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Hübsch zocken. Bei den Abenden von „Royal-Events“ kleiden sich viele Teilnehmer im Stil der 20er und 30er Jahre. Diesmal lautet das Motto „Chicagoer Untergrund“. Foto: Heerde

© David Heerde

Berlin: Alles nur gespielt

Eine Blondine mit Charleston-Stirnband setzt alles auf die 17. Klack, die Kugel rollt, rien ne va plus.

Eine Blondine mit Charleston-Stirnband setzt alles auf die 17. Klack, die Kugel rollt, rien ne va plus. Croupier Eliana zieht die Jetons ein. Alles verloren.

Macht nichts, denn hier wird nur zum Spaß gespielt. Für die Veranstaltungen von „Royal Events“ brauchen die Teilnehmer kein Startgeld, niemandem droht der finanzielle Ruin, und auch die Gewinne sind eher überschaubar: Der beste Spieler des Abends bekommt eine Flasche Champagner, der Zweitplatzierte eine Flasche Sekt. Für Platz drei gibt es immerhin Hansapils.

Ausgedacht haben sich das Dirk Bansemir, 33, und Marco Schiementz, 36. Die beiden Berliner betreiben eine Agentur für Casinoveranstaltungen, die öffentliche Barabende, aber auch Betriebsfeiern ausrichtet – eine mobile Spielbank. Nachdem sie zuletzt viele Roulette-Abende hatten, laden sie an diesem Sonnabend zum Pokerturnier in die „Lurette“ in Friedrichshain. Das habe aber nichts mit den Ereignissen im Hyatt zu tun, sagen sie. Die Turnieridee hatten sie schon länger.

Dirk Bansemir, Brille und Streifenhemd, ist ein sehr sortierter Typ und so gar keine Spielernatur. Aber sein Job ist das Glücksspiel – oder vielmehr die Illusion dessen. Für eine ihrer letzten Veranstaltungen hatten sie eine Lounge in ein wahres Al-Capone-Domizil verwandelt. Im Hintergrund lief der Vorspann des Bond-Films „Casino Royal“, und riesige orangefarbene Lampenschirme rankten über den Blackjack- und Roulettetischen und sorgten für eine schummrige Atmosphäre. Frauen jubelten und nuckelten an ihren Zigarettenspitzen, während die Männer beim Poker konzentrierte Gesichter machen. „Ich würde sonst nie ins Casino gehen, aber als Event mit Kollegen ist es super,“ sagte ein Mitspieler.

Um die 150 Veranstaltungen richten die diplomierten Betriebswirte Bansemir und Schiementz jährlich aus. Die beiden Partner haben sich als Studenten beim Pauken für Unternehmenstheorie kennengelernt. 2002 gründeten sie Royal-Events. „Dabei sind wir als Hinterzimmerevent gestartet“, sagt Bansemir. Der erste Casinoabend fand mit nur zehn Freunden in einem kleinen Café in Johannisthal statt. Den Spieltisch hatten sich Bansemir und seine Freunde innerhalb von 48 Stunden selbst gezimmert, Roulettekessel und Chipkoffer wurden gebraucht gekauft. „Der Spielkoffer gehörte jemanden, der damit illegal durch die Dörfer gezogen ist“, erinnert sich Bansemir. Bereits für sein nächstes Casinoevent zog er mit seinem Croupierwerkzeug in eine Turnhalle um, weil sich so viele Gäste angekündigt hatten. Heute sind die beiden Berliner bundesweit unterwegs, auch in der Schweiz und Österreich.

Royal-Events bietet verschiedene Themenabende an: „Las Vegas“ zum Beispiel oder „Casino Royal“, alles aus dem Repertoire der zwanziger und dreißiger Jahre, den Goldgräberzeiten des illegalen Glücksspiels. Die Zocker-Zigarren- Swing-Club-Atmosphäre, die Bansemir mit seinen Veranstaltungen kreiert, weckt bei den Teilnehmern schnell den Spieltrieb. Am heutigen Sonnabend will er mit seinem Kollegen Schiementz in die Chicagoer Unterwelt eintauchen – nur eben in Friedrichshain und natürlich ganz harmlos. Und wer beim Pokern kein Glück hat, kann sich nebenan am Kickertisch versuchen. Silke Weber

Das Turnier beginnt um 21 Uhr in der Cocktailbar Lurette, Boxhagener Straße 105, in Friedrichshain. Registrierung ab 20 Uhr. Infos unter www.royal-events.de.

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