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Aufgepasst. Adventskränze vertrocknen nach einer gewissen Zeit.

© Kitty Kleist-Heinrich

Richtiges Timing in der Vorweihnachtszeit: Advent, Advent, ein Lichtlein brennt

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten Situationen so umgeht, dass es am Ende keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

Dass es schon seit September Weihnachtsgebäck in den Supermärkten gibt, regt anscheinend niemanden mehr auf. Neuerdings werden aber auch Adventskränze schon Anfang November angeboten. Das ist doch pietätlos und macht überhaupt keinen Sinn. Kann man da nichts gegen machen? (Angelika, vorweihnachtlich)

Warum sollte man? Das ist doch allein eine Sache von Angebot und Nachfrage. Wenn die Kränze nicht gekauft würden, lägen sie nicht in den Regalen. Darüber muss man sich auch gar nicht ärgern. Der Adventskranz stellt ja eine vergleichsweise junge Tradition in den Weihnachtsbräuchen dar. Im 19. Jahrhundert erst hat ihn der evangelische Theologe Johann Hinrich Wichern erfunden, um Straßenkindern die Wartezeit bis Weihnachten schöner zu machen. Die Supermärkte haben die Adventszeit auf eigene Faust ein bisschen vorverlegt und so verlängert. Tatsächlich ist es aber, von allem anderen abgesehen, aus ganz praktischen Gründen viel besser, sie erst an diesem Sonntag einzuläuten. Sie wissen ja sicher, wie trocken die Kränze innerhalb von vier Wochen werden. Vom ersten Advent bis Weihnachten halten sie gerade mal so. Wer sie jetzt schon länger stehen hat, wird in der Zeit unmittelbar vor dem Fest wahrscheinlich keine Freude mehr daran haben. Gerade in diesem Jahr fällt die Vorweihnachtszeit aufgrund all der Coronaeinschränkungen vermutlich weniger hektisch aus.

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Es ist also genug Muße da, sich eigene Traditionen auszudenken, die das Warten symbolisieren. Man könnte rund um den Kranz an jedem Sonntag ein Figurenensemble aufstellen, das schon in die Richtung auf Weihnachten weist Und wenn man sich die inzwischen als „Herbstgebäck“ deklarierten Lebkuchen schon lange vor Heiligabend leid gegessen hat, kann man sich andere Süßigkeiten auswählen, die man wirklich nur an den Weihnachtstagen isst. So kann man einem Massenphänomen leicht mit etwas Kreativität entgegenwirken.

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