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Julia Nawalnaja vor der russischen Botschaft in Berlin.

© REUTERS/ANNEGRET HILSE

Update

Anti-Putin-Protest in Berlin: Julia Nawalnaja hat gewählt und „Nawalny“ auf Stimmzettel geschrieben

Die Witwe des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny will das Werk ihres Mannes fortsetzen. In Berlin stellte sie sich am Nachmittag überraschend in eine Warteschlange vor der Botschaft.

| Update:

Die Witwe des Kremlkritikers Alexej Nawalny, Julia Nawalnaja, hat bei der russischen Präsidentschaftswahl nach eigenen Angaben den Namen ihres gestorbenen Mannes auf den Stimmzettel geschrieben. Das sagte sie am Sonntag in Berlin, nachdem sie dort in der russischen Botschaft an der Wahl teilgenommen hatte. „Natürlich habe ich Nawalny geschrieben. Es kann nicht sein, dass einen Monat vor den Wahlen der wichtigste Gegner Putins, der sich ohnehin im Gefängnis befand, umgebracht wurde.“

Nawalnaja hatte sich überraschend in die Warteschlange vor der Botschaft eingereiht und dann am frühen Abend das Gelände betreten. Kurz darauf verließ sie es wieder.

Die Witwe des Kremlkritikers hatte zu einer Protestaktion am letzten Wahltag aufgerufen, bei der Gegner von Staatschef Wladimir Putin in Massen zu den Wahllokalen strömen sollten. Die Teilnehmer der Protestaktion „Mittags gegen Putin“ sollten für einen der Gegenkandidaten stimmen oder den Wahlzettel mit dem Schriftzug „Nawalny“ ungültig machen.

So auch zum Beispiel Ekaterina Olenina. Die 25-Jährige, die vor rund dreieinhalb Jahren aus Russland nach Deutschland gezogen ist, will Putin nicht wählen. „Das Einzige, womit wir uns hier bewaffnen können, ist mit einem Kugelschreiber, mit dem wir auf einen Wahlzettel schreiben, den vermutlich niemand lesen wird“, sagte sie.

Julia Nawalnaja bedankte sich bei den Menschen in Berlin. „Sie haben ,Nawalny’ gerufen und sich bei mir bedankt. Aber sie sind es, bei denen ich mich bedanke“, sagte sie zu Journalisten.

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Nawalnys Team hatte zuvor Aufnahmen auf Telegram veröffentlicht, die Nawalnaja in Begleitung von Sprecherin Kira Jarmysch inmitten einer Menschenmenge zeigen. Auf der Plattform X ist auf Videos zu sehen, wie Demonstranten ihr mit „Julia, Julia!“-Rufen zujubeln.

An der Aktion vor der russischen Botschaft in Berlin nahmen Hunderte Menschen teil. Vielen von ihnen schwenkten Fahnen in Weiß-Blau-Weiß, was die neuen Farben eines freien Russlands sein sollen, wie Teilnehmerinnen und Teilnehmer sagten. Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmer nach Angaben einer Sprecherin auf rund 800.

Von der russischen Botschaft aus setzte sich um 13.30 Uhr ein Protestmarsch quer durch Mitte in Bewegung. Über die Friedrichstraße, Behrenstraße, Dorotheenstraße und Wilhelmstraße wollen die Demonstranten wieder zum Ausgangsort Unter den Linden gelangen. 

Direkt nebenan standen nach Angaben der Polizei rund 2000 Menschen in einer Schlange vor der russischen Botschaft, um wählen zu gehen. Auch Nawalnaja und der im Exil in Großbritannien lebende Unternehmer und Kremlkritiker Michail Chodorkowski reihten sich ein, wie auf Videos auf der Plattform X zu sehen war. Eine Wählerin stand gegen Mittag schon zwei Stunden an.

Julia Nawalnaja vor der russischen Botschaft in Berlin.
Julia Nawalnaja vor der russischen Botschaft in Berlin.

© REUTERS/ANNEGRET HILSE

Die Demonstrantinnen und Demonstranten riefen „Sieg für die Ukraine! Freiheit für Russland!“, „Nawalny ist ein Held Russlands“ und „Putin ist illegitim“. Auf dem Platz vor der Botschaft war am Nachmittag eine Figur des russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgebaut, die in einer Wanne in ukrainischen Nationalfarben saß und sich mit Blut wäscht. Jemand hatte dort als Protestaktion Schredder für vermeintliche Wahlzettel aufgebaut – erläutert mit den Worten „Probieren Sie russische Demokratie aus“. 

Auch lange Schlangen in Bonn

Ein weiteres Wahllokal gibt es hierzulande noch im russischen Generalkonsulat in Bonn. Auch dort gaben zahlreiche Russinnen und Russen ihre Stimme ab. Die Polizei schätzte die Anzahl der Wartenden in einer mehrere Hundert Meter langen Schlange am frühen Nachmittag auf rund 1000.

In der Nähe des Generalkonsulats begannen am Sonntagmittag zwei Demonstrationen als Standkundgebungen. An einer Demo unter dem Motto „Mittags gegen Putin“ nahmen laut Polizei rund 150 Menschen teil. Bei einer prorussischen Kundgebung zählte die Polizei 15 bis 20 Teilnehmer.

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Die Präsidentenwahl ist von Betrugs- und Manipulationsvorwürfen überschattet. Einen Monat nach dem Tod Alexej Nawalnys und mehr als zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine will sich Kremlchef Putin seine fünfte Amtszeit sichern.

Kremlgegner rufen dazu auf, das Ergebnis der Präsidentenwahl nicht anzuerkennen, weil demokratische Standards nicht eingehalten würden.

Ernstzunehmende russische Oppositionelle sind entweder nicht zur Abstimmung zugelassen, ins Ausland geflohen oder sitzen im Straflager. Echte Gegenkandidaten hat Putin bei der Wahl deshalb nicht. (AFP, dpa, epd)

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