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Flüchtlinge in einer Erstaufnahmeeinrichtung.

© dpa/Boris Roessler

Bund-Länder-Gipfel am Montag: Was sich Kommunen vom Bund beim Thema Migration versprechen

Am Montag treffen sich Vertreter der Städte, Gemeinden, Landkreise und des Bundes im Kanzleramt. Was sie sich jeweils davon erhoffen und was der Chef der größten Ausländerbehörde dazu sagt.

Die Kommunen setzen darauf, dass der Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern im Kanzleramt an diesem Montag ihnen mehr Geld und zügigere Asylverfahren bringt. „Wir erwarten, dass Bund und Länder die Kosten für Unterbringung, Verpflegung und Integration der nach Deutschland geflüchteten Menschen vollständig übernehmen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, dem „Handelsblatt“.

Bisher zahlt der Bund nur einen Teil der Kosten der Unterkunft. „Der Bund ist verantwortlich für fehlende Begrenzung und Steuerung der Zuwanderung und damit die erheblich steigenden Kosten auf kommunaler Ebene“, sagte der Präsident des Landkreistags, Reinhard Sager.

„Wir plädieren für ein Migrationsgesetzbuch, in dem die verschiedenen Maßnahmen für die unterschiedlichen Gruppen, wie auch Leistungen und mögliche Sanktionen, abschließend beschrieben werden“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen des Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

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„Die Prinzipien “Steuern, Ordnen, Begrenzen, Integrieren und nachhaltig finanzieren’ müssen endlich in konkrete gesetzgeberische Maßnahmen umgesetzt werden“, sagte Landsberg. „Dabei muss man sich ehrlich machen: Es gibt keine einfache und keine kurzfristige Lösung, sondern es kommt darauf an, die verschiedenen Bausteine zusammenzufügen, um die notwendigen Ergebnisse zu erzielen.“

Landsberg sprach sich zudem für einen speziellen digitalen Ausweis für Flüchtlinge aus. In diesem sollten „die Identität, der Status und gegebenenfalls auch die beruflichen Kenntnisse oder besondere gesundheitliche Anforderungen festgeschrieben werden können“.

Städtetags-Präsident Markus Lewe sagte der „Rheinischen Post“: „Konkret fordern wir vom Bund eine Pro-Kopf-Pauschale von mindestens 10.000 Euro pro Geflüchteten pro Jahr, deutlich mehr Unterstützung für die Integrationskosten in den Städten und die vollständige Übernahme der Kosten der Unterkunft für Geflüchtete.“ Man brauche jetzt eine dauerhafte Lösung, die nicht immer wieder neu verhandelt werden müsse.

Mehr Personal fürs Bamf gefordert

„Der Bund muss beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für mehr Personal sorgen, damit Anhörungsverfahren zeitnah und noch schneller durchgeführt werden können“, sagte der CDU-Politiker Lewe der Funke-Mediengruppe. „Die Länder wiederum müssen dafür sorgen, dass die Verfahren an den Verwaltungsgerichten schneller abgeschlossen werden.“

Schnellere Rückführungen von Menschen ohne Bleibeperspektive seien erst dann möglich, wenn es final abgeschlossene Asylverfahren gebe, sagte Lewe. „Heute dauern diese Verfahren je nach Bundesland mehr als ein Jahr, teilweise über zwei Jahre. Wenn die Ministerpräsidentenkonferenz hier Ergebnisse bringt, die dann auch schnell umgesetzt werden, könnte das die Städte perspektivisch entlasten.“

Engelhard Mazanke, Direktor des Berliner Landesamts für Einwanderung, der größten Ausländerbehörde Deutschlands, verweist auf die im Mai beim Bund-Länder-Gipfel gefassten Beschlüsse, die nun mit Leben gefüllt werden müssten.

„Bürokratieabbau vorantreiben“

„Für die überlasteten Migrationsbehörden bundesweit wünsche ich mir, dass der im Frühjahr begonnene Prozess des Bürokratieabbaus vorangetrieben, ja überhaupt wieder aufgenommen wird“, sagte Mazanke dem Tagesspiegel. Es brauche mehr und entschiedenere Gesetzesänderungen des Bundes, unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände und von Praktikern aus den Ausländerbehörden.

