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Nils Lichtlein von den Füchsen Berlin genoss seinen ersten Auftritt bei der Heim-EM.

© Imago/Maximilian Koch

Erste große EM-Prüfung für DHB-Team: Mit Frankreich wartet eine gewaltige Herausforderung

Beim 34:25 in der Berliner Mercedes-Benz-Arena ragen auch die jungen Profis der deutschen Nationalmannschaft heraus. Doch jetzt geht es gegen einen der Favoriten auf den Titel.

Nils Lichtlein konnte das Lächeln nicht verbergen. Sein Einstand war auch für ihn, der sonst schon so oft so abgeklärt daherkommt, euphorisierend. Denn keine Minute auf dem Feld, nutzte der 21-Jährige gleich die erste Lücke, die sich ihm aufbot, und konnte dann neben seinem EM-Debüt in seiner Wahlheimat Berlin auch sein erstes Tor verzeichnen.

„Das war eine Wahnsinnsstimmung in der Halle und für mich natürlich etwas Besonderes. Unglaublich, was hier passiert“, sagte der Füchse-Spieler, der beim 34:25 gegen Nordmazedonien am Sonntagabend in der Berliner Mercedes-Benz-Arena Szenenapplaus bei seiner Einwechselung erhielt.

Am Ende stand der Linkshänder zwar nur wenige Minuten auf dem Feld, aber die werden bleiben – auch, wenn er im nächsten Spiel wahrscheinlich mit der Rückkehr Kai Häfners nach dessen Babypause wieder aus dem Kader rutschen wird. Ein Erlebnis ist diese Europameisterschaft für Lichtlein trotz seiner Reservistenrolle: „Ich fühle mich als Teil des Teams und sich hier einzufügen, war nicht schwer. Vor allem, weil die, die wie Juri Knorr den Ton angeben, auch nicht viel älter sind“, erklärte der Rückraum-Spieler.

Lichtlein ist neben Renars Uscins, Justus Fischer und David Späth einer der vier U-21-Weltmeister, die den Sprung von den Junioren in die A-Mannschaft geschafft haben. Die nach ihrem Goldrausch im Sommer vergangenen Jahres nun auch bei den Männern von Großem träumen. Die mit ihrer Frische eine gewisse Leichtigkeit und einiges an Emotionalität ins Team bringen. Und die allesamt zu wertvollen Alternativen auf ihren Positionen avanciert sind.

Die DHB-Auswahl musste noch nicht an ihre Grenzen gehen

Resultat ist, dass der viel zitierte „zweite Anzug“, eigentlich keiner mehr ist. Die zunächst noch eklatanten Brüche bei Auswechslungen werden zunehmend geringer und wenngleich es selbstredend noch Qualitätsunterschiede zu den gestandenen Akteuren gibt, sind die jungen Spieler mehr als nur Lückenfüller für die durch Verletzungen und Absagen entstandenen freien Kaderplätze.

Allerdings, und das ist ebenso ein Teil der Wahrheit, waren die Herausforderungen im Turnier bisher überschaubar. Sowohl die Schweiz als auch Nordmazedonien hatten zeitweise mehr mit sich selbst zu kämpfen, als dass die DHB-Auswahl an ihre Grenzen gehen musste, und so blieben die vorschnellen Abschlüsse und eine ausbaufähige Wurfquote bisher weitestgehend folgenlos.

Gegen solche Spieler spielt man nicht oft. Da habe ich mega Bock drauf.

Torwart David Späth über das Spiel gegen Frankreich

Gegen den nun bevorstehenden Gegner Frankreich am Dienstagabend (20.30 Uhr, ARD) dürfte das etwas anders aussehen. Nicht zuletzt, weil die L’Equipe gegen die Schweiz zuletzt nur auf ein Unentschieden kam und dementsprechend angestachelt in das letzte Vorrundenspiel gehen wird. „Wir müssen uns in allen Belangen verbessern. Da gibt es einige Baustellen, die wir abzuarbeiten haben“, sagte Handball-Legende Nikola Karabatic.

Die Rekordweltmeister sind fast schon bekannt dafür, dass die Leistung im olympischen Jahr im Januar noch nicht unbedingt in die oberste Kategorie gehört – das Vorrundenaus bei der EM vor vier Jahren war dafür der jüngste Indikator. „Diesmal wollen wir das besser machen und alles reinwerfen“, sagte Karabatic, für den es voraussichtlich die letzte EM sein wird. Er hat ankündigt, nach dem Sommer und über zwanzig Jahren Profidasein seine bewegte Karriere zu beenden.

Dass „die Blauen“ zu den absoluten Spitzenmannschaften der Welt gehören, ist unumstritten. Allein ein Blick durch den Kader verdeutlicht eindrücklich die individuelle Klasse, die die französische Nachwuchsförderung wieder und wieder hervorbringt. Angefangen bei den Karabatic-Brüdern Luka und Nikola, über Dika Mem und Ludovic Fabregas, dazu Arthur Lenne – die Mannschaftsaufstellung liest sich wie eine Weltauswahl. Nicht ohne Grund hat der Deutsche Handballbund (DHB) bei seiner Strukturreform die europäischen Nachbarn mit ihrer zentralistischen Organisation und den Förderzentren als Vorbild ausgelobt.

Doch wenngleich die Pandemie den DHB bei den Planungen etwas aus der Bahn geworfen hat, zeigt sich, dass der Fokus auf die Jugendförderung durch die Vereine hierzulande, erste Früchte trägt – die U21 hat das unter Beweis gestellt. „Wir wissen, was wir können und werden versuchen, Frankreich mit allen Mitteln zu schlagen. Gegen solche Spieler spielt man nicht oft. Da habe ich mega Bock drauf“, erklärte Torhüter Späth selbstbewusst, während Spielmacher Knorr ebenfalls enthusiastisch auf die Partie blickte: „Das wird krass. Da sind Jungs dabei, die für viele von uns Idole sind“, sagte der 24-Jährige. „Da wird sich zeigen, wie erwachsen wir schon sind. Aber wir sollten auch nicht zu viel Respekt haben.“

Das Ticket für die Hauptrunde in Köln haben sich die Deutschen zwar bereits gesichert, da aber Frankreich höchstwahrscheinlich ebenfalls weiterkommen wird, geht es nun schon um die ersten Punkte. Jetzt geht das Turnier so richtig los – bestmöglich weiter mit viel Szenenapplaus.

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