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Kaum aufzuhalten, sowohl in der Defensive als auch in der Offensive: Nationalspieler Johannes Golla.

© imago images/Eibner

Dreh- und Angelpunkt bei deutschen Handballern: Johannes Golla überzeugt auf und neben dem Platz

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft ist furios in die EM gestartet. Dafür ist vor allem Kapitän Johannes Golla verantwortlich, der immer unverzichtbarer wird.

Johannes Golla muss etwas lachen. Ob er abgenommen hat? Eher nein. Ob er mehr Zeit im Kraftraum verbracht oder allgemein anders trainiert hat? Auch nicht wirklich. „Vielleicht hat sich der Trikotschnitt verändert“, antwortet der Kapitän der deutschen Handball-Nationalmannschaft am Rande der Europameisterschaft scherzend. „Aber es ist schon interessant, was die Leute manchmal so von außen wahrnehmen und erzählen.“

Dass der Fitnesszustand des 26-Jährigen im Gespräch ist, hat derweil durchaus seinen Grund. Schließlich hat sich der bei der SG Flensburg-Handewitt unter Vertrag stehende Kreisläufer in den vergangenen Jahren zu einer der Säulen der DHB-Auswahl entwickelt. Ihm darf während des Turniers nichts passieren.

Acht Jahre Bundesliga, fünf Jahre Nationalmannschaft, seit drei deutscher Kapitän, Wahl ins Allstar-Team bei der vergangenen EM, deutscher Handballer des Jahres 2022 – Gollas Vita legt seine Erfahrung eindeutig aus und deutet an, warum er für den Bundestrainer so unverzichtbar ist. „Er gibt diesem Team enorm viel – sowohl sportlich wie menschlich“, berichtet Alfred Gislason.

Bemerkenswert ist dabei die souveräne Ausstrahlung, die Golla trotz seines jungen Alters stets umgibt. „Manchmal wirke ich vielleicht älter, als es bei mir im Ausweis steht“, sagt der zweifache Vater. Der gebürtige Hesse ist kein Lautsprecher und doch jemand, der seine Meinung sagt. Jemand, der sich ohne Angst anzuecken zu politischen Themen wie der Menschenrechtslage in Ungarn äußert und sich für gesellschaftliche Vielfalt einsetzt.

Die „Kampfsau“ in der Defensive

Dabei ist er kein Rebell wie einst Stefan Kretzschmar, der durch seine am Freitag erschienene Dokumentation noch einmal betonte, wie er zwischen Campino und Rammstein, zwischen sportlichem Höhenflug und familiärem Druck als Handball-Punk den Sport publik machte.

Golla ist eine andere Art von diesen Typen, die einer Mannschaft und ihrer Außenwirkung helfen können. Mit Direktheit, Nahbarkeit und Reflektiertheit. Immer ein Lächeln im Gesicht und trotzdem nicht oberflächlich, zurückhaltend und doch bestimmt, professionell und doch nicht verbissen.

Antreiber und Organisator – Johannes Golla (in weiß) vereint viele wichtige Eigenschaften.

© dpa/Federico Gambarini

Sportlich ist er in der Mannschaft neben Torhüter Andreas Wolff und Spielmacher Juri Knorr ohnehin zum Dreh- und Angelpunkt avanciert, besonders in der deutschen Defensive. Denn seitdem das Kieler Abwehrgespann Hendrik Pekeler-Patrick Wiencek nicht mehr zur Verfügung steht, ist er es, der den Mittelblock zusammenhält. Der ansagt, organisiert und kräftigt zupackt – und der dann genauso im Angriff seine Leistung bringt. Der mit Mentalität auf dem Feld vorangeht und von Co-Trainer Erik Wudtke in der Vergangenheit nicht umsonst den Beinamen „Kampfsau“ verpasst bekam, weil sein Einsatz trotz weniger Pausen nie nachzulassen scheint.

Die Stimmung im Team ist so gut wie lange nicht mehr

Mittlerweile – und das spricht für die neue Breite des Kaders – muss Golla allerdings nicht mehr den Alleinunterhalter am Kreis geben, sondern hat mit dem 21 Jahre alten Justus Fischer einen Akteur an seiner Seite, der hinten wie vorne einspringen kann. Das bringt nicht nur auf dem Feld frischen Wind: „Da ist eine Unbekümmertheit und Emotion. Das tut uns allen gut“, findet Golla. Die Stimmung sei zwar zuvor auch gut gewesen, doch in diesem Jahr brenne wirklich jeder darauf, bei der Nationalmannschaft zu sein.

Beim Arbeitseinsatz und Willen, immer das Beste rauszuholen, sind wir gerade besser als in den letzten Jahren.

Johannes Golla, Kapitän der deutschen Handball-Nationalmannschaft

Allgemein berichtet der 26-Jährige von einer angenehmen neuen Symbiose im Team, „in der sich jeder einbringt“. Da kann dann selbst der Kapitän dabei beobachtet werden, wie er die Wasserkisten schleppt, was sonst eigentlich den Neulingen überlassen ist. „Das ist selbstverständlich, genauso, wie den Physios zu helfen“, erklärte der gebürtige Hesse wieder einmal angenehm bodenständig.

Vielleicht liegt auch genau hier der Schlüssel zur neuen, scheinbar leichtfüßigen Mannschaftskonstellation – ohne große Hierarchien und Befindlichkeiten. „Ich glaube, da hat sich etwas verändert. Auch beim Arbeitseinsatz und Willen, immer das Beste rauszuholen, sind wir gerade besser als in den letzten Jahren“, urteilte Golla, der genau darin eine Stärke des Teams sieht und der genau diesen Enthusiasmus beim zweiten Vorrundenspiel gegen Nordmazedonien am Sonntag (20.30 Uhr/ ZDF) erneut erwartet. „Diese Euphorie, diesen Spaß, den wir miteinander haben, wollen wir nach außen transportieren.“

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