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Bilder, Blumen und Kerzen in Erinnerung an die Getöteten.

© Kim Winkler

Update

Aus Habgier Mutter und Tochter getötet: Lebenslange Haft für Ali H. nach Mord in Berlin-Marzahn

Mit 37 Messerstichen soll ein heute 34-Jähriger in Marzahn seine Nachbarin getötet haben und anschließend ihre Tochter. Nun wurde er schuldig gesprochen.

Der Richtige saß aus Sicht der Richter auf der Anklagebank: Rund zwei Jahre nach dem brutalen Angriff gegen eine Mutter und ihre neun Jahre alte Tochter in einer Wohnung in Marzahn ist Ali H. zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Landgericht sprach den 34-Jährigen am Montag des Mordes in zwei Fällen sowie des versuchten Raubes mit Todesfolge schuldig. Die Richter stellten zudem eine besondere Schwere der Schuld fest, was eine Haftentlassung auf Bewährung nach 15 Jahren nahezu ausschließt.

Nach einem Indizienprozess, der sich rund 18 Monate hinzog, stehe für das Gericht fest, „dass kein anderer als der Angeklagte für die schreckliche Tat verantwortlich ist“, sagte die Vorsitzende Richterin Sylvia Busch. Er habe eine größere Geldsumme in der Wohnung der wie er aus Afghanistan stammenden Nachbarn vermutet. Diverse DNA-Spuren des Angeklagten seien sichergestellt worden am Tatort.

Zudem habe Ali H. für die Tatzeit kein Alibi. Ein weiteres Puzzleteil seien geständige Angaben von H. gegenüber einem Mithäftling. Aus Habgier sowie zur Ermöglichung und Verdeckung einer anderen Straftat habe H. die Nachbarin und ihre Tochter getötet.

Die 38-jährige Homa Z. und Tajala Z. wurden am 29. Februar 2020 ermordet – um die Mittagszeit in der achten Etage eines Elfgeschossers. Ehemann und Vater Ahmad Z. arbeitete zu der Zeit auf einem Wochenmarkt in Schöneberg. Als er am frühen Abend nach Hause kam, ließ sich die Wohnungstür nicht öffnen. Es steckte ein abgebrochener Schlüssel von innen im Schloss. Ahmad Z. bat seinen ebenfalls im Haus lebenden Landsmann H. um Hilfe. Erst ein Schlüsseldienst bekam die Tür auf.

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Ein Chaos in der Wohnung. Die Räume verwüstet, Schränke und Schubladen offen. Überall blaues Pulver, denn der Täter hatte einen Feuerlöscher entleert, um Spuren zu verwischen. Die Leiche von Homa Z. lag im Flur unter Decken und Matratzen versteckt, darüber eine Gebetskette. Mit 37 Messerstichen war die Frau getötet worden – eine „Übertötung“, sagte ein Ermittler. Die Leiche des erdrosselten Kindes lag im Badezimmer – kopfüber in der Toilettenschüssel.

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Ali H., gelernter Kfz-Mechaniker und dreifacher Vater, war knapp einen Monat nach dem Verbrechen festgenommen worden. An den Leggins, die das Mädchen bei seinem Tod getragen hatte, waren DNA-Spuren des Mannes aus der Nachbarschaft festgestellt worden, am Schal, an ihrem Pullover, sagte die Richterin. DNA von H. auch an den Händen von Homa Z. – „laut Spuren versucht sie zur Tür zu flüchten, er folgt ihr, sticht wütend auf sie ein“. Danach habe er sich auf die Suche nach Tajala Z. gemacht. Ali H. habe verhindern wollen, dass sie ihn als Täter wiedererkennt.

Familie Z. war 2014 aus Afghanistan nach Deutschland geflohen. Ahmad Z., in der Heimat als Sozialarbeiter tätig, hatte sich mit der Drogenmafia angelegt und war mit dem Tod bedroht worden. Die Familie von Homa Z. sei in Afghanistan eher vermögend gewesen.

Ali H., der mit seiner Familie in der vierten Etage wohnte, war 2011 aus Afghanistan geflohen. Bei ihm sei es aus Furcht vor kriminellen Banden geschehen, die Geld von ihm gefordert und ihn überfallen hätten. Als Automechaniker arbeitete er auch in Berlin. In der Familie habe es Streit gegeben um Geld. H. sei Gewalt nicht fremd, er sei ein zwielichtiger Charakter. Zudem halte er sich für einen Frauenhelden.

Das Gericht geht davon aus, dass er sich von Homa Z., zu der er sich hingezogen fühlte, zunächst Geld leihen wollte. Als er nicht bekam, was er wollte, sei er wütend geworden. Die Richter schlossen sich mit dem Urteil dem Antrag des Staatsanwalts an. Die Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert und erklärt, es gebe kein Motiv für H. Das Tatbild wirke „wie ein Racheakt der Organisierten Kriminalität“. Die Anwälte kündigten Revision an – „der Falsche saß auf der Anklagebank“.

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