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Backstein-Knast. Die Justizvollzugsanstalt Tegel in Berlin von innen.

© David Heerde für den Tagesspiegel

Update

Schmuggel-Affäre in der JVA Tegel: Berliner Gefängnis-Mitarbeiterin und Ex-Häftling auf der Anklagebank

Eine 54-Jährige soll auf Geheiß ihres damaligen Geliebten Drogen, Arzneimittel und Handys in die JVA Tegel eingeschleust haben. Am ersten Verhandlungstag muss sie sich vor Gericht verantworten.

| Update:

Es funkte in der Haftanstalt, sie wurden nach seiner Entlassung ein Liebespaar, nun drücken die Mitarbeiterin der JVA Tegel und der ehemalige Häftling die Anklagebank. Grit A. soll sich auf Schmuggel-Touren für ihren damaligen Freund eingelassen haben. Handys, Drogen, Anabolika, Tätowiermaschinen habe sie auf sein Geheiß in die JVA Tegel gebracht. Aus Liebe. Gegen Geld.

Die 54 Jahre alte Frau und der 37-Jährige – ein Hüne von über zwei Metern – kamen zum ersten Prozesstag am Donnerstag vor dem Landgericht getrennt. Die blonde Frau mit schwarzem Schutz über Mund und Nase drehte dem Mann, mit dem sie laut Anklage „zumindest nach seiner Entlassung“ eine Beziehung unterhielt, im Gerichtssaal den Rücken zu.

Der 54-Jährigen wird Bestechlichkeit in zwei Fällen zur Last gelegt, Damian M. muss sich wegen Bestechung verantworten. Außerdem geht es um Drogenhandel und Verstöße gegen das Arzneimittel- und Antidopinggesetz.

Vorbei mit der Liebe und zeitweise auch mit ihrer Freiheit war es am 23. September vorigen Jahres. Grit A. fuhr am Morgen in die Werkstatt der Haftanstalt. Doch die Sicherheitsgruppe setzte zu einer Kontrolle an, nach einem Hinweis. Einer der Beamten sah einen Beutel unter einem Vordersitz. „Ampullen waren sichtbar“, so der JVA-Mitarbeiter im Prozess. Kurz darauf wurde Grit A. vorläufig festgenommen.

Sie ist nicht komplett unschuldig.

Anwältin der Angeklagten Grit A.

Es war laut Anklage die dritte Tour. Begonnen hätten die Justizvollzugssekretärin und der Ex-Gefangene im Juli. Diverse Mobiltelefone seien im Fahrzeug von Grit A. versteckt worden. Sie sei in die Werkstatt der JVA gefahren. „Dort wurden die Gegenstände durch unbekannte Dritte aus dem Auto entnommen und innerhalb der JVA Tegel verteilt.“ 350 Euro habe Grit A. von M. im Gegenzug erhalten.

Eine zweite Fahrt scheiterte am 20. Juli aus logistischen Gründen. Zwei Monate später schließlich die entdeckte Lieferung. Ein prall gefüllter Schmuggel-Warenkorb mit Dingen, die sich ein inhaftierter Dealer nur wünschen kann: 830 Gramm Cannabis, Subutex-Tabletten, Kokain-Kugeln, Tilidin, 13 Ampullen Testosteron, 23 Mobiltelefone nebst Zubehör, zwei Tätowiermaschinen und dazu 60 Nadeln sowie Farbe. Grit A. seien 1500 Euro versprochen worden.

Als sie mit einem entdeckten Beutel konfrontiert wurde, äußerte sich die Bedienstete spontan: „Ich weiß nicht, was das ist.“ Und sie vermisse auch seit geraumer Zeit den Zweitschlüssel für ihr Auto.

Aussage bei einer Haftprüfung

Etwa einen Monat später wurde auch Damian M. verhaftet. Der tapsig wirkende Riese ist vielfach vorbestraft – Betrug, Diebstahl, Fahren ohne Führerschein, wieder Betrug. Ab August 2018 saß er in der JVA Tegel. Mitte Juni wurde er entlassen. Zur Schmuggel-Affäre sagte er bereits im Januar bei einer Haftprüfung aus. Wie Grit A. kam er Anfang des Jahres frei.

„Im Kern sind die Vorwürfe zutreffend“, erklärte nun sein Verteidiger. Die Idee sei von ihm gewesen – „sie hat zugestimmt“. Grit A. sei „bei jeder Lieferung informiert gewesen“.

Im ersten Fall habe die Frau Pakete an seiner Wohnanschrift abgeholt, hieß es weiter in der Erklärung. Beim nächsten Versuch sei die Werkstatt bereits geschlossen gewesen. Auch Fall drei stimme – „die gescheiterte Lieferung wurde nachgeholt“. Ihre Beziehung habe im Mai vorigen Jahres begonnen – „als es zu sexuellen Kontakten kam, war er schon entlassen“.

Grit A. wurde damals sofort freigestellt. Ihre Anwältin kündigte eine Erklärung zu einem späteren Zeitpunkt an. Ein Teilgeständnis – „sie ist nicht komplett unschuldig“, so die Verteidigerin am Rande. Die Frau habe nicht genau gewusst, was eingepackt war, sie habe mit Handys gerechnet, nicht mit Drogen. Der Prozess geht am 8. Juni weiter. 

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