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Der britische Innenminister James Cleverly (m.) nach seiner Ankunft in Kigali.

© REUTERS/Ben Birchall/Pool

Update

Dem Urteil des Obersten Gerichts zum Trotz: Großbritannien unterzeichnet Migrationsabkommen mit Ruanda

Vor knapp einem Monat kippte der Supreme Court die umstrittenen Abschiebepläne der konservativen Regierung. Dennoch setzte der britische Innenminister nun einen Vertrag mit Ruanda auf.

| Update:

Trotz eines abschlägigen Urteils des höchsten britischen Gerichts zur Abschiebung von Flüchtlingen nach Ruanda haben Großbritannien und das ostafrikanische Land ein neues Migrationsabkommen geschlossen. Der britische Innenminister James Cleverly und der ruandische Außenminister Vincent Biruta unterzeichneten am Dienstag in ruandischen Hauptstadt Kigali ein entsprechendes Vertragswerk.

Cleverly und Biruta verwiesen auf die hohe Motivation beider Seiten, das Abkommen an das Urteil anzupassen. „Wir haben nicht vor, uns von der Partnerschaft zurückzuziehen“, sagte der ruandische Außenminister bei einer gemeinsamen Pressekonferenz.

Irregulär nach Großbritannien eingereiste Asylsuchende sollen umgehend nach Ruanda ausfliegen, wo sie Asyl beantragen können. Weitere Details zu dem neuen Abkommen blieben jedoch zunächst offen. Zuvor hieß es von britischer Seite, dass eine Rückkehr nach Großbritannien ausgeschlossen sei.

Die Vereinbarung werde die Sorgen des Supreme Court berücksichtigen, hatte das Innenministerium in London am Vormittag mitgeteilt. Der stellvertretende Regierungssprecher Ruandas, Alain Mukuralinda, gab nun an, dass beide Länder ein gemeinsames Gericht aus ruandischen und britischen Richtern in Kigali einrichten würden, um sicherzustellen, dass keine der nach Ruanda gebrachten Immigranten in ihre Heimat abgeschoben werden.

Der britische Innenminister Cleverly nach seiner Landung auf dem internationalen Flughafen von Kigali in Ruanda.
Der britische Innenminister Cleverly nach seiner Landung auf dem internationalen Flughafen von Kigali in Ruanda.

© dpa/PA Wire/Ben Birchall

Die konservative Sunak-Regierung steht unter erheblichem Druck des rechten Flügels, die Migration deutlich einzuschränken. Gegner kritisieren, das Vorhaben verstoße gegen das internationale Asylrecht. Sunak will als nächsten Schritt dringlich Gesetze im Parlament ändern lassen, um Ruanda als sicheren Drittstaat einstufen zu lassen. „Ich habe genug davon, dass unsere Ruanda-Politik blockiert wird“, schrieb er am Dienstag in der Zeitung „The Sun“. 

Der Supreme Court in London hatte vor wenigen Wochen die Pläne der Regierung als rechtswidrig verworfen. Das Oberste Gericht hatte seine Ablehnung unter anderem mit rechtsstaatlichen Defiziten in dem Land begründet.

Visabedingungen ebenfalls drastisch verschärft

Bereits am Montag hatte die britische Regierung eine Verschärfung der Visabedingungen für ausländische Arbeitskräfte angekündigt. Von Frühling 2024 an müssen Facharbeiter mindestens 38.700 Pfund (45.150 Euro) statt bisher 26.200 Pfund Jahresgehalt beziehen, damit sie nach Großbritannien kommen dürfen, wie Innenminister Cleverly mitteilte.

Der britische Premier Sunak.
Der britische Premier Sunak.

© IMAGO/ZUMA Wire/IMAGO/Thomas Krych

Das Sunak-Kabinett steht vor allem in den eigenen Reihen erheblich unter Druck, die Zuwanderung drastisch zu senken. Pflegekräfte sowie Studierende dürfen zudem ihre Angehörigen nicht mehr mit ins Land bringen. Die verpflichtenden Gesundheitsgebühren sollen um zwei Drittel auf mehr als 1000 Pfund steigen.

Cleverly sagte, seine Pläne würden zum größten Rückgang der Nettomigration in der britischen Geschichte führen. Die Regierung rechnet mit etwa 300.000 Zuwanderern weniger. Cleverly wolle, „diese Partnerschaft voranzutreiben, um die Boote zu stoppen und Leben zu retten“, sagte der britische Innenminister vorm Antritt seiner Reise. Fast 30.000 Menschen sind in diesem Jahr bisher per Boot über den Ärmelkanal nach Großbritannien gekommen, im Vorjahr waren es fast 46.000. 

Im vergangenen Jahr waren unterm Strich 745.000 Migrantinnen und Migranten ins Vereinigte Königreich gekommen. Das waren deutlich mehr als vor dem Brexit, der die Freizügigkeit beenden sollte. Seitdem hat die Zahl der Migranten aus EU-Staaten zwar stark nachgelassen.

Ein neues punktebasiertes Einwanderungssystem führte aber dazu, dass deutlich mehr Menschen aus Nicht-EU-Ländern einwanderten. (dpa, AFP)

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