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Danilho Doekhi half erst beim Aufsammeln der Tennisbälle, später köpfte er Union in Führung.

© imago/Jan Huebner/IMAGO/Michael Taeger

Eskalation mit Ansage: 1:0-Sieg für Union nach Fast-Abbruch

Dem 1. FC Union Berlin gelingt ein wichtiger Sieg im Abstiegskampf. Das Sportliche war aber nur Nebensache, denn wegen der Fanproteste gegen die DFL war das Spiel 37 Minuten unterbrochen.

Es war 16.37 Uhr, 67 Minuten nach Anpfiff, und das Spiel zwischen dem 1. FC Union Berlin und dem VfL Wolfsburg befand sich immer noch Mitte der ersten Hälfte. Das Geschehen war mittlerweile zum dritten Mal unterbrochen, die Ordner hatten säckeweise Tennisbälle vom Rasen gesammelt und das Schiedsrichtergespann unternahm einen letzten Versuch.

„Ich glaube, die Botschaft ist sehr klar und sehr deutlich angekommen. Wir sind so kurz davor, dieses Spiel nicht mehr austragen zu können“, sagte Christian Arbeit. Wichtiger als die Worte von Unions Stadionsprecher oder die Warnung der Unparteiischen war jedoch ein akustisches Zeichen der Fans auf der Waldseite. „Fußball, Fußball!“, schallte es nun durch das Stadion An der Alten Försterei und dieses Signal beendete einen denkwürdigen Protest haarscharf vor einem Spielabbruch.

Die Ultras des 1. FC Union protestierten mit Bannern und Tennisbällen gegen die Investorenpläne der DFL.
Die Ultras des 1. FC Union protestierten mit Bannern und Tennisbällen gegen die Investorenpläne der DFL.

© imago/Luciano Lima

Nach insgesamt 37 Minuten Unterbrechung setzte Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck die Begegnung fort, in der 21. und letzten Minute der Nachspielzeit der ersten Hälfte erzielte Danilho Doekhi nach einer Ecke von Kevin Volland per Kopf das 1:0 für Union. Am Ende reichte dieser Treffer zu einem ebenso wichtigen wie schmeichelhaften Erfolg im Abstiegskampf.

Durch den vierten Heimsieg in Folge vergrößern die Berliner den Vorsprung auf den Relegationsplatz vorerst auf sechs Punkte. „Wir hatten acht Spieler, die Mittwoch auf tiefem Boden in Mainz gespielt haben, und das hat man gemerkt“, sagte Unions Trainer Nenad Bjelica, der nach Ablauf seiner Sperre erstmals wieder an der Seitenlinie war. „Die einzige Möglichkeit, dieses Spiel zu gewinnen, war über Standards, war über Kampf.“

Der Sport war an diesem frühlingshaften Nachmittag in Köpenick allerdings nur eine Randnotiz. Es war eine Eskalation mit Ansage im Streit zwischen organisierten Fangruppen und Deutscher Fußball-Liga um den Einstieg eines Investors. Die DFL hatte am Donnerstag ein Gesprächsangebot unterbreitet, das verschiedene Fanvereinigungen als „Feigenblatt“ bezeichnet und abgelehnt hatten.

Danilho Doekhi köpfte Union in der 21. Minute der Nachspielzeit der ersten Hälfte in Führung.
Danilho Doekhi köpfte Union in der 21. Minute der Nachspielzeit der ersten Hälfte in Führung.

© dpa/Andreas Gora

Unions Präsident Dirk Zingler hatte in der vergangenen Woche wie andere Vereine eine Wiederholung der umstrittenen Abstimmung der DFL-Klubs gefordert. Die Köpenicker Ultras hatten schon am Mittwoch in Mainz für eine lange Spielunterbrechung gesorgt und setzten ihren Protest gegen die Pläne der DFL, einen Investor gegen die Zahlung von rund einer Milliarde Euro an den zukünftigen TV-Geldern zu beteiligen, am Samstag fort.

Nach zwölf Minuten Stimmungsboykott, der einzig von lauten Pfiffen gegen den vor zwei Wochen nach Wolfsburg gewechselten Kevin Behrens unterbrochen wurde, startete der übliche „Scheiß-DFL“-Wechselgesang. In der 27. Minute flogen dann die ersten Tennisbälle und das Spiel wurde unterbrochen. Auf großen Spruchbändern in der Waldseite war zu lesen: „Private-Equity-Heuschrecken ohne Einflussnahme? Verkauft uns nicht für dumm! DFL-geprüfte Investoren: mitfinanziert vom saudischen Blutgeld. Wie man sich bettet, so liegt man!“

Die erste Unterbrechung dauerte zwölf Minuten, wenige Sekunden nach Wiederbeginn flogen jedoch die nächsten Tennisbälle von der Waldseite. Schiedsrichter Jöllenbeck hatte genug und beorderte die Mannschaften in die Katakomben. Die Berliner Ultras sangen höhnisch: „Auf Wiedersehen!“

20 weitere Minuten später ging es dann nach einer kurzen Erwärmungsphase wieder los – doch kurz darauf demonstrierte der Gästeblock, dass auch in den Wolfsburger Sportgeschäften noch genügend Tennisbälle vorrätig sind. Die Fans beider Mannschaften schmetterten minutenlang ein ohrenbetäubendes „Ihr macht unseren Sport kaputt“ durch das Stadion.

Während sich die Berliner Spieler nicht zu den Protesten äußern wollten, sprach sich Wolfsburgs Trainer Niko Kovac in der Pressekonferenz für eine schnelle Lösung des Streits aus. „Ich verstehe Proteste, die gehören – ob auf der Straße oder im Stadion – zur Demokratie dazu. Aber wir sollten langsam gemeinsam einen Weg finden, damit das aufhört. Wir können nicht jedes Mal 30 Minuten länger spielen.“

Als in den anderen Begegnungen bereits lange die zweite Hälfte lief, ging es in Berlin doch noch weiter. Der Spielfluss war durch die mehrfachen und langen Unterbrechungen jedoch völlig verloren gegangen. Erst nach der Halbzeitpause fanden die Mannschaften in einen Rhythmus – und jener der Gäste war deutlich offensiver. Wolfsburg hatte durch Lovro Majer und zweimal Jonas Wind gute Chancen, scheiterte aber am starken Frederik Rönnow oder den eigenen Nerven. So blieb es am Ende eines denkwürdigen Bundesligaspiels beim 1:0 für Union.

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