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Die Regierungspartei „Neue Demokratie“ konnte die Wahl in Griechenland für sich entscheiden: Hier feiert Wahlsieger Kyriakos Mitsotakis.

© action press/Marios Lolos

Klarer Sieg der Konservativen: Rückt Griechenland jetzt nach rechts?

Die konservative „Neue Demokratie“ hat die griechische Parlamentswahl deutlich gewonnen. Auch mehrere rechtsextreme Parteien konnten sich Sitze sichern. Und nun?

Von George Tsakiris

Nach seinem überwältigenden Sieg in der zweiten Runde der griechischen Parlamentswahl innerhalb von nur fünf Wochen bleibt Kyriakos Mitsotakis, Vorsitzende der konservativen Partei „Neue Demokratie“, Regierungschef. Dank einer Änderung des Wahlgesetzes, die in der zweiten Wahlrunde der stärksten Partei zusätzliche Sitze einräumt, erhielt Mitsotakis’ Partei voraussichtlich 158 der 300 Sitze im Parlament.

Dieser Triumph verschaffte dem Konservativen eine komfortable parlamentarische Mehrheit, um eine Regierung für seine zweite vierjährige Amtszeit zu bilden. Sein Hauptgegner Alexis Tsipras musste mit ansehen, wie seine linke Partei Syriza zusammenbrach – war gezwungen, Neuwahlen für den Parteivorsitz anzukündigen.

Die Wahlbeteiligung erreichte am Sonntag einen historischen Tiefstand: 47,18 Prozent der Wähler blieben den Urnen fern – die höchste Enthaltungsquote seit dem Sturz der Militärjunta im Jahr 1974, wenn nicht schon früher.

Die Wahl fand kurz nach dem tragischen Unglück im Mittelmeer statt, bei dem ein Migrantenschiff vor der griechischen Westküste gekentert war. Zahlreiche Menschen verloren dabei ihr Leben, nur wenige konnten gerettet werden. Dies weckte Bedenken über die Migrationspolitik des Landes und das Vorgehen der griechischen Behörden bei der Seenotrettung.

Dennoch hatte die Katastrophe keinen nennenswerten Einfluss auf die Wahlen, da sich die Wähler in erster Linie auf innenpolitische Wirtschaftsfragen konzentrierten.

Insgesamt schafften acht Parteien die für den Einzug ins Parlament erforderliche Drei-Prozent-Hürde, darunter die ultrareligiöse Partei Niki (deutsch: „Sieg“) und die rechtsextreme Partei Spartiates („Spartaner“), die von einem ehemaligen Gesetzgeber unterstützt wird, der derzeit inhaftiert ist und ursprünglich der inzwischen verbotenen Partei Goldenen Morgenröte angehörte, die für ihre von den Nazis inspirierte Ideologie bekannt ist.

47,18
Prozent der Wahlberechtigten sind nicht zur Wahl gegangen, ein historisches Tief

„Der Aufstieg der extremen Rechten begann in den Jahren der Finanzkrise, als die Wut im Lande überschwappte. In den Jahren danach schien es, als könnte sich die Lage beruhigen, vor allem bei den Wahlen 2019. Die große Krise für Griechenland ist zwar vorbei, aber die Probleme bleiben durch die Covid-Pandemie, die Energiekrise und den Krieg in der Ukraine bestehen“, sagt der griechische Politikwissenschaftler Panos Stathopoulos dem Tagesspiegel.

„All das, zusammen mit der feindlichen Haltung gegenüber dem politischen Establishment in einem großen Teil der Gesellschaft, hat die Stimmen der Rechtsextremen erhöht. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation mit der neuen Regierung entwickelt und ob die von ihr verfolgte Politik den Aufstieg der extremen Rechten eindämmen kann.“

Aber wer sind die Extremisten, die künftig auch im griechischen Parlament sitzen werden?

„Zunächst einmal würde ich die ultraorthodoxe Partei in eine eigene Kategorie sortieren. Ihre Anhänger sind welche, die Identitätsprobleme haben. Sie sind gegen Abtreibung, gegen jede Reform, gegen LGTBQ-Rechte. Es sind ultrakonservative, ultraorthodoxe Leute“, sagt der politische Analyst Yiannis Koutsomytis.

„Die Mitglieder der Neonazi-Partei sind der Meinung, dass sie das politische System als Ganzes herausfordern können. Sie betrachten alle anderen als Verräter und sind gegen die Europäische Union, gegen die Banken, gegen das ganze Narrativ der rechtsextremen Parteien in Europa und den USA.“

Der alte und nun wieder gewählte Regierungschef Mitsotakis hat angekündigt, keine Pushbacks an den Grenzen durchzuführen, aber dennoch illegale Einreisen zu verhindern. Sehr wahrscheinlich wird er an dieser Strategie festhalten, hat aber im Parlament zugleich die Unterstützung einer eindeutig flüchtlingsfeindlichen, fremdenfeindlichen Gruppe von Parteien, die zusammen 13 Prozent der politischen Landschaft ausmachen. Wie sich das auf seine Politik auswirken wird, zeigt die Zeit – und wahrscheinlich nächste Flüchtlingsdrama im Mittelmeer.

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