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Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder mit Bundesministerinnen und Bundesministern beim Auftakt des Migrationsgipfels.

© IMAGO/Chris Emil Janßen

Update

Vor Asylgipfel von Bund und Ländern: Faeser erwägt „engere Kooperationen mit Staaten, die an Fluchtrouten liegen“

Beim Bund-Länder-Spitzengespräch steht die Umsetzung einer neuen Migrationspolitik im Fokus. Die Bundesinnenministerin konkretsiert nun Pläne über eine mögliche Drittstaatenregelung.

| Update:

Vor dem Spitzentreffen von Bund und Ländern über die Migrationspolitik an diesem Mittwoch hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Überlegungen über Asylverfahren in Staaten außerhalb der Europäischen Union konkretisiert.

Die Prüfung, „ob Asylverfahren auch rechtsstaatskonform in Drittstaaten möglich sind, werden wir gemeinsam mit Migrationsexperten und Juristen intensiv fortsetzen“, sagte Faeser dem „Spiegel“.

Vorstellbar seien Faeser zufolge „engere Kooperationen vor allem mit den Staaten, die an den Fluchtrouten liegen und Menschenrechte wahren“. Ähnlich hatte sich die Sozialdemokratin bereits am Wochenende geäußert.

Zudem betonte die Innenministerin, es gebe bei den Rückführungen bereits eine Steigerung von mehr als 25 Prozent. Dabei werde man weiter zulegen. „Dafür braucht es jetzt das Handeln der verantwortlichen Länder, die die neuen Abschieberegeln nutzen können“, so Faeser.

Die Regierungschefs der Länder wollen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an diesem Mittwoch darüber sprechen, wo sie in der Asylpolitik noch Handlungsbedarf sehen.

Länder erhöhen offenbar gemeinsam den Handlungsdruck

Die Bundesländer drücken nach Worten der saarländischen Ministerpräsidentin Anke Rehlinger in der Migrationspolitik gemeinsam aufs Tempo.

„Wir wissen, dass die Belastungen nach wie vor sehr hoch sind – in den Ländern, aber vor allem auch in den Kommunen“, sagte die SPD-Politikerin am Mittwoch im Deutschlandfunk.

Es nützt nichts, neue Maßnahmen auf den Weg zu bringen, wenn man die alten Maßnahmen noch nicht richtig umgesetzt hat.

Anke Rehlinger, Ministerpräsidentin Saarland

Deswegen sei es klug, zunächst einmal bereits beschlossene Maßnahmen konsequent umzusetzen, bevor ein langer Katalog mit neuen und zusätzlichen Maßnahmen aufgestellt werde, sagte sie.

Demnach nütze es nichts, neue Maßnahmen vor der Unsetzung der alten auf den Weg zu bringen. „Nicht, weil das vertrödelt worden ist, sondern weil manche Punkte etwas länger dauern.“

Union kritisiert fehlende Umsetzung vereinbarter Maßnahmen

Unionspolitiker pochten indes vorab erneut auf entschiedenere und schnellere Maßnahmen bei der Begrenzung irregulärer Migration. Kommunen mahnten, sie seien bei der Unterbringung von Asylbewerbern an der Belastungsgrenze.

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„Noch so ein Jahr on top, immer noch mehr Menschen obendrauf, wird uns an die Grenzen dessen bringen, was überhaupt noch geht“, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst am Dienstag in der ARD-Sendung „Maischberger“.

Unsere Systeme ächzen.

