zum Hauptinhalt
Anna-Lena Forster gewann in diesem Jahr WM-Gold im Super-G, der Super-Kombination, im Slalom und im Riesenslalom.

© IMAGO/GEPA pictures

Para-Sportler des Jahres: Forster glückstrunken, Schäfer cool

Die Monoski-Weltmeisterin Anna-Lena Forster erhält zum zweiten Mal in Folge die begehrte Auszeichnung. Bei den Männern fällt die Wahl auf Para-Weitspringer Leon Schäfer.

Von Benjamin Apitius

Die Rede von Friedhelm Julius Beucher lockte die Gäste beim Gala-Abend des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) auf eine falsche Fährte. In Düsseldorf wurden am Samstag die Para-Sportlerinnen und -Sportler des Jahres ausgezeichnet, und der DBS-Präsident eröffnete den Abend mit seinen Worten. „Ein Jahr vor den Paralympics in Paris haben wir einen Para-Sport-Sommer erlebt, der seinesgleichen sucht“, sprach Beucher: „Bei der Fülle an Titeln und Triumphen war es eine große Herausforderung, überhaupt die Nominierten für die öffentliche Wahl festzulegen.“

Bei der Ehrung der Sportlerin des Jahres jubelte wenig später dann jedoch eine Athletin aus dem Winter. Die Para-Ski-Alpinläuferin Anna-Lena Forster hatte wie im Vorjahr die meisten Stimmen erhalten und gewann die Wahl vor – der 17-jährigen Linn Kazmaier, die in den Nordischen Para-Skidisziplinen startet und im vergangenen Jahr noch die Kategorie der Para-Nachwuchssportler*in gewann. Erst auf den weiteren Plätzen folgten mit Annika Zeyen-Giles (Para-Radsport), Tanja Scholz (Para-Schwimmen) und Irmgard Bensusan (Para-Leichtathletik) Sommersportlerinnen, die in Paris dabei sein werden.

Schaffelhubers Fußstapfen? Längst ausgefüllt

Für Forster war es eine weitere Bestätigung ihrer bemerkenswerten Karriere. Die 28-Jährige füllt längst die großen Fußstapfen aus, die Anna Schaffelhuber einst hinterlassen hatte. 2018 hatte die Wachablösung der damaligen Dauersiegerin im Monoski bei den Paralympics in Südkorea stattgefunden. Es war einer der wenigen Momente, in denen man Forster, die mit einer Fehlbildung am linken Bein und einem fehlenden rechten Bein zur Welt kam, ohne ihren Rollstuhl erleben durfte.

An Krücken stand sie glückstrunken auf der Tanzfläche im Deutschen Haus und versuchte noch immer, ihren Sensationssieg zu begreifen. Sie überstrahlte alles am Abend ihres Erfolgs und trat mit der ersten von zwei Goldmedaillen in Pyeongchang ins Scheinwerferlicht: Nach sieben Paralympics-Siegen in Folge hatte Forster die unglaubliche Erfolgsserie der legendären Schaffelhuber erstmals durchbrochen.

Goldmedaillen bei Paralympics und Weltmeisterschaften

„Anna“, hatte Präsident Beucher zum Karriereende von Schaffelhuber 2019 dann gesagt: „Wird uns fehlen“, als Fürsprecherin und Medaillengarantin. Doch schon damals hatte Beucher die Rechnung ohne Forster gemacht. Sie zählt mit 13 Goldmedaillen bei Paralympics und Weltmeisterschaften heute zu den erfolgreichsten Para-Sportlerinnen Deutschlands. Und wie die Wiederholungswahl zur Sportlerin des Jahres beweist: auch zu den beliebtesten.

„Anna-Lena war schon immer dieses freudestrahlende Kind, das überall ankam“, hatte Mutter Forster in einem Interview mit dieser Zeitung mal gesagt. Bekommt man zudem noch eine gehörige Portion Ehrgeiz in die Wiege gelegt, kann daraus schon mal eine charismatische Gewinnerin werden, wie es Forster heute ist.

Bei den Männern gewinnt Schäfer – mit neuer Coolness

Beuchers Worte wurden auch bei der Wahl zum Para-Team des Jahres nicht erhört. Die Langlauf-Staffel im Para-Ski nordisch um Sebastian Marburger, Marco Maier, Kazmaier, Florian Baumann, Nico Messinger und Robin Wunderle machte das Rennen vor den Para-Radsportlern und -Ruderern.

Immerhin: Para-Nachwuchssportler des Jahres wurde mit dem 21 Jahre alten Kugelstoß-Weltmeister Yannis Fischer ein Paris-Fahrer.

Und auch bei der Männer-Wahl sollte Beuchers Rede dann aufgehen: Mit Leon Schäfer gewann ein Leichtathlet, der bei der WM im zurückliegenden Sommer im Weitsprung mit Prothese seinen eigenen Weltrekord ausbaute. Der 26-Jährige, dem nach einer Krebserkrankung sein rechter Unterschenkel amputiert werden musste, bereichert den deutschen Para-Sport neben seinen Topleistungen mit einer neuen Art der Coolness, die ein Markus Rehm, schaffelhubiger Dauersieger in einer anderen Weitsprungklasse, so nicht bietet und die vor den Spielen in Paris wohl noch stärker vermarktet werden wird.

Schäfer, tätowiert und gepierct, hatte seinen WM-Sieg im Juli zum Spektakel gemacht. Mit dicker schwarzer Spiegelsonnenbrille betrat der Modellathlet das Stadion in Paris und hatte das Publikum schnell auf seiner Seite. Dass sich der Wettkampf erst mit seinem letzten Versuch entscheiden sollte, tat natürlich sein Übriges zu der Schäfershow.

In seiner Rede schlug DBS-Präsident Beucher den Bogen zu „weitaus wichtigeren Themen, die uns große Sorgenfalten bereiten“. Sport sei mehr als nur die schönste Nebensache der Welt: „Sport verbindet Menschen unterschiedlicher Religionen und Hautfarben, Sport schafft Begegnungen – und der Sport hat das Zeug zu einer Friedensbewegung. Das ist gerade in diesen Zeiten von unschätzbarem Wert und ein hohes Gut“, sagte der meinungsfreudigste unter den deutschen Sportfunktionären.

„Sportereignisse wie Olympia und Paralympics setzen ein Zeichen für den Zusammenhalt auf der Welt. Diese Hoffnung habe ich, wenn ich an die Spiele in Paris denke. Und die Hoffnung und Zuversicht sollten wir uns auch in dunklen Zeiten nicht nehmen lassen. Lasst uns an diese Kraft des Sports glauben“, sagte Beucher.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false