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Rummelplatz auf dem Eis. Im Spitzenspiel zwischen Bremerhaven und Berlin war Musik drin.

© imago/kolbert-press/IMAGO/kolbert-press/Burghard Schreyer

Erstaunliche Machtverhältnisse in der DEL: Bremerhaven und der kurze Weg zum Bürgeramt

Ein Außenseiter mausert sich so langsam zum Kandidat für den Titel und überrascht auch die Eisbären Berlin. Was dies über die Deutsche Eishockey-Liga aussagt.

Bremerhaven hat ein spezielles Flair. Wer schon mal versucht hat, durch die Hafenstadt zu flanieren, weiß das. Aber das kann man mögen, zumal es ja auch viel zu sehen gibt, etwa die sehenswerte Ausstellung im Deutschen Auswandererhaus. Von Bremerhaven sind einst Millionen Menschen nach Übersee aufgebrochen. Inzwischen wollen gar nicht mehr so viele weg aus der Küstenstadt, sondern viele rein – vor allem Eishockeyprofis aus dem Ausland. Die Auswahl der Fischtown Pinguins ist in ihrer Zusammenstellung einmalig in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL).

Anderthalb Dutzend aktuelle Bremerhavener Spieler haben mit ihrem Sport in der Ferne begonnen. Dabei ist die nordamerikanische Fraktion im Vergleich zur Ligakonkurrenz (sechs Spieler) nicht außergewöhnlich groß. Zudem finden sich dafür vier Fischtowner aus dem Nachbarland Dänemark, zwei aus Schweden und vor allem jene drei slowenischen Nationalspieler, die in der Liga mit dem Beinamen „Karawankenexpress“ über das Eis kurven.

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von 26 Spielern der Fischtown Pinguins kommen nicht aus Deutschland.

Fernab des attraktiven slowenischen Gebirgszuges sorgen vor allem Jan Urbas und Ziga Jeglic sowie Miha Verlic mit ihren Treffern dafür, dass Bremerhaven seit Jahren sehr gut in der DEL mitspielt, in dieser Saison sogar etwas mehr. Nach dem 5:1-Heimsieg am Sonntag gegen die zuvor in zwölf Auswärtsspielen ungeschlagenen Eisbären aus Berlin sind sie nun mit drei Punkten Vorsprung Tabellenführer; und nach 36 von 52 Spieltagen in der Hauptrunde auch ein Tabellenführer, den man ernst nehmen muss.

So sah es auch Marko Nowak nach dem Spitzenspiel. „Ich denke, die Bremerhavener haben das gut gespielt. Die haben gefühlt jede Chance genutzt“, sagte der Verteidiger der Eisbären.

Sicherlich wird das von einer Eishockeydiaspora umgebene Team vom Rest der Liga oft unterschätzt und auch mal nicht so gemocht. Denn wenn es um die Einbürgerung ausländischer Spieler und somit das Umgehen des erlaubten Kontingents ausländischer Profis geht, machen sie das fixer als andernorts. Es liegt kaum daran, dass es vom Bürgeramt Bremerhaven Mitte bis zur Eishalle Bremerhaven nur 2400 Meter sind. In München zum Beispiel bedienen sie sich aus ihrer eigenen Nachwuchsakademie, wenn es um gute deutsche Spieler geht. Aber da steht mit Red Bull eben ein Großkonzern dahinter.

Im Nachwuchsbereich passiert in Bremerhaven wenig

In Bremerhaven sieht das mit nur einer Eisfläche im städtischen Eisstadion eben weniger professionell aus. Die U 17 des REV Bremerhaven etwa rangiert in einer Liga des niedersächsischen Eissportverbandes zurzeit auf Rang zwei hinter den Hamburg Sailors, übrigens nach einem 4:1-Sieg am Sonntag bei den Young Grizzlies Wolfsburg.

Bei den Eisbären dagegen geht es im Nachwuchs um das Heranführen an den Leistungssport. Und auch ist die GmbH der Berliner rund um das Profiteam anders aufgestellt, laut Bundesanzeiger hatten sie vergangene Saison inklusive Profiteam 57 Mitarbeitende. In Bremerhaven waren es gerade mal 34, 26 davon waren Eishockeyspieler. Mehr Struktur und mehr Geld ausgeben bedeutet eben nicht immer gleich mehr Erfolg.

Was es über die Stärke der Liga aussagt, dass eine internationale Auswahl, gestützt auf zwei erfahrene slowenische Angreifer, die bei der jüngsten WM sang- und klanglos mit ihrem Nationalteam abgestiegen sind, Tabellenführer ist? Das ist eine spannende Frage, die auch die Eisbären aus Berlin als heißer Kandidat auf den Titel auf dem Eis beantworten könnten. Schließlich haben sie einige tragende Profis aus dem erfolgreichen WM-Team in ihrer Aufstellung und sind vom Kader besser aufgestellt als Bremerhaven.

Nach der zweiten Niederlagen in Folge jedenfalls war die Laune von Eisbären-Trainer Serge Aubin am Sonntag nicht eben gut. Sein Team müsse nun wohl etwas zulegen, das Tempo werde gegen Ende der Hauptrunde eben schärfer in der Liga, sagte Aubin. „Aber Bremerhaven war klar besser als wir, da besteht kein Zweifel.“

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