Tagesspiegel: leute.tagesspiegel.de]

Zunehmend große Teile der operativen Geschäftsführung übernehmen heute die Töchter. Zudem hat Barbara Jaeschke einen Sohn. „Die machen das großartig. So kann ich mir auch den Luxus erlauben und mir die erforderlichen 20 bis 25 Stunden Zeit in der Woche nehmen, die man braucht, um dieses Ehrenamt auszufüllen“.

Jaeschke wünscht sich nicht nur Unterstützer im Präsidium

Jaeschke sagte, sie könne verstehen, dass ihr Kontrahent bereits ein Team um sich geschart habe, um sich gemeinsam der Vollversammlung zu präsentieren. Auch sie habe Gespräche geführt und ermuntere Persönlichkeiten, für das erweiterte Präsidium zu kandidieren. „Wichtig ist mir, dass in diesem Gremium die gesamte Breite der Wirtschaft im Hinblick auf Unternehmensgröße, Erfahrung und Geschlecht vertreten ist. Das scheint mir beim Team des Kontrahenten nicht ausreichend gegeben zu sein.“ Grundsätzlich sollten im Präsidium der Kammer nicht nur bekennende Unterstützer des oder der Präsidentin sitzen. „Es dient auch als Korrektiv.“

Barbara Jaeschke möchte bei den Delegierten mit ihrer 40-jährigen Erfahrung als Unternehmerin punkten und mit ihrem Kommunikationstalent, das man ihr als Gründerin eines Sprachlernzentrums unterstellen darf. Als zentrale Themen einer auf fünf Jahre angelegten Amtszeit nennt sie in einem Brief an die Vollversammlung unter anderem die Digitalisierung und Effizienzsteigerung in der Bildung und Verwaltung sowie eine Verbesserung der Infrastruktur und Verkehrswege. Jaeschke ist parteilos „und stolz darauf“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false