Hendrik Wüst, Ministerpräsident Nordrhein-Westfalen

Nach dem großen Flüchtlingszugang 2023 sei davon auszugehen, dass es auch dieses Jahr so weitergehe. „Aber unsere Systeme ächzen“, sagte der CDU-Politiker. „Knapp die Hälfte der Menschen, die zu uns kommen, haben kein dauerhaftes Recht, hier zu sein.“

Wüst kritisierte, ein Großteil der Verabredungen des letzten Bund-Länder-Treffens im November sei nicht oder nicht mit ordentlicher Wirkung umgesetzt worden. Er nannte etwa Migrations- und Rückführungsabkommen. Das Bundesgesetz für verbesserte Rückführungen sei „ziemliche Kosmetik“.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte dagegen den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, sehr vieles sei bereits umgesetzt. „Die Flüchtlingszahlen sinken, das liegt sicherlich auch am Wintereffekt, es zeigt aber auch, dass die Maßnahmen wirken.“

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Ich erwarte von der Ministerpräsidentenkonferenz vor allem, dass sie unmissverständlich formuliert, dass wir die Zuwanderung begrenzen.“

Er wiederholte die bayerische Forderung einer „Integrationsgrenze“: „Sie macht deutlich, bis zu welcher Flüchtlingszahl Integration leistbar ist.“

„Die Kommunen sind an der Belastungsgrenze“

Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow warnte in der „Rheinischen Post“ hingegen vor einem „Überbietungswettbewerb um die krassesten Formulierungen“ in der Asylpolitik.

Und der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht es nach Angaben eines Sprechers grundsätzlich skeptisch, immer neue Forderungen in den Raum zu stellen.

„Die Ministerpräsidentenkonferenz hat Ende letzten Jahres bereits weitreichende Beschlüsse gefasst“, sagte der Sprecher dem RND. „Nun geht es erst mal darum, dass das Beschlossene vollständig umgesetzt wird und zu schauen, ob wir gegebenenfalls an manchen Stellen nachsteuern müssen.“

Ein Mann geht vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Berlin vorbei.
Ein Mann geht vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Berlin vorbei.

© dpa/Sebastian Gollnow

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte erneut Entlastungen für die Kommunen. „Die Kommunen sind an der Belastungsgrenze, was Unterbringung, Versorgung und Integration angeht“, sagte Hauptgeschäftsführer André Berghegger der „Augsburger Allgemeinen“.

Bund und Länder müssten sich mehr an den Kosten von Unterbringung und Integration sowie der Schaffung von zusätzlich notwendigen Kitaplätzen beteiligen.

Mehrere Streitpunkte vorab geklärt

Beim letzten Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern im November hatten die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten dem Bund eine Pro-Kopf-Pauschale als zusätzliche Beteiligung an den Asylkosten abgerungen: 7500 Euro pro Jahr für jeden, der erstmals in Deutschland Asyl beantragt.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei einem Termin Mitte Februar.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bei einem Termin Mitte Februar.

© IMAGO/CTK Photo/Michaela Rihova

„Da haben wir einen wirklich guten Weg beschritten“, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Regierungschef Boris Rhein (CDU), nun der Deutschen Presse-Agentur. Zudem wurden damals Maßnahmen zur Verringerung der irregulären Migration nach Deutschland vereinbart.

Rhein sieht ein wichtiges Thema in der Frage, ob Asylverfahren außerhalb der EU möglich wären. Aus Sicht der Länder könnten Asylverfahren in sogenannten Drittstaaten ein wichtiges und hilfreiches Instrument zur Verringerung der Flüchtlingszahlen sein. Die dazu vereinbarte Prüfung ist nach Angaben des Bundes aber noch nicht abgeschlossen.

Vor dem jetzigen Treffen wurden einige mögliche Streitpunkte bereits aus dem Weg geräumt: Die Ampel-Koalition gab vor einigen Tagen dem Drängen der Länder nach einer bundesgesetzlichen Regelung zur Bezahlkarte für Asylbewerber nach.

Damit Asylverfahren schneller bearbeitet werden, hat Bundesinnenministerin Faeser gerade mehr Personal für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angekündigt.

Die Länderchefs wollen bei ihrem Treffen auch über wirtschaftspolitische Weichenstellungen sprechen. Da wird der Kanzler aber nicht dabei sein.

Konkret geht es wohl um das im Bundesrat noch blockierte Wachstumschancengesetz, Maßnahmen gegen hohe Energiepreise, die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie die Frage, ob Versicherungen gegen Elementarschäden verpflichtend werden sollten. (dpa, epd, AFP)

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