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© dpa/Fabian Strauch

Update

Wegen möglicher Zusammenarbeit mit AfD: CDU-Chef Merz erntet heftige Kritik aus Berlin und Brandenburg

Friedrich Merz äußert sich zu einem möglichen gemeinsamen Vorgehen mit der AfD. Kritik kommt unter anderem von Senatschef Wegner. Schließlich veröffentlicht Merz eine Klarstellung.

| Update:

Nach Äußerungen zu einem möglichen gemeinsamen Vorgehen mit der AfD auf kommunaler Ebene ist CDU-Parteichef Friedrich Merz auch in Berlin und Brandenburg auf Kritik gestoßen. Mehrere CDU-Politiker lehnten öffentlich eine Zusammenarbeit mit der AfD auch auf kommunaler Ebene ab. Christian Gräff, Wirtschaftsexperte der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, stellte nach Merz’ Äußerungen sogar dessen Eignung als Spitzenkandidat der Union bei der nächsten Bundestagswahl infrage. SPD-Landeschef Raed Saleh warf ihm eine „kalkulierte Grenzüberschreitung“ vor.

Berlins Regierender Bürgermeister und CDU-Landeschef Kai Wegner stellte sich noch am Sonntagabend gegen seinen Parteivorsitzenden Friedrich Merz. In ungewöhnlicher Deutlichkeit kritisierte Wegner auf Twitter: „Die AfD kennt nur Dagegen und Spaltung. Wo soll es da ZUSAMMENarbeit geben?“

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Zuvor hatte Merz am Sonntag eine Zusammenarbeit mit der AfD zumindest auf lokaler Ebene nicht mehr ausgeschlossenam Montagmorgen sah er sich dann zu einer Klarstellung gezwungen. Nach innerparteilicher Kritik an seinen Äußerungen schrieb er auf Twitter: „Um es noch einmal klarzustellen, und ich habe es nie anders gesagt: Die Beschlusslage der CDU gilt. Es wird auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben.“

Der neue CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hatte bereits am Sonntagabend versucht, die Aussagen des CDU-Chefs zu relativieren: Für die CDU sei klar, dass es „keine Zusammenarbeit mit der AfD“ gebe, „egal auf welcher Ebene“, sagte Linnemann der „Bild“. „Das sieht auch Friedrich Merz so, wenngleich er zu Recht auf die schwierige Umsetzung vor Ort hinweist. Denn wenn es im Kommunalparlament etwa um eine neue Kita geht, können wir nicht nur deshalb dagegen stimmen, weil die AfD mitstimmt. Wir machen uns von Rechtsradikalen nicht abhängig.“ Merz veröffentlichte die Aussagen Linnemanns auch auf seinem Twitter-Account.

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Im ZDF-Sommerinterview hatte Merz im Zusammenhang mit den ersten beiden Landräten und Bürgermeistern der AfD gesagt: „Das haben wir doch zu akzeptieren. Und natürlich muss in den Kommunalparlamenten dann auch nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet.“

Etwas anderes sei es auf Landes- oder Bundesebene. Bislang hatte das Kooperationsverbot mit der AfD für alle Ebenen gegolten. „Parteiverbote haben noch nie dazu geführt, dass man ein politisches Problem löst“, sagte er.

Berlins CDU-Chef Wegner twitterte daraufhin am Sonntagabend außerdem noch: „Die CDU kann, will und wird nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Geschäftsmodell Hass, Spaltung und Ausgrenzung ist.“

Damit ist er auf der Linie vom Ex-Bundesgeneralsekretär der CDU, Mario Czaja. Dieser hatte, kurz vor seinem Rauswurf durch Merz, noch einmal betont, dass es mit der AfD auf keiner Ebene eine Zusammenarbeit geben dürfe.

Ablehnung auch aus dem Senat, den Bezirken und Brandenburg

Zustimmung erhielt Wegner vom Berliner CDU-Generalsekretär und Finanzsenator Stefan Evers. Dieser teilte Wegners Tweet auf Twitter mit den Worten „So. Und nicht anders.“

Auch CDU-Kultursenator Joe Chialo, der zudem Mitglied im Bundesvorstand der Partei ist, retweetete Wegners Beitrag und schrieb dazu „Word!!“.

Die AfD-Umfragewerte deutschlandweit dürfen uns nicht ruhig schlafen lassen. Das ist ein Warnsignal an die etablierten Parteien.

Kai Wegner (CDU), Berlins Regierender Bürgermeister und CDU-Landeschef

Am Montag bekräftigte Wegner seine Ablehnung im Fernsehen: „Für mich ist völlig klar, dass es mit mir keine Zusammenarbeit mit der AfD geben wird“, sagte Wegner im RTL/ntv-„Frühstart“ am Montag. „Die AfD will eine andere Gesellschaft. Sie will spalten, sie sät Hass. Und das kann niemals ein Partner für die CDU werden, egal auf welcher Ebene“, so Wegner. „Und das besagt auch der Parteitagsbeschluss. Ich bin mir ganz sicher, dass Friedrich Merz das auch meinte.“ Daran solle auch nichts geändert werden.

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„Wir sollten uns lieber damit beschäftigen, wie die CDU enttäuschte Menschen zurückgewinnen kann für die politische Mitte, statt über Koalitionsfragen beziehungsweise Zusammenarbeitsfragen zu diskutieren“, so der CDU-Politiker. „Das Allesentscheidende ist doch, wie kriegen wir es als CDU hin, dass in allen Landkreisen, in allen Städten Deutschlands die AfD nicht in Regierungsverantwortung kommt“, sagte Wegner. „Die AfD-Umfragewerte deutschlandweit dürfen uns nicht ruhig schlafen lassen. Das ist ein Warnsignal an die etablierten Parteien.“

Brandenburgs CDU-Landes- und -Fraktionschef Jan Redmann rückte ebenfalls von den Aussagen seines Parteichefs ab. „Gerade in Brandenburg besteht kein Zweifel, wes Geistes Kind die AfD ist. Extremisten sind keine Partner der CDU. Deshalb sind und bleiben für uns Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit mit der AfD auf allen Ebenen – auch der kommunalen – ausgeschlossen“, twitterte Redmann am Montagmorgen.