Dadurch könnten diese schnell entlastet werden und Rückstände abbauen. „Es ist ja nicht hinnehmbar, dass bundesweit Kunden der Ausländerbehörden monatelang auf freie Termine warten.“ Es gebe viele Vorschläge aus der Praxis, etwa zur Geltungsdauer von Aufenthaltserlaubnissen oder zur Streichung von Beteiligungspflichten der Bundesagentur für Arbeit im Verfahren.

„Weiter wünsche ich mir, dass der Beschluss zur personellen Stärkung der Ausländerbehörden und zu deren Digitalisierung noch einmal bekräftigt wird“, sagte Mazanke. Das müsse in den Ländern angegangen werden.

Rückendeckung bekamen die Kommunen am Sonntag von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der in erster Linie den Bund in der Pflicht sieht: „Die bisher in Aussicht gestellte Beteiligung ist völlig unzureichend und wird der dramatischen Situation vor Ort nicht annähernd gerecht“, sagte der CSU-Vorsitzende der „Augsburger Allgemeinen“.

Unsere Kommunen befinden sich am absoluten Limit. Ohne die finanzielle Absicherung der notwendigen Maßnahmen durch den Bund werden die Herausforderungen der Zuwanderung nicht zu lösen sein.“

Kretschmer: „Diese Politik spaltet dieses Land“

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig sagte dem „Spiegel“: „Wir erwarten vom Bund, dass er sich dauerhaft und verlässlich zur Hälfte an den Kosten beteiligt. Bund, Länder und Kommunen werden diese Aufgabe nur gemeinsam schultern können“, sagte Die Migration sei aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger aktuell das wichtigste Problem in Deutschland. Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder hätten dazu parteiübergreifend gemeinsame Vorschläge gemacht.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer warf der Bundesregierung laut „Spiegel“ vor, dem gesellschaftlichen Klima zu schaden. „Diese Politik, die da jetzt in Berlin betrieben wird, und die Weigerung, jetzt zu handeln, obwohl 16 Ministerpräsidenten parteiübergreifend Vorschläge gemacht haben oder auch die kommunale Ebene ganz klar sagt, was ist, was notwendig ist, spaltet dieses Land“. Der CDU-Politiker beschuldigte die Ampel-Koalition zudem, sich über die in Teilen der Bevölkerung verbreitete Skepsis gegenüber Zuwanderung hinwegzusetzen.

FDP für Einführung von Bezahlkarten

Die FDP drängt dem „Spiegel“-Bericht zufolge zur raschen Einigung bei der Einführung von Bezahlkarten für Schutzsuchende. „Es muss endlich einen gemeinsamen Fahrplan zur Einführung von Bezahlkarten für Asylbewerber geben“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle dem Nachrichtenmagazin. Bund und Länder dürften bei diesem Thema nicht mit dem Finger aufeinander zeigen, sondern müssten gemeinsam in der Verantwortung stehen. 

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sprach sich im Portal „The Pioneer“ für regelmäßige Asylverfahren außerhalb Europas aus. Diese müssten entlang der rechtsstaatlichen Prinzipien und gemäß der Menschenrechtskonventionen erfolgen. In der Bund-Länder-Runde müsse es außerdem um „schnellere Asylverfahren per Gesetz für Menschen aus Staaten mit sehr geringer Schutz-Quote“ gehen, um eine „Senkung der Fehlanreize für einen längeren Verbleib in Deutschland“ und um die bundesweit einheitliche Einführung einer Bezahlkarte.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nannte in der „Welt“ eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittländer „hochproblematisch“. Zugleich forderte er mehr finanzielle Unterstützung der Länder durch den Bund und sprach sich für die Einführung von Bezahlkarten für Geflüchtete anstelle von Bargeld aus: „Gerade aus den nordafrikanischen Staaten kommen immer wieder junge Männer in die EU und nach Deutschland, deren Ziel es ist, Geld an ihre Familien zu überweisen. Das mag verständlich sein, ist aber eindeutig nicht Sinn des politischen Asyls.“

Grünen-Chef Omid Nouripour mahnte in der „Rheinischen Post“ mehr Unterstützung für die Kommunen bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen an. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) appellierte im MDR an die Verantwortung des Bundes. Dieser übernehme nur einen Bruchteil der Kosten für Geflüchtete, obwohl er in der Verantwortung stehe. (mit dpa/AFP/Reuters)

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