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Wirklich „dunkel“ sind europäische Nächte in vielen Regionen nicht mehr.

© picture alliance / dpa / Nasa / Handout

Heute vor 21 Jahren: Der Lichtverschmutzung den Kampf angesagt

Lichtverschmutzung ist ein globales Problem. Dabei könnte die Politik Abhilfe schaffen, wie ein schlaues Gesetz aus dem Jahr 2002 zeigt.

Wer schon einmal fernab der Zivilisation gecampt hat, kennt den atemberaubenden Anblick eines hell erleuchteten Sternenhimmels. „Die Sterne sind die Juwelen der Nacht“, schrieb der US-amerikanische Schriftsteller Henry Thoreau im 19. Jahrhundert, „und vielleicht übertreffen sie alles, was der Tag zu bieten hat“.

Heutzutage bleibt dieser Anblick immer mehr Menschen verwehrt. Laut einer Studie aus dem Jahr 2015 kann ein Drittel der Weltbevölkerung die Milchstraße nachts nicht sehen, in Europa sind es sogar 60 Prozent aller Menschen. Der Grund ist Lichtverschmutzung: Millionen an Straßenlaternen, Hausbeleuchtungen und Leuchtreklamen strahlen vielerorts so viel Licht ab, dass Sterne und Planeten dagegen nicht ankommen.

Licht regelt unseren Alltag – und eine Nacht, die niemals wirklich dunkel wird, ist ein Problem für Menschen und Tiere. In manchen Ländern hat die Politik darum begonnen, Lichtverschmutzung als Problem zu benennen. So trat in Tschechien am 1. Juni 2002, heute vor 21 Jahren, ein Gesetz in Kraft, wonach Straßenlaternen so abgeschirmt werden müssen, dass das Licht nicht zum Himmel abstrahlt. In Teilen Prags wird mittlerweile die öffentliche Beleuchtung gedimmt, wenn wenige Passanten unterwegs sind. Und auch in Italien, Slowenien und Chile wurden Regeln zum Schutz vor Lichtverschmutzung erlassen.

Ein ewiger Vollmond

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler drängen schon lange darauf, etwas gegen die Dauerbeleuchtung unternehmen. Studien zufolge kann Lichtverschmutzung Krebs hervorrufen, sie führt zu Orientierungslosigkeit bei Tieren und kann ganze Ökosysteme aus dem Gleichgewicht bringen. Ein Beispiel: Nachts steigen in der Regel kleinste Tiere – das sogenannte Zooplankton – an die Oberfläche von Gewässern. Der „ewige Vollmond“ menschlicher Beleuchtung könnte diesen Lebenszyklus durcheinanderbringen, schreiben die Biologen Catherine Rich und Travis Longcore – und so dazu beitragen, dass sich Algen ausbreiten und ein Gewässer kippt.

In Deutschland regeln Bauvorschriften den Betrieb von Beleuchtungsanlagen, es gibt aber bis heute kein Gesetz, das sich dezidiert um Lichtverschmutzung kümmert. Dabei könnte man schon lange mehr tun, wie Tschechien im Jahr 2002 bewiesen hat. Die Mühe wäre es wert – nicht nur für Astronominnen und Hobby-Sterngucker.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der „Tagesrückspiegel“-Kolumne hier.

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