Der Brandenburger Verfassungsschutz hatte den AfD-Landesverband 2020 als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Im vergangenen Jahr galten nach Einschätzung der Behörde in der AfD 730 Menschen als Rechtsextremisten. 

Auch in der Berliner CDU-Fraktion stießen Merz‘ Äußerungen auf Ablehnung. „Eine Zusammenarbeit mit der AfD ist und bleibt ausgeschlossen“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU im Abgeordnetenhaus, Stephan Standfuß. Denn die AfD schaffe es nicht, sich von ihren rechtsradikalen Kräften zu distanzieren.

Standfuß äußerte sich auch grundsätzlicher zur Frage, mit welcher Strategie die CDU in Abgrenzung zur AfD Wähler für sich gewinnen könne. „Wir haben uns im Berliner Wahlkampf gegen Spaltung und Ausgrenzung ganz klar abgegrenzt und trotzdem Probleme angesprochen, die von der AfD zur Hetze gegen bestimmte Teile unserer Gesellschaft genutzt werden. Mit vernünftigen Lösungsansätzen und ohne Populismus kann man Wahlen gewinnen.“ Auch dies dürfte als indirekte Kritik am derzeitigen Kurs von Parteichef Friedrich Merz zu verstehen sein.

Ablehnung erhielt Merz für seine Aussage auch aus der Berliner Bezirksebene: Der Chef der CDU in Treptow-Köpenick, Maik Penn, der auch für die CDU im Abgeordnetenhaus sitzt, teilte mit: „Es gibt eine klare Beschlusslage des Bundesparteitages der CDU, die auch für den Bundesvorsitzenden Friedrich Merz gilt. Demnach gibt es keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD – auf keiner Ebene, aus voller Überzeugung gilt dies auch für Treptow-Köpenick.“

Er wolle Merz ausdrücklich keine strategische Zielrichtung unterstellen, wie dieser gleichermaßen im Interview betont habe, „aber hier bedarf es klarer Haltung und unmissverständlicher Aussagen“, erklärte Penn. „Seitens der CDU Treptow-Köpenick wird es weiterhin weder gemeinsame Anträge in der Bezirksverordnetenversammlung noch irgendwelche Absprachen geben.“

Die AfD stehe für Ausgrenzung, Hass und Protest, „eine Alternative ist sie für keinen aufrechten Demokraten“, sagte Penn. Er unterstütze die Aussagen von Senatschef Kai Wegner, der deutlich mache, dass die beste Strategie gegen die AfD besseres Regieren sei.

Kritik an Merz’ Aussagen übte auch der Reinickendorfer CDU-Abgeordnete Stephan Schmidt. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus erklärte auf Facebook: „Für mich ist und bleibt die AfD kein politischer Partner, auch nicht auf kommunaler Ebene. Ich halte auch gar nichts davon, Prinzipien so offen zu opfern, nur weil Umfragen nervös machen. Dann bitte eigene Inhalte und Positionen hinterfragen und ggf. nachsteuern.“ Klare Haltungen und klaren Kanten honorierten Wähler noch am ehesten, sagte Schmidt.

Kritik kommt auch von Berlins SPD-Chef

„Das Vorgehen von Merz wirkt wie eine kalkulierte Grenzüberschreitung nach dem Motto: zwei Schritte nach rechts und ein Schritt zurück“, sagte Berlins SPD-Fraktions- und Landeschef Raed Saleh am Montag der Deutschen Presse-Agentur. „Äußerungen, die es legitimieren, mit der AfD auf kommunaler Ebene zu kooperieren, sind deshalb so gefährlich, weil sie einer Normalisierung dieser Partei und ihrer menschenverachtenden Positionen Vorschub leisten“, kritisierte Saleh. „Ich bin froh, dass viele CDU-Politikerinnen und -Politiker das genauso sehen und mit heftiger Kritik auf Merz’ Äußerungen reagiert haben.“

Ob im Bundestag, im Landkreis oder im Stadtparlament, die Rechtspopulisten der AfD blieben mit ihrer Ideologie der Spaltung, der Ausgrenzung und des Hasses stets dieselben, sagte Saleh. „Für alle Demokratinnen und Demokraten schließt sich eine Zusammenarbeit mit diesen Feinden der Demokratie aus – ganz gleich auf welcher politischen Ebene.“

Der langjährige Berliner CDU-Abgeordnete Kurt Wansner hält in der Diskussion um die Äußerungen des CDU-Bundesvorsitzenden zum Umgang mit der AfD zu Friedrich Merz. „Ich glaube, da wird ein Thema bewusst in der Sommerpause hochgezogen, um Herrn Merz zu schaden“, sagte der Alterspräsident des Berliner Abgeordnetenhauses der RBB-„Abendschau“ am Montag.

„Wer sich mit seinem Interview und seinen Erklärungen danach mal beschäftigt hat, der stellt fest, bisschen mehr Ruhe, bisschen mehr Sachlichkeit wäre hier in diesem Fall besser gewesen.“ Wansner wies auch innerparteiliche Kritik zurück, allerdings ohne Namen zu nennen: „Es steht ja jedem frei, dem die Stimmungslage von Herrn Merz nicht gefällt, aus der CDU Deutschland auszutreten und möglicherweise in die politische Rente zu gehen.“ (mit dpa)

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