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Augen zu und durch. Die Bayern (mit Joshua Kimmich, Mitte) mussten in Wolfsburg ein hartes Stück Arbeit verrichten.

© dpa / Axel Heimken

Glücklicher Sieg beim VfL Wolfsburg: Der FC Bayern München ist verwundbar

Beim 4:2 in Wolfsburg spielt der FC Bayern wenig dominant, trotzt aber allen Widerständen. Angesichts des Theaters um Manuel Neuer dürften die erst einmal nicht kleiner werden.

Der FC Bayern München unternahm alle denkbaren Anstrengungen, um den Arbeitstag in Wolfsburg zu einem guten Ende zu bringen. Auf dem Platz, aber auch daneben. Nach dem hart umkämpften 4:2-Erfolg gegen den VfL bot der Klub noch einmal alles auf, was ihm an rhetorischer Wucht zur Verfügung steht. Joshua Kimmich und Thomas Müller wurden beim Fernsehsender Dazn vorstellig; Leon Goretzka, der bekanntermaßen auch nicht auf den Mund gefallen ist, sprach in der Mixed Zone.

Manuel Neuer gehört durch sein Alter und seine Position als Kapitän beim FC Bayern ebenfalls in die Riege der Wortgewaltigen. Aber zum einen ist der Torhüter derzeit verletzt, zum anderen hatte er es vorgezogen, sich in der „Süddeutschen Zeitung“ zu äußern. Und das in einer Weise, die seinem Arbeitgeber weder in der Form (nicht mit dem Verein abgesprochen) noch im Inhalt („Ich hatte das Gefühl: Mir wird mein Herz rausgerissen“) besonders gut gefallen hat.

„Ich hätte das Interview nicht gemacht“, sagte Bayerns Trainer Julian Nagelsmann nach dem Sieg gegen den VfL Wolfsburg. „In einer Passage ist zu lesen, dass Bayern München im Mittelpunkt steht. Aber es war nicht zuträglich für den Klub, was Ruhe angeht. Das sieht man, dass ich von 17 Fragen 16 zu diesem Thema beantworten muss. Wenn der Klub wirklich im Mittelpunkt steht, dann sollte das nicht so sein.“

Am Ende mussten Nagelsmann und seine Spieler sogar froh sein, dass das Spiel in Wolfsburg so glimpflich für sie ausgegangen war: dass die Bayern nach drei Unentschieden erstmals in diesem Jahr ein Ligaspiel gewonnen und sie dadurch den Spitzenplatz in der Tabelle behauptet hatten. „Das gibt am Ende des Tages immer am meisten Ruhe im Verein: wenn wir die Spiele gewinnen“, sagte Joshua Kimmich, der selbst entscheidend dazu beigetragen hatte, dass es für die Bayern am Sonntag unruhiger geworden war als notwendig.

Das gibt am Ende die meiste Ruhe: wenn wir die Spiele gewinnen.

Joshua Kimmich, Mittelfeldspieler des FC Bayern München

Und so blieb wenige Tage vor dem Achtelfinal-Hinspiel gegen Paris Saint-Germain in der Champions League der Eindruck zurück: Die Bayern sind verwundbar. Auf dem Rasen, aber auch als Gruppe. Im Nachgang der Affäre Neuer berichtete der „Kicker“ am Montag, dass sich einige Spieler mit ihrem Kapitän solidarisiert hätten, dass es Eifersüchteleien im Kader gebe, Unmut über die veränderte Kultur im Klub und Kritik an Trainer Nagelsmann.

Auch sportlich wurden die Zweifel nur auf den ersten Blick beseitigt. 4:2 bei den zuletzt stark aufkommenden Wolfsburgern: Das liest sich gut. Aber der Verlauf des Spiels erzählte eine andere Geschichte. „Die ersten 20, 30 Minuten waren richtig stark“, sagte Mittelfeldspieler Goretzka. „Da haben wir viel von dem umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben.“ 3:0 führten die Bayern – und trotzdem ließen sie den VfL zurück ins Spiel kommen.

Die Statistik sprach für Wolfsburg

Noch vor der Pause fiel das 1:3, wenige Minuten nach dem Wiederanpfiff sah Kimmich für ein Foul im Mittelfeld Gelb-Rot. Die Bayern wackelten bedenklich, aber das hatten sich auch schon getan, als sie noch elf Mann auf dem Feld hatten. Als „ein bisschen zu laissez-faire“ empfand Nagelsmann den Auftritt seines Teams. „Wir haben ein wenig den Schlendrian einziehen lassen.“

Die Statistik wies 19:9 Torschüsse zugunsten der Wolfsburger aus; laut den Expected-Goals-Werten (2,54 zu 0,66) hätte der VfL das Spiel eigentlich für sich entscheiden müssen, weil er die deutlich besseren Chancen gehabt hatte. „Leider hatten wir nicht das Quäntchen Glück, das Bayern heute hatte“, sagte Wolfsburgs Trainer Niko Kovac. „Das ist Fußball: Man verliert, wo du manchmal denkst: Das kannst du nicht verlieren.“

Julian Nagelsmann bemängelte bei seinem Team zu viele leichte Fehler. „Wir hatten sehr viele Situationen, wo wir im eigenen Drittel den Ball verlieren“, sagte der Trainer der Bayern. „Im letzten Drittel waren wir sehr, sehr gut – wenn wir da waren. Aber wir waren da insgesamt zu wenig.“

Welche Rolle das Theater um Manuel Neuer dabei gespielt hatte? Das konnte man so und so sehen. „Die Widerstände, gegen die wir heute angekämpft haben, waren jetzt nicht so gering“, sagte Goretzka. Und denen haben die Bayern am Ende erfolgreich getrotzt. „Wir sind dazu da, unsere Arbeit auf dem Platz zu machen. Gerade am Anfang hat man gesehen, dass uns das nicht beeinflusst hat. Von daher gibt es dazu gar nicht mehr zu sagen.“

Schön wär’s. Julian Nagelsmann wurde kurz vor der Rückreise nach München sogar gefragt, ob Manuel Neuer denn in der kommenden Saison noch Kapitän beim FC Bayern sein werde. „Ehrlich gesagt mache ich mir da jetzt keine Gedanken zu“, antwortete er. „Ich weiß, dass das eine sehr brennende Frage ist. Aber die Aufgabe von Manu ist, wieder fit zu werden, wieder gesund zu werden. Darauf warten wir.“

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