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Annalena Baerbock und Robert Habeck bekommen Unterstützung für ihren Kurs.

© picture alliance/dpa/Michael Kappeler

Flüchtlingspolitik: Grüne Realos fordern verstärkte Rückführung

Zoff bei den Grünen: Knapp 200 grüne Realos fordern die Parteispitze auf, sich stärker für Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber einzusetzen.

| Update:

An der grünen Basis wird der Ruf nach einer restriktiveren EU-Flüchtlingspolitik laut. In einem Brief an die grüne Partei- und Fraktionsführung sowie an Außenministerin Annalena Baerbock und Vizekanzler Robert Habeck stellen sich knapp 200 grüne Realos bei der Debatte um die Reform der EU-Asylpolitik hinter die Haltung der Bundesregierung.

„Wir wollen Euch mit diesem Brief bestärken in den harten und schwierigen Verhandlungen auf europäischer Ebene im Sinne des gesellschaftlichen Zusammenhalts in unserem Land sowie als Signal zur Unterstützung für unsere Kommunen“, heißt es in dem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt.

Es gehe darum, „eine gerechte und faire europäische Asylpolitik zu verhandeln, die auf den Prinzipien und Werten von Humanität und Ordnung fußt“. Weiter heißt es: „Wir begrüßen dabei den Ansatz, die unbestreitbar chaotischen Zustände an den EU-Außengrenzen durch schnelle und rechtstaatliche Grenzverfahren abzumildern.“ Dieser Hinweis darf verstanden werden als Plazet des von der EU-Kommission und Deutschland angestrebten Vorschlags, Asylanträge bereits an den EU-Außengrenzen zu prüfen.

Gleichzeitig bitten wir Euch, noch stärker als bisher Möglichkeiten der Rückführung zu prüfen, die Kapazitäten für diejenigen zu schaffen, die unseren Schutz brauchen.

Brief grüner Realos an ihre Führung

Außerdem fordern die grünen Realos eine schnellere Abschiebung von nicht-Asylberechtigten in Deutschland. „Gleichzeitig bitten wir Euch, noch stärker als bisher Möglichkeiten der Rückführung zu prüfen, die Kapazitäten für diejenigen zu schaffen, die unseren Schutz brauchen“, heißt es in dem Brief.

Abschiebungen waren zuletzt nur leicht gestiegen

In ihrem Koalitionsvertrag hatte sich die Ampel 2021 eine „Rückführungsoffensive“ verankert. Die Zahl der Abschiebungen ist 2022 jedoch gegenüber 2021 nur gering gestiegen. Im vorigen Jahr wurden 12.495 Menschen abgeschoben, nur acht Prozent mehr als 2021. Die Zahl der Asylbewerber stieg um ein gutes Viertel.

Unterzeichnet wurde der Brief unter anderem von dem früheren baden-württembergischen Umweltminister Franz Untersteller, Ex-Bundestagsfraktionschef Rezzo Schlauch, der Europapolitikerin Rebecca Harms, Ex-Entwicklungshilfe-Staatssekretärin Uschi Eid und dem früheren Bürgermeister von Berlin-Mitte, Stefan von Dassel.

Ex-Grünen Fraktionschef Rezzo Schlauch hat den Brief ebenfalls unterschrieben.

© picture alliance / dpa

In dem Aufruf, den Brief zu unterschreiben, heißt es, dieser solle „unsere Partei- und Fraktionsführung sowie unsere grünen Kabinettsmitglieder im Zusammenhang mit den derzeit laufenden europäischen Verhandlungen unterstützen“. Der Brief solle „deutlich dazu dienen, dass grüne Mitglieder ihren Kurs unterstützen und es parteiintern für die schwierigen Entscheidungen auch Mehrheiten gibt“.

„Die Kommunen im Land setzen seit Wochen Hilferufe ab, aber die Grünen haben sich geweigert, das zu diskutieren und es stattdessen bewusst ignoriert“, sagte Schlauch dem Tagesspiegel. Er erwarte nicht, dass sich das Problem in den Kommunen durch eine Verschärfung des EU-Asylrechts schlagartig ändere, aber man müsse sich dem Problem stellen. Die Kritik des linken Parteiflügels, humanitäre Werte aufzugeben, wies er von sich: „Ich kann nicht erkennen, dass es human ist, Menschen, die keine Bleibeperspektive haben, unter problematischen Standards unterzubringen. Der Begriff der Humanität ist hier doch ein Etikettenschwindel.“

Erst am Dienstag war ein Brief linker Grüner an die Bundes-Führung ihrer Partei bekannt geworden, in der sie Kritik an den Plänen für eine EU-Asylrechtsreform und an der Haltung der Parteispitze geübt hatten. In dem von 730 Parteimitgliedern unterzeichneten Schreiben warnten diese vor einem Kurs der „Abschreckung und Abschottung“ und beklagte Plänen zu einer „massiven Beschneidung des Asylrechts“.

In Luxemburg stimmten die EU-Innenminister am Donnerstagabend für eine deutliche Verschärfung des gemeinsamen europäischen Asylsystems (GEAS). Die Grünen hatten bereits im Vorfeld große Teile des Vorschlags der EU-Kommission kritisch gesehen. Auf ihrem kleinen Parteitag am nächsten Wochenende wollen sie dazu einen gemeinsamen Antrag verabschieden – doch um den gibt es bereits im Vorfeld großen Streit.

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