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Alexis Tsipras, Chef der linken Partei Syriza.

© Reuters/Angelos Tzortzinis/Pool

Schlüsselfigur der Krisenzeit: Was wird aus dem früheren Premierminister Alexis Tsipras?

Das Ergebnis ist ein Desaster für Syriza: Bei der Wahl am Sonntag holten die Linken weniger als 20 Prozent. Der Stuhl des langjährigen Parteichefs wackelt.

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Im Jahr 2015, während der Wirtschaftskrise in der Eurozone, war der griechische Ministerpräsident in der Menge der europäischen Staats- und Regierungschefs leicht zu erkennen: Er war der Jüngste und immer der, der keine Krawatte trug.

Acht Jahre später ist Tsipras mit seiner linken Partei Syriza an einem Tiefpunkt angelangt: Er erhielt am Sonntag 23 Prozentpunkte weniger als die seit 2019 regierende Gewinnerin, die konservative Neue Demokratie.

Aufstieg als junger Aktivist

Alexis Tsipras wurde am 28. Juli 1974 in Athen geboren, dem Jahr, in dem die Miltärdiktatur der griechischen Obristen endete. Als Schüler prägten ihn die Demonstrationen gegen die Bildungsreformen, als 17-Jähriger führte er, Mitglied der Kommunistischen Jugend Griechenlands, die Besetzung seiner Schule an.

Später landete er in der Jugend der Linkskoalition, einer Vorläuferin von Syriza. Der junge Aktivist stieg schnell auf

11
Prozent der Stimmen holte Tsipras, als er 2006 für das Bürgermeisteramt Athens antrat

Bevor er sich auf die Politik konzentrierte, arbeitete Alexis Tsipras als Bauingenieur, während er sein Profil weiter schärfte und 2006 im Alter von 32 Jahren für das Amt des Bürgermeisters von Athen kandidierte. Er verlor zwar, erhielt aber fast 11 Prozent der Stimmen – mehr als doppelt so viel wie die Partei in anderen Umfragen erhielt.

Im Jahr 2008 wurde Tsipras, ein ausgezeichneter Redner, mit überwältigender Mehrheit Vorsitzender der Linkskoalition, kam 2009 ins Parlament und übernahm dort den Vorsitz von Syriza.

Anti-Spar-Koalition mit den Rechten

Es war die Zeit der Finanz- und Wirtschaftskrise, die sich ab 2010 dramatisch zuspitzte. Um den Staatsbankrott abzuwenden, schickten EU und Internationaler Währungsfonds Milliardenkredite ins Land, zwangen Athen aber auch zu drastischen Streichungen.

Syriza, die sich zur Speerspitze der Proteste gegen Verarmung und Arbeitslosigkeit machte, erreichte im Januar 2015 ein so gutes Ergebnis, dass Tsipras Regierungschef wurde – allerdings mit der rechtsgerichteten Partei der „Unabhängigen Griechen“, da seine Partei die absolute Mehrheit verfehlte. Die beiden verband die gemeinsame Ablehnung der Sparpolitik.

23
Prozentpunkte hinter der Neuen Demokratie landete Syriza bei der Wahl am Sonntag

Dies musste mit den Vorstellungen der Kreditgeber kollidieren. Tsipras wandte sich direkt ans Volk und gewann im August 2015 ein Referendum über die Bedingungen des Rettungspakets.

Der entzauberte Held der Krise

Bei den anschließenden Wahlen errang seine Partei 145 von 300 Sitzen und bildete erneut eine Koalition mit den Unabhängigen Griechen.

Doch was nun folgte, entzauberte den Helden gegen das Spardiktat: Tsipras begann, die Forderungen weitgehend zu erfüllen, trotz erbitterter Widerstände von Bürger:innen und Gewerkschaften. Auch die wirtschaftliche Lage besserte sich langsam, und im August 2018 konnte Tsipras verkünden, dass die Aufsicht von außen beendet sei und die „Memoranden der Sparpolitik, der Rezession und der sozialen Verwüstung“ der Vergangenheit angehörten.

Doch Tsipras’ Stern sank unaufhaltsam – wohl auch, weil die besseren Wirtschaftsdaten kaum im Alltag seiner Landsleute zu spüren waren. Syriza verlor die Kommunal- und Europawahlen, schließlich die Parlamentswahl. Seit Sommer 2019 regiert wieder die konservative Neue Demokratie.

Das Ergebnis von Sonntag ist nach der im Mai seine fünfte Niederlage in Folge. Tsipras muss jetzt um den Platz an der Spitze seiner Partei fürchten.

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