zum Hauptinhalt
Eine Mutter und ihr Kind bei der Ankunft in einem Gesundheitszentrum in Bwera, Uganda.

© REUTERS/James Akena/Bearbeitung Tagesspiegel

Die Ebola-Epidemie und ihre Folgen : Wenn eine Fledermaus den Tod bringt

Mehr als 11.000 Menschen starben ab Anfang 2014 bei der Ebolafieber-Epidemie. Bis heute bleibt das hoch ansteckende Virus eine Gefahr für die Menschen.

Anfang 2014 brach in Westafrika die Ebola-Epidemie aus, die bislang folgenreichste Massenerkrankung mit dem Virus. Ein Überblick.

1 Fledermäuse und Gerüchte

Am Anfang stand die Fledermaus. Nicht nur am möglichen Beginn der Corona-Pandemie, sondern wohl auch vor zehn Jahren in Westafrika. Anfang 2014 begann dort nicht die erste, dafür aber die schwerste Ebola-Epidemie. Insgesamt steckten sich damals mehr als 28.000 Menschen an, mehr als 11.000 starben – die allermeisten in Guinea, Sierra Leone und Liberia. Anfang 2016, nach mehreren Rückschlägen, wurde die Epidemie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für beendet erklärt. Dennoch gab es auch danach immer wieder Todesfälle durch das Virus.

Der erste Fall, der die Epidemie, auslöste, tauchte im Dezember 2013 in einem kleinen Dorf im westafrikanischen Guinea auf. Ein kleiner Junge, gerade mal ein Jahr und wenige Monate alt, hatte sich wohl bei einer Fledermaus angesteckt. Das war nichts Besonderes, schließlich wusste man, dass Ebola über Tiere auf Menschen übertragen wird. Die meisten Ausbrüche in Afrika begannen damit, dass eine Person mit dem Blut oder Fleisch eines infizierten Wildtieres in Berührung kam, das getötet und als menschliche Nahrung benutzt wurde. Allerdings wurden auch die meisten Ebola-Ausbrüche innerhalb weniger Monate eingedämmt.

Angehörige einer in Uganda an Ebola gestorbenen Frau bereiten ihr Grab vor. Von September 2022 bis Januar 2023 gab es in dem ostafrikanischen Land einen Ausbruch der Sudan-Variante des Virus.

© Foto: dpa/Hajarah Nalwadda

2014 hingegen verkettete sich extreme Armut mit dysfunktionalen Gesundheitssystemen. Krankenhäuser kannten das Virus noch nicht und konnten es daher nicht bekämpfen. In Sierra Leone und in Liberia herrschten zuvor noch Bürgerkriege, die das Vertrauen in die Regierung erschüttert hatten. Gerüchte, dass Ebola erfunden sei, und lokale Bestattungsbräuche, bei denen infizierte Verstorbene gewaschen und berührt werden, führten zu einer hohen Zahl an Menschen, die sich ansteckten.

2 Lebensgefährlicher Angriff

Die meisten Infizierten entwickeln Symptome wie Fieber, Muskel-, Kopf- und Halsschmerzen. Bei einigen folgen Erbrechen und Durchfall. Wirklich lebensgefährlich wird es, wenn Niere und Leber geschädigt werden und es zu inneren Blutungen kommt.

Das Ebolavirus ist so gefährlich, weil es an allen Fronten gleichzeitig die körpereigene Abwehr angreift. Der Erreger setzt das Immunsystem außer Gefecht, in dem er die Schaltzentrale angreift, die sogenannten dendritischen Zellen. Diese Zellen würden eigentlich Immunzellen aktivieren, um das Virus zu bekämpfen. Das Ebola-Virus setzt sich aber in die Schaltzentrale, und vermehrt sich darin. Die Immunzellen erhalten von den gekaperten dendritischen Zellen das Signal: Bringt euch um! Das Immunsystem ist also massivst gestört.

Ebola führt außerdem dazu, dass die Blutgefäße mehr Blut durchlassen; dieses Signal verstärkt sich, es wird noch mehr Flüssigkeit durchgelassen – bis es zu inneren Blutungen kommt. Das Virus befällt zudem die Leber, tötet dort auch dort Zellen – bis das Organ versagt.

Im menschlichen Körper setzt es dann noch ein rettendes SOS-Signal über Botenstoffe ab, das Virus wird teilweise bekämpft – aber auch das kann großen Schaden hinterlassen: Mehr innere Blutungen, bis selbst Organe nicht mehr versorgt werden können. Alles passiert gleichzeitig und überall.

3 Impfschutz mit Einschränkungen

Die verheerende Epidemie konnte gestoppt werden, indem infizierten Patienten isoliert wurden. Sie konnten nur unter Schutzmontur berührt werden, Kontakte wurden nachverfolgt. 2016, lange vor Corona, sagte der damalige UN-Generalsekretär, Ban Ki-moon, der Ebola-Ausbruch in Westafrika sei „ein grundlegender Test“ für die Fähigkeit der Welt, gemeinsam gegen die Pandemie vorzugehen. Zur ganzen Wahrheit gehört, dass die WHO harsch dafür kritisiert wurde, nicht schnell genug gehandelt zu haben.

2016 war das Ende der schweren Epidemie in Westafrika, aber nicht das Ende von Ebola. Seitdem hat das Virus immer wieder Menschen in der äquatorialen Region Afrikas infiziert. Der zweitgrößte Ebola-Ausbruch passierte 2018 bis 2020 in der zentralafrikanischen Demokratischen Republik Kongo während eines bewaffneten Konflikts, und auch im September 2022 gab es in Uganda einen Ausbruch der Sudan-Variante, von 164 Infizierten verstarben 55, im Januar 2023 war der Ausbruch gestoppt.

Heute muss nicht mehr erläutert werden, wie ernst Ebola ist, auch die Wissenschaft sucht seit 2014 nach einem Impfstoff. Genau zehn Jahre später melden Wissenschaftler:innen, dass ihr hochwirksamer Impfstoff mit dem komplizierten Namen rVSVΔG-ZEBOV-GP das Infektionsrisiko erheblich senkt und die Todesfälle von schon Infizierten um die Hälfte reduziert.

Sie testeten den Impfstoff während des großen Ausbruchs im Kongo. 56 Prozent der Ungeimpften verstarben dort an Ebola, bei den Geimpften hingegen halbierte sich diese Rate. Und das unabhängig davon, ob jemand wenige Tage oder drei Wochen vor Symptombeginn geimpft wurden.

Das sind einerseits gute Nachrichten. Andererseits wurde die Impfung in der Studie nur gegen die Zaire-Variante getestet. Das ist zwar die gefährlichste, 70 bis 90 Prozent der Infizierten versterben, wenn sie nicht behandelt werden. Doch es gibt insgesamt vier Ebola-Varianten. In Uganda dominiert zum Beispiel die ebenfalls tödliche Sudan-Variante. Und angesichts immer wieder aufflammender Ausbrüche bleibt Ebola weiterhin eine Gefahr.

„Afrika ist auf sich allein gestellt, wenn es um die Bekämpfung großer Krisen geht, die die öffentliche Gesundheit betreffen“, sagte Ahmed Ogwell, stellvertretender Leiter der afrikanischen Zentren für Seuchenkontrolle und -prävention, im Oktober 2022 in Kampala, als afrikanische Gesundheitsbeamter die Reaktion auf den Ebola-Ausbruch in Uganda planten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false