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Das neue Antisemitismuskonzept des Senats soll die Öffentlichkeit stärker als bisher für das Thema sensibilisieren.

© Monika Skolimowska/dpa

Antisemitismus: Berlin beschließt Landeskonzept gegen Judenhass

Als erstes Bundesland hat Berlin ein Landeskonzept zur Antisemitismus-Prävention verabschiedet. Es betrifft auch Bildungsbereich, Polizei und Justiz.

Von Sabine Beikler

Im Jahr 2017 registrierte die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (RIAS) 947 antisemitische Vorfälle. Und allein im ersten Halbjahr 2018 waren es 527 Vorfälle. Nicht nur RIAS, sondern auch Sigmount Königsberg, der Antisemitismusbeauftragte der Jüdischen Gemeinde Berlin, warnt vor einer Zunahme des Judenhasses und latentem Antisemitismus in Deutschland.

Mit einem Landeskonzept zur Weiterentwicklung der Antisemitismus-Prävention will Berlin noch stärker gegen Antisemitismus vorgehen. In den nächsten Wochen soll ein Antisemitismus-Beauftragter seine Arbeit aufnehmen.

Als erstes Bundesland hat der Berliner Senat am Dienstag ein Landeskonzept verabschiedet. Dirk Behrendt, Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, erinnerte an antisemitische Angriffe auf Kippaträger in Berlin. „Wir haben eine viel zu hohe Zahl von An- und Übergriffen auf jüdische Menschen“, sagte Behrendt bei der Vorstellung des Konzeptes, das Ziele und Maßnahmen zur Prävention von Antisemitismus benennt.

Sensibilisierung für Antisemitismus an Schulen

Im Bildungsbereich zum Beispiel soll das Thema Antisemitismus, bei dem es sich laut Konzept „nicht einfach um ein Vorurteil, sondern auch um eine tradierte und im Individuum verfestigte Welterklärung“ handelt, bei Fortbildungen für Lehrkräfte und in der Erwachsenenbildung eine stärkere Bedeutung erhalten. Auch in der frühkindlichen Bildung sollen die Pädagogen auf das Thema eingehen und die Kinder für Toleranz und Gleichberechtigung sensibilisieren. Kitas können sich bei „Konsultationskitas“ beraten lassen. Ab 2020 will der Senat ein Beratungsteam etablieren, das Einrichtungen direkt berät.

Experten attestierten in der Ende Januar vorgestellten Bestandsaufnahme zu „Antisemitismus in der Schule“ dem Land Berlin, dass das Erhebungs- und Meldesystem der Schulen vorbildlich sei. 2017 wurden demnach 19 Fälle von Antisemitismus an Schulen erfasst. In Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und im Saarland beispielsweise fehlt ein spezielles Meldewesen für antisemitische Vorfälle in Schulen völlig. Und aus Brandenburg erfuhren die Experten, dass dort keine antisemitischen Vorfälle an Schulen bekannt seien.

Fortbildungsmaßnahmen für Mitarbeiter in Justiz und Polizei

Das Landeskonzept zur Antisemitismus-Prävention ist als Querschnittsaufgabe angelegt und umfasst auch die Justiz und die Polizei. Der Antisemitismusbeauftragte der Generalstaatsanwaltschaft initiiert und koordiniert Fortbildungsmaßnahmen für die Berliner Strafverfolgungsbehörden, um Mitarbeiter auch im Umgang mit Opfern antisemitischer Über- oder Angriffe zu sensibilisieren.

Für Polizeibeamte sollen spezielle Fortbildungen angeboten werden. Die Bekämpfung von Antisemitismus und antisemitischen Strukturen im Internet und in sozialen Netzwerken soll gestärkt werden. Internetauswerter im Landeskriminalamt sollen laut Landeskonzept speziell zum Thema Antisemitismus Recherchen durchführen, die für die normalen Sachbearbeiter nicht zu schaffen sind.

Behrendt sagte, dass die in seiner Verwaltung angesiedelte „Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung“ mit allen Verwaltungen zusammengearbeitet habe. Im Dezember hatte der Arbeitskreis gegen Antidiskriminierung dem Senat Handlungsempfehlungen vorgelegt, die ins Konzept eingeflossen sind.

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