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Die Rigaer Straße 94 in Berlin Friedrichshain.

© imago images/Jannis Große/Jannis Grosse via www.imago-images.de

„Ausbruch aus dem größten Gefängnis der Welt“: Nahost-Debatte spaltet die linke Szene Berlins

Linksradikale aus der teilbesetzten „Rigaer 94“ sorgen mit einem Statement für Aufruhr in der Szene. Zwei Kundgebungen im Vorfeld der Großdemo für Palästina blieben weitgehend friedlich.

Fast einen Monat nach Beginn der Unruhen im Nahen Osten sorgt das autonome Berliner Hausprojekt „Rigaer 94“ für Debatten innerhalb der linken Szene der Stadt. In einem am 1. November veröffentlichen Statement kommentieren die Linksradikalen den Terrorangriff der Hamas als „Ausbruch aus dem größten Gefängnis der Welt“.

Sie werfen den Medien unter anderem „konstruierte Schreckensgeschichten“ und einen „orientalistischen Diskurs“ vor, in dem „das Bild des Arabers als das ultimativ Böse konstruiert“ werde. Dagegen wird der Angriff der Hamas zum „Weg zur Befreiung“ verklärt, während israelische Opfer nicht direkt benannt werden. Das Statement schließt mit dem Aufruf, sich „denen auf der Sonnenallee“ anzuschließen – in Anspielung auf die Unruhen in der Neuköllner Straße in den vergangenen Wochen – „auf die Art und Weise wie jede*r für sich selbst wählt.“

Das Statement der „Rigaer 94“ wurde unter anderem auch vom „Revolutionärer 1. Mai-Bündnis“ auf der Plattform „X“ verbreitet. Dem Bündnis unter Führung der migrantischen Organisation „Migrantifa“ wird schon länger vorgeworfen, antisemitischen und israelfeindlichen Parolen eine Plattform zu bieten.

In den sozialen Medien und auch auf der linken Plattform Indymedia distanzierten sich diverse linke Gruppen von der „Rigaer 94“. Andere veröffentlichten, wie etwa die Gruppen „Antifa Nordost“ und die „Interventionistische Linke Berlin“, eigene Statements gegen Antisemitismus.

Rund 100 Menschen demonstrierten am Donnerstagabend auf der Neuköllner Sonnenallee gegen das Verbot palästinensischer Symbole an Schulen.

© dpa/Jörg Carstensen

Einige linke Gruppen organisierten am Donnerstag und Freitag Kundgebungen in Neukölln und Dahlem, die weitgehend friedlich verliefen. Am Donnerstagabend protestierten überwiegend Jugendgruppen vor dem Neuköllner Ernst-Abbe-Gymnasium gegen das Verbot palästinensischer Symbole in Schulen.

An dem Gymnasium war es Anfang Oktober zu einer Prügelei zwischen einem Lehrer und einem Schüler gekommen, nachdem der 14-Jährige mit einer Palästina-Flagge in den Unterricht gekommen war. Rund 100 Menschen schlossen sich der Demo am Donnerstag an und zogen über die Sonnenallee. Sie riefen „Free Palestine“, vereinzelt auch die israelfeindliche Parole „From the river to the sea, palestine will be free“. Beobachter berichteten im Anschluss, dass auch vereinzelt Parolen wie „Kindermörder Israel“ gerufen worden seien.

Am Freitag hatte die kommunistische Organisation „Klasse gegen Klasse“ propalästinensische Studierende zu einer Kundgebung vor der Freien Universität (FU) in Dahlem aufgerufen. Ebenfalls rund 100 Menschen forderten in Redebeiträgen von der FU-Leitung, sich in einem Statement gegen Israel und auf die Seite Palästinas zu stellen. Eine Rednerin distanzierte sich von der Hamas, verurteilte aber auch das Verbot des Netzwerks Samidoun und legitimierte Angriffe auf Israelis. Mit Sprechchören wie „Von Dahlem bis nach Gaza – Yallah Intifada“ riefen Teilnehmende zu Gewalt auf. Neben der Kundgebung bildete sich eine spontane Gegendemo, bei der einzelne Menschen eine Israelfahne hochhielten und auf Schildern gegen Antisemitismus protestierten.

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