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Die Schüler sollen sich Feedback gewünscht haben, aber so?

© Ottmar Winter/PNN

An Kreuzberger Grundschule: Lehrerin lässt schlechte Schüler ausbuhen

Schlechte Schüler mussten eine schwarze Krone aufsetzen, dann buhte sie die Klasse aus. Ein „Missverständnis“, sagt die Schulleitung und stoppte die Praxis.

Es ist ein Vorfall, der schon Wochen zurückliegt, doch erst jetzt ans Licht kommt. In der dritten Unterrichtswoche des neuen Schuljahrs, der letzten Augustwoche, ruft eine Lehrerin nacheinander die besten Schülerinnen und Schüler einer dritten Klasse an der Kreuzberger Adolf-Glaßbrenner-Grundschule vor die Klasse. Sie bekommen eine Krone aufgesetzt, dann fordert die Lehrerin die Mitschüler auf, zu applaudieren.

Danach sollen die Kinder vortreten, die schlechte Leistungen erbracht haben. Darunter ist auch ein jüdisches Kind. Sie bekommen eine schwarze Krone aufgesetzt, dann weist die Lehrerin die Klasse an, die Kinder auszubuhen.

Der Tagesspiegel erfährt von dem Fall indirekt von Eltern. Nach der Unterrichtsstunde sollen sie es gewesen sein, die sich schockiert und verärgert an die Schulleitung gewandt habe. Die will sich auf Anfrage jedoch nicht dazu äußern.

Es handle sich um „ein Missverständnis“, sagt Konrektor Rüdiger Röfke nur am Telefon. Das Thema sei inzwischen mit Schülern, Eltern und der Lehrkraft geklärt worden. Beim kommenden Elternvertreter-Abend werde man darüber nochmal sprechen, Konflikte erwarte er aber keine. Inhaltlich sagt Röfke zu den Vorfällen kein Wort.

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Die Bildungsverwaltung kennt den Fall. „Fragwürdige Pädagogik“, nennt Martin Klesmann, Sprecher der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, die Kronen-Methode. Mit der Schulaufsicht sei man allerdings nicht aktiv geworden. „Es handelt sich um einen einmaligen Vorgang.“ Da die Schulleitung unmittelbar eingegriffen und die Praxis unterbunden habe, hätte man nicht aktiv werden müssen. „Das entspricht dem Berliner Konzept der eigenverantwortlichen Schulen.“

Schüler hätten sich Feedback gewünscht

Auch als antisemitischen Fall stuft die Bildungsverwaltung den Vorgang nicht ein, da nicht nur das jüdische Kind die schwarze Krone aufgesetzt bekommen habe. Klesmann nennt aber weitere Hintergründe zu dem Fall. Es habe sich bei der Lehrerin um eine „frische Lehrkraft“ gehandelt. Sie habe gemeinsam mit ihren Schülern ein „Feedback-Konzept“ erarbeitet. Dies hätten sich die Kinder selbst gewünscht, da es in ihrer dritten Klasse noch keine Noten gibt.

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Tatsächlich lässt dies das Berliner Schulgesetz explizit zu. Während es in der ersten und zweiten Jahrgangsstufe grundsätzlich keine Benotung gibt, hängt es in der dritten und vierten Klasse vom Votum der Elternschaft ab. Je nachdem, was die Mehrheit der „stimmberechtigten Erziehungsberechtigten“ beschließt, gibt es Noten oder eben nicht.

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„In unserer Wahrnehmung ist es an den Berliner Grundschulen verbreiteter, dass eine Benotung mit Ziffern eingeführt wird“, sagt Norman Heise, Vorsitzender des Landeselternausschuss. Er appelliert an alle Eltern, sich vor dem dritten Schuljahr alle Vor- und Nachteile der verschiedenen Benotungssysteme zu vergegenwärtigen.

Mit Blick auf den Vorfall an der Adolf-Glaßbrenner-Grundschule plädiert Heise aber nicht zwingend zu einer schriftlichen Benotung. „Es gibt zahlreiche erprobte und erfolgreiche Feedback-Möglichkeiten, die ohne Ziffern auskommen“, sagt er. Er hoffe, dass die Kronen-Methode eine Ausnahme bleibe.

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