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Bahn-Unglück in Karow: Stellwerksleiter machte entscheidenden Fehler

Der Zusammenstoß zweier Züge am Karower Kreuz ist durch den Fehler eines Eisenbahners im Stellwerk ausgelöst worden. Der Güterzug musste bremsen, weil eine Weiche falsch gestellt war.

Es bestehe ein Anfangsverdacht gegen den Fahrdienstleiter, heißt es in ersten Ermittlungsergebnissen. Der Mann, der am Donnerstagabend alleine im Stellwerk Karow seine Arbeit verrichtete, hat sich wegen eines Schocks krank gemeldet und konnte noch nicht befragt werden.

Bei dem Aufprall eines Regionalexpresses auf einen Güterzug waren in der Nacht zum Freitag 24 Menschen verletzt worden, 12 davon kamen in ein nahe gelegenes Krankenhaus. Bis auf den Lokführer konnten mittlerweile alle anderen Verletzten wieder entlassen werden. Die Strecke wird voraussichtlich erst am heutigen Sonntag wieder freigegeben, sagt ein Bahnsprecher. Bei dem Unfall wurden die Gleise und eine Weiche stärker beschädigt als ursprünglich gedacht.

Nach bisherigen Ermittlungen machte der Fahrdienstleiter den entscheidenden Fehler bereits, bevor der Güterzug sich dem Karower Kreuz mit Tempo 50 näherte. „Er stellte den ursprünglich nach rechts abgehenden Fahrweg auf das geradeaus führende Gleis“, heißt es in einem ersten Bericht. Der Lokführer des Güterzuges bemerkte auf seinem elektronischen Display im Führerstand den Fehler seines Kollegen. Ihm kam die Route durch die Innenstadt merkwürdig vor, weil Gefahrgutzüge sonst um Berlin herum geleitet werden. Also  bremste er den Güterzug bis auf Tempo 13 ab und nahm dabei sofort Kontakt mit dem Stellwerk auf. Daraufhin stellte der Fahrdienstleiter die immer noch vor dem Güterzug liegende Weiche wieder um. Danach, so der Lokführer, habe er den Gefahrguttransport wieder beschleunigt. Das Unheil nahm durch die Verzögerung seinen Lauf: Als der Kesselwagenzug etwa Tempo 35 erreicht hatte, krachte der mit Tempo 85 fahrende Regionalexpress Schwedt–Berlin in den letzten Kesselwagen.

Die Bahn wollte zu diesen Informationen keine Stellung nehmen. Möglicherweise hat der Stellwerksleiter einen zweiten Fehler begangen. Ungeklärt ist nämlich noch, wieso das Signal für den Personenzug „Grün“ gezeigt hat. Denn eigentlich darf sich in dem Gleisabschnitt zwischen zwei Signalen immer nur ein Zug befinden. Möglicherweise ist das Signal durch das Hin-und-Herstellen der Weiche beeinflusst worden. Oder aber der Fahrdienstleiter hätte das Signal manuell wieder auf Rot stellen müssen, weil ihm ja nach dem Gespräch mit dem Güterzug klar sein musste, dass das Gleis nicht frei ist. Doch auch das geschah nicht.

In der kommenden Woche sollen der Fahrdienstleiter und der mit Knochenbrüchen im Krankenhaus liegende Lokführer des Personenzuges befragt werden. Das Eisenbahnbundesamt wertet derzeit die Aufzeichnungen der technischen Daten in den Loks aus. Auch das letzte Zugunglück in Berlin, im Oktober 2008, war durch den Fehler eines Fahrdienstleiters verschuldet worden. Beim Zusammenstoß zweier Regionalzüge waren die beiden Lokführer leicht verletzt worden.

Ein Experte sagte über das Karower Unglück, es hätte weitaus schlimmere Folgen gehabt, wenn der Güterzug stillgestanden hätte. Der Aufprall sei milder gewesen, weil der Zug 35 Stundenkilometer fuhr. Sonst wäre wohl eine verheerende Explosion die Folge gewesen, denn auch der letzte Waggon war mit hochexplosivem Propen beladen.

1978 war im spanischen Tarragona ein Propenlastwagen verunglückt, 216 Menschen starben in der Feuerwalze.

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