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Claudius Schulze, Sprecher der Initiative "Spree:publik" auf seinem Atelierboot "Eroberung des Unwahrscheinlichen"

© Corinna von Bodisco

Aktionstage Gemeinsame Sache: Berliner Initiative sammelt Visionen für „Kulturhafen“ auf der Spree

Aufs Wasser gebaut: Bei den Freiwilligentagen sammelt die Initiative „Spree:publik“ bei einer Bootsfahrt Visionen für einen freien Hafen für Kunst und Kultur.

Am Bartholomäus-Ufer an der Nordseite der Berliner Halbinsel Stralau liegen Boote mit abenteuerlichen Namen: „Panther Ray“, „Langstrumpf“ oder „Wackelberry“. Sie sehen aus wie ein wildes Allerlei aus Holz, alten Türen und Fenstern, auf dem Dach Solaranlagen, sogar Pflanzen und Blumen wachsen Richtung Himmel.

Laut der Initiative „Spree:publik“, dem Zusammenschluss der Berliner Kunst- und Kulturflöße, sind es aber nicht einfach nur Boote, sondern Freiräume, Bühnen und Orte der Begegnung. Seit Längerem hat „Spree:publik“ die Idee eines freien Hafens für Kunst und Kultur.

Wo trifft man sich für ein Gespräch über den geplanten Kulturhafen? Natürlich auf dem Wasser. Claudius Schulze, Sprecher von „Spree:publik“, fährt mit einem kleinen Motorboot ans Promenadenufer. Mit seinem grobgestrickten Wollpulli und dem vollen Bart erinnert Schulze ein wenig an einen Seemann. Er steuert das Boot in Richtung der „Eroberung des Unwahrscheinlichen“, so heißt sein selbst gebautes Atelierboot.

Es ankert am Rummelsburger Ufer, zwischen dem 22-Stunden-Anleger nahe des Charlotte-Salomon-Hains und der Liebesinsel. Für den Namen ließ er sich vom Philosophen Peter Sloterdijk inspirieren. Schulze ist nicht nur Seemann, sondern auch Fotograf.

Auf der Terrasse des Atelierboots stehen viele Pflanzentöpfe, es ist ein richtiger Garten mit Kräutern, auch einen Apfel- und einen Feigenbaum gibt es. Eine Diskokugel reflektiert das Licht, Lampions und Sonnensegel wehen im Wind.

Ein Hafen mit Projekten und Werkstätten

Wenn man Schulze nach dem Kulturhafen fragt, holt er aus: Die Idee von einem „Ort des Austausches für alle Berliner:innen am und mit dem Wasser“ gebe es bereits seit etwa zehn Jahren. Der Hafen sei neben der Umwelt- und Vernetzungsarbeit eines der drei Standbeine von „Spree:publik“, sagt er. Die Kunst- und Kultur-Flöße könnten im Hafen niedrigschwellige Projekte und Werkstätten für Bildung und Forschung anbieten.

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Solche schwimmenden Projekte gibt es heute schon: So wolle „Leben Lernen e.V.“ mit der „Spree:publik" eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung einrichten; im Sommer entstand aus der Partnerschaft mit einer Kita im Prenzlauer Berg der Kitafilm „Die Retter der Spree“. Darin jagen die Kinder einen Müllbösewicht. Die Spree ist allerdings nicht nur im Film vermüllt. Bei Aufräumaktionen fischt die Initiative regelmäßig Berge von Schrott wie E-Roller, Möbel oder Einkaufswagen aus dem Wasser.

Während des Gesprächs strandet ein Partyboot in unmittelbarer Nähe des Atelierbootes. „Die kennen sich nicht aus, das Wasser ist da nur einen halben Meter tief", weiß Schulze. „Eins der unangenehmen Partyflöße“, nennt er das Boot, die Leute seien „sternhagelblau“. Mit solchen Booten will „Spree:publik“ nicht in einen Topf geworfen werden. Das Floß kommt wieder frei und tuckert weiter.

Anwohner:innen nicht außen vor lassen

Egal wo der Kulturhafen entstünde, „die wichtigsten Personengruppen sind die Anwohner:innen, Kinder- und Jugendliche und Menschen, die aus Gründen mehr Barrieren erfahren als andere“, betont Schulze. Es sei „Spree:publik“ sehr wichtig, die Anwohner:innen in den Prozess miteinzubeziehen.

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In der jetzigen Phase möchte „Spree:publik“ Visionen zum Kulturhafen sammeln und hat deswegen auch eine Aktion bei den Berliner Freiwilligentagen angemeldet. Die Initiative lädt ein zu einer Bootsfahrt (14. September, 18.30 bis 20.30 Uhr, mehr Infos hier) entlang möglicher Standorte für den Hafen. Interessierte können dabei ihre Ideen für das Hafenprojekt teilen. Treffpunkt ist am Bartholomäus-Ufer hinter der Thalia Grundschule.

Dieser Treffpunkt sei gleichzeitig der erste mögliche Standort für den freien Hafen. „Ich finde, das hat großes Potential für die Anwohner:innen“, sagt Schulze. Auf Stralau gebe es kein Jugendzentrum und keinen öffentlichen Ort, wo sich Menschen treffen können. Natürlich müsse man sich vorab auf ein paar Sachen einigen, „zum Beispiel keine Veranstaltungen mit Lärmemissionen oder großem Publikumsverkehr im Wohngebiet“, sagt er.

Ein weiterer möglicher Standort für den Kulturhafen sei die Kaianlage beim Kraftwerk Klingenberg in Rummelsburg. „Wir sind aber nicht die Einzigen, die sich für diese Kaianlagen interessieren“, sagt Schulze. Trotzdem ist er zuversichtlich, dass es den Kulturhafen „in zwei oder drei Jahren“ geben wird. Schließlich muss man sich vorwagen, um das Unwahrscheinliche zu erobern.

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