Droht Deutschland eine Große Koalition? Ganz unwahrscheinlich ist das im Moment nicht, und offenbar hätte auch knapp ein Viertel aller deutschen Wähler nichts dagegen. Doch das wäre nicht gut für dieses Land - aus mehreren Gründen.
Christoph Seils
Wahlplakate verschandeln die Straßen, sie verursachen den Kommunen Kosten und nerven die meisten Bürger. Viele Wissenschaftler bezweifeln sogar ihre Wirkung auf die Wähler. Wozu sind sie dann gut? Könnte man nicht einfach auf sie verzichten?
Warum wir auf Wahlplakate nicht verzichten können
Wahlplakate verschandeln die Dörfer und Städte, sie kosten viel Geld und langweilen die Wähler. Trotzdem greifen die Parteien in jedem Wahlkampf darauf zurück - weil es irgendwie dazu gehört.
Ein geheimes Protokoll enthüllt, dass Bundeskanzler Helmut Kohl vor drei Jahrzehnten die Hälfte der in Deutschland lebenden Türken zurück in ihre Heimat schicken wollte. Allerdings: So geheim waren die Pläne gar nicht - und schon gar nicht unpopulär.
Der Wahlkampf kommt langsam auf Touren. In den 50 Tagen bis zur Bundestagswahl werden die Wahlkampfbeobachter von Cicero Online und Tagesspiegel den großen und kleinen Wahlkampfphänomenen nachspüren.
Kaum ist Wahlkampf, ist es wieder da, das rot-rot-grüne Koalitionsgespenst. Für viele Sozialdemokraten und Grüne stellt die linke Mehrheit einen Sehnsuchtort dar, der sich machtpolitisch nicht materialisieren lässt. So wird es zum Garanten für die Vormachtstellung von CDU und CSU.
Nicht die Wähler entscheiden, wer Bundesabgeordneter wird, sondern die Parteien. Wer sich diesem Privileg des Parteienstaates entgegenstellt, der bekommt dessen Macht zu spüren. Diese Erfahrung musste Siegfried Kauder machen, als er nach einer internen Niederlage beschloss, sich gegen seine Partei zu stellen.
Die Eurozone steht vor einem heißen Herbst, doch Angela Merkel will sich davon nicht den Wahlkampf verhageln lassen. Was auf die Deutschen zukommt, wird geschickt verschleiert. Diese trügerische Ruhe schadet den Euro-Gegnern der "Alternative für Deutschland" - denn die brauchen eigentlich Drama. Trotzdem: Vielleicht ist die AfD doch noch für eine Überraschung gut.
Nichtwähler gerieren sich gerne als die wahren Demokraten, beklagen verkrustete Parteienstrukturen und die Machtlosigkeit des Souveräns. Doch in Wirklichkeit sind sie politische Wegelagerer.
Noch zwölf Wochen sind es bis zur Bundestagswahl. Wer glaubt, dass der Wahlkampf langweilig wird, irrt. Nichts ist entschieden, sogar Peer Steinbrück kann noch Kanzler werden. Doch richtig spannend könnte es erst nach dem 22. September werden.
Alle vier Jahre überbieten sich die Parteien darin, den Wählern eine möglichst rosige Zukunft zu versprechen. Doch das darf man nicht nur den Wahlkämpfern vorwerfen, die sich diese politische Folklore ausdenken. Schuld sind auch jene, die gerne dazu tanzen. Eine kleine Wählerbeschimpfung.
Der Wahlkampf der Sozialdemokraten kommt nicht in Schwung, der Kanzlerkandidat Steinbrück beim Wahlvolk nicht an. Jetzt streiten die Genossen auch noch öffentlich. Doch vor allem der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel hat nicht verstanden, was bis zum 22. September seine Rolle ist.
Thomas de Maizière ist in der Drohnen-Affäre weiter in die Defensive geraten, und es zeigt sich, nicht jeder gute Aktenfresser ist auch ein guter Politiker. Der Verteidigungsminister ist in eine klassische Falle der politischen Krisenkommunikation getappt.
Die SPD ist empört, auch die Union will jetzt den Anstieg der Mieten begrenzen, doch mit Themenklau hat das alles nichts zu tun. Die CDU erinnert sich vielmehr an Themen, die sie einst stark gemacht hat. Die Gefahren für Merkel lauern woanders - doch richtig sorgen muss sie sich nicht.
Die Feierlichkeiten der SPD zum 150. Geburtstag sind beendet. Jetzt sollte sich die SPD wieder ihrer ungewissen Zukunft zuwenden. Die Verdienste der Vergangenheit helfen dabei wenig. Und ein vergiftetes Lob von Angela Merkel auch nicht.
Die abscheulichen Morde des NSU-Trios haben die mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Nun hat der Prozess um die NSU-Morde endlich begonnen und unser Kolumnist hofft, dass er dazu beiträgt, den Opfern zu ihrem Recht zu verhelfen und die rassistischen Täter zu entmystifizieren.
Mit der Ankündigung, die Steuern nicht nur für Reiche, sondern auch für die Mittelschicht erhöhen zu wollen, ziehen die Grünen in den Bundestagswahlkampf. Das ist riskant, vor allem dann, wenn die Wähler jetzt anfangen zu rechnen.
Nach der Quoten-Revolte der vergangenen Woche ist die Wut auf die CDU-Frauen groß. Doch gegen die geballte Frauenpower lässt sich nichts machen. Die Unions-Frauen bilden Seilschaften und tricksen, wie es die Öffentlichkeit bislang nur von Männern in der Politik gewohnt war.
Deutschland hat eine neue Partei: Alternative für Deutschland. Man muss kein Freund der Eurogegner sein, um zu der Einschätzung zu kommen, dass diese der Europadebatte und der Demokratie gut tun könnten.
Die SPD steckt weiter im Stimmungstief, die Zweifel am Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück wachsen. Die Partei scheint gelähmt. Die Sozialdemokraten glauben nicht mehr an einen Wahlsieg und die Grünen auch nicht.
Seit dreieinhalb Jahren steckt der Euro in der Krise. Die Bundeskanzlerin bemüht sich nicht mehr, die Widersprüche in ihrer Europolitik zu erklären. Im Wahlkampf könnte das für sie zur Gefahr werden: Die Euro-Skepsis der Deutschen wächst
Die Staatsanwaltschaft will das Ermittlungsverfahren gegen den Ex-Bundespräsidenten Wulff einstellen, wenn dieser seine Schuld einräumt - wegen maximal 770 Euro. Das ist peinlich für die Justiz und wirft die Frage auf, ob die Wulff-Affäre nicht insgesamt völlig neu bewertet werden muss.
Die Teilenteignung von Spareinlagen in Zypern ist eine Zäsur bei der Eurorettung und für Angela Merkel auch innenpolitisch ein Problem. Zypern ist erst der Anfang - Italien und Spanien könnten schon bald folgen. Der Bundestagswahlkampf könnte noch einmal spannend werden.