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Minikonsole mit Minibildschirm: Gameboys wurden mit Tetris ausgeliefert.

© picture alliance / zb/Thomas Eisenhuth

Heute vor 39 Jahren: Wie sich Nintendo die Rechte für Tetris erstritt

Im Jahr 1984 entwickelt Alexei Paschitnow das Videospiel „Tetris“. Jahre später kommt es zum erbitterten Lizenzstreit.

Eine Kolumne von David Will

Im April 1989 zog Nikolai Belikow seinen Geschäftspartner während einer Verhandlungspause zur Seite. „Wir kriegen Anrufe aus dem Kreml“, flüsterte Belikow, Funktionär des sowjetischen Computerinstituts ELORG. Mächtige Leute würden sich dafür einsetzen, dass dieser Deal nicht zustande käme, erklärte er Howard Lincoln, einem Anwalt des japanischen Videospielkonzerns Nintendo. Er selbst stehe zu seinem Wort: Die Rechte sollten an Nintendo gehen. „Aber wir wissen nicht, was passieren wird“, so Belikow.

Was wie eine Szene aus einem Politthriller klingt, ist Teil der Entstehungsgeschichte von Tetris: des weltbekannten Videospiel-Klassikers, bei dem man möglichst schnell Klötze verschiedener Formen anordnen muss. Anfang der 1990er Jahre lag Tetris jeder „Gameboy“ genannten Minikonsole mit Bildschirm bei, die Nintendo verkaufte. Tetris vertrieb Langeweile und war nicht nur Kinderkram – zumindest laut des Marketings von Nintendo, das sich Geschäftsleute und Pendler als Zielgruppe erschließen wollte. Um an die Rechte für dieses Spiel zu kommen, hatte sich Nintendo sogar mit dem KGB und einem milliardenschweren Unternehmer angelegt.

Jahre zuvor war der aus Ungarn stammende Geschäftsmann Robert Stein auf eine Diskette mit einer Raubkopie des Spiels gestoßen. Der sowjetische Mathematiker und Programmierer Alexei Paschitnow hatte es in seiner Freizeit entwickelt und am 6. Juni 1984, heute vor 39 Jahren, für den Computer Elektronika 60 herausgebracht. In der UdSSR verbreitete sich das Spiel bald „wie ein Lauffeuer“, wie Paschitnow später sagte. Stein teilte den Sowjets mit, die Lizenz für Tetris erwerben zu wollen, und verkaufte diese kurz darauf an verschiedene Firmen im Westen weiter – ohne eine vertragliche Zusage erhalten zu haben.

Die Folge war ein jahrelanger Streit um die Rechte, der vor kurzem auch in der Apple-Produktion „Tetris“ verfilmt wurde. Aus den Gesprächen mit Belikow, der für die Sowjets verhandelte, ging Nintendo schließlich erfolgreich hervor. Das Nachsehen hatte ein britischer Verleger, der vergeblich seine Beziehungen zum KGB genutzt hatte, um Druck aufzubauen und an das Spiel heranzukommen. Und auch Atari, Nintendos größter Konkurrent, unterlag vor Gericht und musste hunderttausende Kopien seines Konkurrenzprodukts „TETЯIS“ vernichten.

Nintendos Kalkül ging auf: Bald stierten rund um die Welt Menschen auf ihren Gameboy – auf den winzigen Bildschirm, auf dem es Klötze regnete.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der „Tagesrückspiegel“-Kolumne hier.

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