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Der Protest gegen die Poltik der Bundesregierung, Energiepolitik und steigende Preise und Inflation wird unterstuetzt von sog. Querdenker und Rechtsradikalen. Als Folge des Krieges in der Ukraine ist das Hauptthema fuer rechte Parteien in Deutschland jetzt die soziale Frage.

© IMAGO/IPON

Umfrage zu Einstellungen der Berliner: Rechtsextreme Meinungen, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit nehmen zu

Die Ergebnisse des „Berlin Monitors“ zeigen einen eindeutigen Trend. Sozialsenatorin Kiziltepe sagt, sie sei in „großer Sorge“ – und betont, wie wichtig Prävention ist.

Immer mehr Berlinerinnen und Berliner teilen rechtsextreme und rechtsautoritäre Ansichten. Dies geht aus der Studie „Berlin Monitor“ hervor, die Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) mit Studienleiter Gert Pickel von der Universität Leipzig am Montag vorstellte.

Auch Islam- und Muslimfeindlichkeit sowie Antisemitismus nehmen demnach zu. Die Ergebnisse bereiteten ihr „große Sorge“, sagte Senatorin Kiziltepe. „Denn es wird deutlich, dass Rassismus und Antisemitismus tief in der Berliner Bevölkerung verwurzelt sind.“ Sie sei von der „Wucht“ der Zahlen überrascht.

Seit 2019 werden mit dem „Berlin Monitor“ regelmäßig Berlinerinnen und Berliner zu ihren Einstellungen zu Demokratie, Politik und verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen befragt. Für die diesjährige Studie wurden zwischen Ende Mai und Ende Juli 2048 repräsentativ ausgewählte Berliner ab 18 Jahren befragt, teils telefonisch, teils digital.

Die Ergebnisse zeigen: Für einzelne Elemente des Rechtsextremismus gibt es einen sichtbar höheren Zustimmungsgrad als noch 2019.

  • Die Anzahl der Personen, die eine Diktatur unter bestimmten Umständen als die bessere Staatsform bewerten, ist seit 2019 um das Doppelte von vier auf acht Prozent gestiegen.
  • Einen „Führer“, der Deutschland „mit starker Hand regiert“, wünschen sich 31 Prozent. 2019 waren es 19 Prozent gewesen.
  • Eine Mehrheit – 90 Prozent – ist aber weiterhin davon überzeugt, dass die Staatsform der Demokratie am ehesten zur Gesellschaft passt.

Trotzdem zeigte sich Soziologe Pickel von der Entwicklung alarmiert: „Es muss uns nachdenklich stimmen, wenn die rechtsextremen Überzeugungen anwachsen – selbst wenn es sich um Minderheiten handelt“, sagte er.

Gestiegener Antisemitismus – schon vor der Eskalation in Nahost

Aus der Umfrage geht auch ein sichtbarer Anstieg des Antisemitismus hervor. Dabei gilt zu beachten, dass der Umfragezeitraum vor dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober lag. 15 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, der Einfluss der Juden sei zu groß.

Studienleiter Pickel sprach von einer „beachtlichen Steigerung“ vor allem beim sogenannten sekundären und israelbezogenen Antisemitismus. So sagen 27 Prozent, dass die Gründung des Staates Israels eine schlechte Idee war – 14 Prozent mehr als vor vier Jahren. „Antisemitismus scheint etwas zu sein, das in Krisenzeiten eine gewisse Reaktivierung erfährt“, sagte Pickel.

54
Prozent der Befragten halten den Islam für rückständig.

Auch die Verbreitung antimuslimischer Einstellungen wurde im „Berlin Monitor“ untersucht. Diese sind zwar nicht so stark ausgeprägt wie im gesamtdeutschen Vergleich, aber laut Pickel doch auf einem „sehr hohen Niveau“.

54 Prozent sehen den Islam als eine rückständige Religion, die unfähig ist, sich an die Gegenwart anzupassen. Bei 48 Prozent der Befragten zeigte sich eine überzeugte Islamfeindlichkeit, 38 Prozent sehen Muslime als bedrohlich an.

Die Erklärungen für antimuslimischen Rassismus sind den Studienmachern nach vielfältig: Als Gründe nennen sie den Wunsch nach Hierarchien in der Gesellschaft, aber auch fehlende persönliche Kontakte mit Musliminnen und Muslimen.

Muslimfeindliche und antidemokratische Einstellungen bedingen sich dabei: Muslimfeindlichkeit sei „so etwas wie eine Brückenideologie, die tief in die Gesellschaft hineinreicht“ und Menschen die Möglichkeit gebe, sich nach rechts zu bewegen, sagte Pickel.

Jeder Vierte sieht Transgeschlechtlichkeit als Gefahr

Auch antifeministische und sexistische Einstellungen nehmen in Berlin zu: Doppelt so viele Personen wie noch 2021 – nämlich über 20 Prozent – stimmen demnach der Aussage zu, dass Frauen sich mehr auf die Rolle als Hausfrau und Mutter besinnen sollten.

Geschlechtliche Vielfalt lehnen viele Berlinerinnen und Berliner ab. 46 Prozent der Befragten finden, es sollte ausschließlich Männer und Frauen in der Gesellschaft geben. 28 Prozent sind der Meinung, dass Transgeschlechtlichkeit eine Gefahr für die gesellschaftliche Ordnung ist.

Soziologe Pickel sagte, langfristig könne vielleicht eine Berliner Identifikation helfen, dass Menschen sich aus ihren „Subgruppen“ herausbewegten, das sei aber ein langer Prozess. Kiziltepe sagte, sie wolle diese Berliner Identifikation stärken. Sie verwies aber auch auf die im Doppelhaushalt aufgestockten Mittel für Antidiskriminierung und Vielfalt. Es brauche eine „offene Auseinandersetzung und nachhaltige Prävention“, um dem aktuellen Trend entgegenzuwirken.

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