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An diesem Montag wieder: Der Kanzler und sein Kabinett empfangen die Ministerpräsidentenkonferenz im Kanzleramt - hier ein Bild vom November 2022. 

© dpa/Kay Nietfeld

Gibt Scholz den Ländern nach?: Worum es im Finanzstreit um Flüchtlingskosten geht

Die Ministerpräsidenten drängeln, der Kanzler blockt: Nach monatelangem Hin und Her soll es an diesem Montag eine Verständigung geben. Was liegt auf dem Tisch?

Es ist ein geschäftiges Wochenende für die Spitzen in Bund und Ländern gewesen. An diesem Montag treffen sich Kanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK). Das Hauptthema wird die Flüchtlingspolitik sein. Und da vor allem die Finanzen: Wie teilen sich Bund, Länder und Kommunen die Kosten der Geflüchteten, für Verwaltung, Unterbringung, Verpflegung, Sprachkurse und anderes mehr?

Eine geeinte Beschlussvorlage gab es bis Sonntag nicht. Bekannt geworden ist nur ein Entwurf vom 18. Oktober, in dem unter der Überschrift „Solidarische Kostentragung“ lapidar vermerkt ist, dass bei Bund und Ländern unterschiedliche Auffassungen bestehen und das Thema daher am 6. November beraten werde.

Ganz ohne Vorlage wird das allerdings nicht klappen. So saßen die Beteiligten also zur Vorbereitung seit Freitag zusammen, wenn auch schön getrennt nach Parteifarbe – Sozialdemokraten hie, Unionisten da, und auch FDP und Grüne berieten.

Gelingt eine Verständigung?

Einzig das Gespräch zwischen Scholz und Unions-Fraktionschef Friedrich Merz (begleitet vom CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt) am Freitag war parteiübergreifend – aber ergebnislos über das Aufzählen der mehr oder weniger strittigen Punkte hinaus, wie es in Berlin heißt.

Bei den Finanzen zeichnete sich so zunächst keine Verständigung ab, auch wenn in Länderkreisen davon ausgegangen wurde, dass das Kanzleramt am Montag – mutmaßlich kurzfristig - noch etwas vorlegen werde.

Die Länder stehen hier geschlossen gegen den Bund. Sie verlangen neben einer höheren Bundesbeteiligung vor allem die Rückkehr zu einem System, in dem sich die Zahlungen an Länder und Kommunen an der Zahl der Flüchtlinge orientieren. Die Ministerpräsidenten sprechen gern von einem „atmenden System“. Manuela Schwesig (SPD), Regierungschefin in Mecklenburg-Vorpommern, sagte dazu am Wochenende: „Wenn mehr kommen, gibt es auch mehr Geld, und wenn weniger da sind, weniger.“

5000 Euro oder 10.500?

Die offene Frage ist, wie viel der Bund pro Flüchtling gibt – wobei es hier aus Sicht der Länder nicht nur um Erstanträge geht, sondern auch die Folgeanträge. Die MPK hat im Oktober gefordert, dass der Bund jährlich pauschal 1,25 Milliarden Euro an die Länder gibt. Zudem müsse es für jeden Asylantragsfall eine Zahlung von mindestens 10.500 Euro pro Jahr geben. Der Bund will aber bisher nur 5000 Euro zugestehen.

Drittens soll der Bund nach dem Wunsch der MPK die grundsätzlich von den Kommunen zu übernehmenden Kosten der Unterkunft für Flüchtlinge komplett übernehmen. Dazu heißt es von Bundesseite, dass seit 2020 eine deutlich höhere Bundesbeteiligung für die Kosten der Unterkunft für alle Bedürftigen gelte – die Kommunen seien dadurch um vier Milliarden Euro pro Jahr entlastet worden.

Streit seit Mai

Der Streit zieht sich nun seit Mai hin, als Scholz (und Finanzminister Christian Lindner) sich weigerten, den Ländern entgegenzukommen und sich nur dazu bereitfanden, über die Sache im November nochmals zu reden. Seither hauen sich beide Seiten in den internen Runden die immer gleichen Zahlen um die Köpfe. Die Länder errechnen (Kommunalausgaben eingeschlossen) eine Gesamtbelastung von 23,3 Milliarden Euro in diesem Jahr, mehr als doppelt so viel wie 2021.

Der Bund hält Ausgaben für Fluchtmigration in Höhe von 30 Milliarden Euro in diesem Jahr dagegen – und verweist darauf, dass Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen nach der Verfassung nicht seine Aufgabe sei. Was die Länder mit dem Argument kontern, dass nicht sie, sondern der Bund für Migrationspolitik als Ganzes und damit auch für die Steuerung der Flüchtlingszahlen verantwortlich sei.

Immerhin ist man sich mittlerweile in einem Punkt einig: Dass es in diesem Jahr mehr als 300.000 neue Asylanträge geben wird, mehr als doppelt so viele wie 2021. Zum Vergleich: 2016, als vor allem aus Syrien viele Flüchtlinge kamen, waren es mehr als 720.000.

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