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Das Rollbergviertel in Neukölln.

© Tagesspiegel/Thilo Rückeis

Neuköllner Brennpunktviertel Rollbergkiez: Berliner Bildungsverein Morus 14 kämpft ums Überleben

Im Rollbergviertel verschärft sich die soziale Lage. Gleichzeitig fehlt dem Verein, der für die Nachbarschaft und gegen Vorurteile ankämpft, das Geld für Projekte.

Das Rollbergviertel im Herzen Neuköllns ist eine jener Großsiedlungen, die vor allem für geringe Mieten und große Probleme bekannt sind. In den Blöcken aus den 1960er- und 70er-Jahren leben überwiegend Menschen mit Migrationsgeschichte, ein Großteil lebt laut offiziellen Statistiken unter der Armutsgrenze. Wenn man über den Kiez in der Zeitung liest, dann geht es meist um Themen wie Drogenkonsum, Jugendkriminalität oder gewalttätige Übergriffe.

Dabei hat sich das Viertel in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt: In der ehemaligen Kindl-Brauerei hat sich eine stadtweit bekannte Galerie und Kleinstbrauerei angesiedelt, mit dem SchwuZ befindet sich direkt daneben auch der prominenteste Berliner Schwulenclub.

388
Kinder und Jugendliche hat der Verein im vergangenen Jahr erreicht

Dass die Siedlung mittlerweile weniger negative Schlagzeilen macht, liegt auch an Vereinen wie Morus 14. Seit fast 20 Jahren setzt sich der Verein für die Kinder und Jugendlichen im Kiez ein. Im laufenden Jahr erreichten die verschiedenen Bildungsprojekte des Vereins nach eigenen Angaben insgesamt 388 Kinder und Jugendliche.

Verschiedene soziale Akteur:innen im Kiez sind sich einig: Nach zwei Jahren Pandemie und inmitten einer Zeit, die von Ukraine-Krieg, steigenden Preisen und Inflation geprägt ist, nehmen die Probleme im Bezirk eher zu als ab.

Ausgerechnet jetzt ist unklar, wie es mit Morus 14 im kommenden Jahr weitergeht: Denn für die nötige Finanzierung habe der Verein erst einen Bruchteil an Mitteln akquirieren können, erzählt Geschäftsführerin Susanne Weiß. Sie sagt: „Ich will nicht überdramatisieren, das Viertel hat ja auch schon andere Zeiten gesehen.“ Aber zuletzt habe etwa die Kriminalität deutlich zugenommen.

In den Schulen kämpften Lehrkräfte damit, überhaupt so etwas wie normalen Unterricht zu ermöglichen. Viele Kinder und Jugendliche seien offensichtlich massiv psychisch belastet, ignorierten Regeln und Grenzen. Kleinste Meinungsverschiedenheiten eskalierten derart, dass regelmäßig die Polizei in die Schulen kommen müsse, beschreibt Weiß.

Dass der Kiez von den Medien nicht mehr öffentlich in den Dreck gezogen wird.

Gilles Duhem, Gründer von Morus 14, über das Ziel des Vereins

Susanne Weiß sagt: „Die Schülerinnen und Schüler, die zu uns kommen, sind die, bei denen die Eltern schon ein gewisses Grundverständnis dafür mitbringen, wie wichtig Bildung ist.“ Doch selbst bei diesen Kindern und Jugendlichen seien die Unterschiede spürbar.

Für das kommende Jahr gebe es bislang kaum Projektfinanzierungen, sagt Weiß. Das liege auch daran, dass aktuell andere Krisen – etwa der Ukraine-Krieg – dominierten. „Da passen wir mit unseren Projekten nicht so richtig rein“, sagt Weiß. Gleichzeitig sei auch das Spendenaufkommen drastisch eingebrochen. „Das liegt vermutlich an den gleichen Gründen“, sagt Weiß.

Der Verein müsse nach aktuellem Stand im kommenden Jahr mit rund 40 Prozent weniger Einnahmen agieren. Das bedeutet, dass Morus 14 zum Beginn des neuen Jahres das Angebot deutlich reduzieren muss. Sollte sich die Situation nicht ändern, sagt Weiß, sei die Existenz des Vereins gefährdet.

Morus 14 wurde 2003 von Gilles Duhem gegründet. Damals noch Quartiersmanager, wollte Duhem vor allem eines: „Dass der Kiez von den Medien nicht mehr öffentlich in den Dreck gezogen wird.“ Die Idee war offenbar erfolgreich: Aktuell organisiert der Verein Projekte wie das Netzwerk Schülerhilfe, bei dem ehrenamtliche Mentor:innen Kinder aus dem Kiez von der ersten Klasse bis zur Berufsausbildung begleiten.

Das Patenschaftsprojekt Shalom Rollberg bringt jüdische Menschen mit meist arabischstämmigen Kindern zusammen, um gegenseitige Vorurteile abzubauen. Zudem bietet der Verein auch Kurse an, die Jugendliche auf den Schulabschluss vorbereiten.

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