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„Jahrhunderthochwasser“ mit Ernteausfällen, vollgelaufenen Kellern, aber auch Spaß.

© picture-alliance / dpa/MoMA

Heute vor 24 Jahren: Bodenlos am Bodensee

Ernteausfälle, Gebäudeschäden, nasse Füße - dramatisch oder lebensgefährlich wurde das „Jahrhunderthochwasser“ des Bodensees 1999 nicht. Eher spaßig.

Eine Kolumne von Richard Friebe

Provisorische Holzstege überall, Schlauchboote statt Autos in den Straßen, Sandsackwälle und Pumpen in Kooperation, damit zumindest das Erdgeschoss nicht vollläuft. Und Menschen, die in stoischer Ruhe ausharren, in Wohnungen angefüllt mit all dem Zeugs, das vor kurzem noch im Keller herumstand. Wo Schiffsverbindungen über den Bodensee im Vorjahr noch wegen Niedrigwassers eingestellt worden waren, fielen sie jetzt wegen des Gegenteils aus.

Als die Keller sich füllten, war es für damals junge Lokalreporter wie den Autor dieser Zeilen ebenso leicht, die Zeitung mit interessanten Artikeln und Fotos zu füllen: Evakuierung des Campingplatzes hier, Evakuierung des Weinkellers eines Wirtshauses dort, Sicherung von Kanaldeckeln, schwimmende Ölsperre um die Zapfsäule der Bootstankstelle. Nasse Füße und teilweise noch mehr nasse Körperteile bekam man aber täglich.

Es entstanden ziemliche Schäden an Gebäuden, Ernteausfälle folgten. Aber dramatisch oder lebensgefährlich wurde es kaum je. Und vor allem junge Leute schienen eher einen Riesenspaß zu haben. Die Bierkästen wurden im Park im knietiefen Wasser vor der Bank gekühlt, auf deren noch herausguckender Rückenlehne man saß.

Am 2. Juni, heute vor 24 Jahren, war der Scheitelpunkt des Bodenseehochwassers 1999 erreicht. Seit 26. Mai waren die Pegel auf Höchstständen. Jetzt begannen sie, langsam, wieder zu sinken.

Schnee plus Regen

Eine Kombination aus starker Schneeschmelze und ergiebigen Regenfällen aufgrund zweier kurz aufeinander folgender seltener Wetterlagen hatte im Mai in weiten Teilen Süddeutschlands Flüsse und durchflossene Seen über die Ufer treten lassen. In den Bodensee etwa floss aus den zentralen und östlichen Voralpen am 22. Mai das Zehnfache der üblichen Menge. Das Wasser staute sich, denn der Abfluss in den Hochrhein ist vergleichsweise eng.

Die Bezeichnung „Jahrhunderthochwasser“ war keine Übertreibung: Einerseits war das Jahrhundert ja fast vorbei, Vergleichbares also nicht mehr zu erwarten. Andererseits lagen ähnliche Pegelstände bereits wirklich mehr als 100 Jahre zurück. Das Hochwasser von 1999 liegt in Konstanz auf Platz 4 in den Pegelbüchern, die seit 1816 dort geführt werden.

Die Natur, die dort also gleichsam eingestellt ist auf solche Ereignisse ab und an, erholte sich schnell. Angeschmiert aber war eine ganze Generation bestimmter Stechmücken. Die legen ihre Eier im flachen Wasser ab. Larven entwickeln sich erst, wenn das Wasser erneut kommt. Das kann aber dauern. 

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der „Tagesrückspiegel“-Kolumne hier.

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