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Basketballerinnen vom Team Deutschland (in rot) treten gegen das Team aus Tunesien (in weiß) an.

© picture alliance/dpa

3x3-Basketball begeistert bei den World Games: Verdammt viel Bock

Plätschern tut nur der Brunnen. Die vielen Zuschauer mitten in der Stadt bekommen spannende Duelle geboten. Hier könnte das Nachhaltigkeitskonzept von Special Olympics aufgehen.

Von Max Fluder

Am Neptunbrunnen ist Reizüberflutung angesagt: Überall sind Stimmen, ist Musik. Basketball wird hier gespielt, in einem schwindelerregenden Tempo und in einer etwas anderen Form, als es der durchschnittliche NBA- oder Bundesliga-Fan gewöhnt sein dürfte. Die gröbsten Änderungen: Jeweils drei Basketballerinnen und Basketballer bilden ein Team – und spielen auf einen gemeinsamen Korb. Die Action, sie ist beim 3x3-Basketball bei den Weltspielen von Special Olympics konzentriert auf die Fläche eines Schrebergartens.

Die Weltspiele in die Stadt holen, in die Mitte von Berlin. Und mit ihnen die Athletinnen und Athleten. Das war, nein, das ist das Ziel des Organisationsteams. Sichtbarkeit und Anteilnahme, Werbung – im besten Sinne des Wortes – für Sport von Menschen mit Lernbeeinträchtigung ist Teil des „Nachhaltigkeitskonzepts“. Die Veranstaltungen sollen – etwas frech formuliert – Bock machen auf mehr inklusiven Sport. Verdammt viel Bock.

Die acht Veranstaltungsorte der Weltspiele

© Suse Grützmacher/Tsp

Wie sehr das funktioniert, wenn eine Vielzahl der Sportarten in Messehallen mit überaus schlechter Luft aufgeführt wird, sei mal dahingestellt. Wo die Idee allerdings aufgeht, ist unter einer großen weißen Plane in Berlin-Mitte. Hinter den Tribünen plätschert der Neptunbrunnen. Die Sitzreihen sind so voll, dass Volunteers einige Interessierte sogar abweisen müssen.

Hinterm Korb wiederum türmt sich das Rote Rathaus, Amtssitz von Berlins Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Die Gäste vor seiner Türe dürften dem Politiker gefallen, sagte er noch vor wenigen Tagen zur Eröffnung der Weltspiele: „Ganz Berlin freut sich auf die Spiele, aber ganz Berlin freut sich vor allem auf die Sportlerinnen und Sportler, die in den nächsten Tagen über sich hinauswachsen werden.“

Es wird durchgewischt

3x3-Basketball ist designt, dass es schnellgeht. Der Sport ist das erste Mal bei den Spielen dabei. Ein Team besteht aus nur fünf Mitgliedern, bei denen man in den seltensten Fällen merkt, dass sie während eines Matches durchtauschen. Am Dienstagabend spielen die gemischtgeschlechtlichen Unified-Teams im Divisioning, dem Klassifizierungsprozess. Unified-Sportarten sind solche, in denen lernbeeinträchtigte Menschen mit solchen zusammenspielen, die keine Beeinträchtigung haben. Jedes Spiel ist nur sechs Minuten lang, ein Korb zählt einen Punkt. In einer weiteren Variante von Special Olympics spielen in Berlin reine Frauen-Teams.

Die Gewitter, die am Mittag über Berlin hinweggefegt waren, haben sich längst verzogen. Unter der weißen Plane ist es am Dienstagabend tropisch-warm – und die 3x3-Teams Nummer eins und Nummer zwei von Special Olympics Deutschland müssen ran. Das erste deutsche Team gegen eine Mannschaft aus Namibia – auf der Anzeige, die nicht komplett kaputt ist, aber auch nicht funktioniert, heißen sie nur Team A und B.

Das Match ist umkämpft, die beiden Schiedsrichter müssen mehrmals klärend eingreifen. Namibia hält die frühe Führung. Da hilft auch nicht einmal Körpereinsatz am Boden. Ein deutscher Spieler im Ballbesitz stolpert, liegt flach auf dem Rücken – und dribbelt weiter, als wäre nichts gewesen. Nach Schlusspfiff wird von der Aktion nicht einmal ein Schweißabdruck auf dem blauen Kunststoff zurückbleiben: Es wird durchgewischt. Aber ein Foto, das machen die Teams dann doch zusammen.

Die zweite deutsche Mannschaft spielt gegen Brasilien. Und wieder ist es kompetitiv, aber diesmal um einiges knapper. In der letzten Minute wird Brasilien ein Punkt zugesprochen, es steht 3:2 für die Südamerikaner. Aufgegeben haben die Deutschen aber noch nicht. Mit dem Schlusspfiff kommt der Treffer – und zwar aus der Dreierzone, die hier eine Zwei-Punkte-Zone ist. Endstand: 4:3 für Deutschland. Ein Unified-Partner läuft zu Trainer Jens Meyer, der während des Spiels Fotos gemacht hat. „Wie geil ist das denn?“, schreit der Athlet und klatscht Meyer ab.

Seitens des Publikums gibt es Applaus, das deutsche Team leitet eine Laola-Welle an. „Die Atmosphäre“, sagt einer der Schiedsrichter, der eigentlich gar nicht mit der Presse reden darf, „ist schon seit Beginn der Spiele so toll hier.“ In einer Pause vorhin haben Breakdancer, einer mit und einer ohne Beeinträchtigung, eine Show abgeliefert. Selbst die Volunteers machen mit: Drei von ihnen seien heute Morgen mit Flikflaks aufs Feld gekommen, sagt der Schiedsrichter. Am Ende des Abends tanzen sie auf dem Spielfeld. „Es ist echt genial, ein schönes Event für die Athleten, für die Zuschauer, aber auch für uns,“ sagt der Schiedsrichter. Und er arbeitet hier.

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