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Die angeschuldigten Testzentrum-Betreiber  sollen deutlich mehr Testungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) abgerechnet haben, als sie tatsächlich durchgeführt hatten.

© dpa

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Geschwister sollen Millionen erschwindelt haben: Angeklagter weist Betrugsvorwurf um Berliner Corona-Testzentren zurück

Wegen des Vorwurfs des gewerbsmäßigen Betrugs stehen zwei Geschwister vor Gericht. Die beiden sollen mehr Tests abgerechnet haben, als sie durchgeführt haben.

Ein ehemaliger Betreiber von Corona-Testzentren in Berlin hat im Prozess wegen Betrugs in Millionenhöhe die Vorwürfe zurückgewiesen. Der Verteidiger des 46-Jährigen, dem die Staatsanwaltschaft 18 Testzentren zurechnet, erklärte am Montag vor dem Berliner Landgericht, sein Mandant habe anfangs zwei und später lediglich ein Testzentrum betrieben.

Die Behauptung, er habe zur Verschleierung seiner Verantwortung andere Personen gegenüber Behörden als Betreiber genannt, werde mit Nachdruck bestritten. Die mitangeklagte Schwester (44) des 46-Jährigen schwieg zunächst.

Die Angeklagten sollen zwischen Mai 2021 und Februar 2022 bei der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin Corona-Tests abgerechnet haben, die gar nicht oder nicht in der angegebenen Anzahl erbracht worden seien. Der Mann soll laut Anklage rund 9,7 Millionen Euro erschwindelt haben, die Frau etwa 2,5 Millionen Euro. Mehr als 6,6 Millionen Euro habe der 46-Jährige auf ein Konto in die Türkei weitergeleitet, heißt es in der Anklage.

Für den Hauptangeklagten sagte sein Verteidiger Thomas Baumeyer am Rande, sein Mandant habe „keinen Betrug begangen und kein Geld rechtswidrig erlangt“. Dem Staat sei im Zusammenhang mit Corona-Testzentren ein „ganz erhebliches Versagen“ vorzuwerfen. Es seien Kontrollen nicht ausgeübt worden.

Angeklagt sind 67 mutmaßliche Taten

Dem 46-jährigen Geschäftsmann, der in Berlin zahlreiche Spätkäufe und weitere Gewerbe betrieben haben soll, wird Betrug im besonders schweren Fall zur Last gelegt. Angeklagt sind 67 mutmaßliche Taten. Die Schwester muss sich wegen Beihilfe verantworten.

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Die Anklage wirft dem 46-Jährigen vor, er habe „zur Verschleierung seiner faktisch bestehenden operativen Verantwortlichkeit“ auch seine Schwester und zwei gesondert verfolgte Komplizen gegenüber den behördlichen Stellen als Betreiber genannt. Die Schwester habe die Taten des 46-Jährigen befördert, indem sie unter anderem die Verwendung ihrer Personalien für die Registrierung und Abrechnung von Testzentren gestattet habe.

Die beiden Geschwister waren Ende März 2022 bei Durchsuchungen von Wohnungen und Teststationen in Berlin festgenommen worden. Der Geschäftsmann sitzt seitdem in Untersuchungshaft, seine Schwester seit Juni nicht mehr. Für den Prozess sind zunächst 13 weitere Prozesstermine bis zum 24. Oktober geplant.

Unternehmer in Bochum zu sechs Jahren Haft verurteilt

Vergleichbare Fälle beschäftigen auch die Justiz in anderen Bundesländern, etwa in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. In Bochum war ein Unternehmer im Juni zu sechs Jahren Haft verurteilt worden, der gestanden hatte, deutlich mehr sogenannte Bürgertests abgerechnet zu haben, als tatsächlich durchgeführt worden waren.

Die dadurch dem Bund entstandene Schadenssumme bezifferte das Gericht auf rund 24,5 Millionen Euro. Im Mai hatte das Amtsgericht Freiburg einen jungen Mann zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er rund 5,7 Millionen Euro für ein nie betriebenes Testzentrum kassiert hatte.

Allein in Berlin gab es nach Angaben der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit zu Spitzenzeiten (8. Juni 2021) 1656 gewerbliche Teststellen in Berlin. Diese wurden laut Senat nur „sporadisch“ kontrolliert. Nachdem sich Verdachtsfälle zu Abrechnungsbetrügereien bundesweit gehäuft hatten, war die Testverordnung mehrfach angepasst worden. Es folgten Stichprobenprüfungen und strengere Vorgaben dazu, welche Angaben plausibel sind. (dpa)

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