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Am Boden.  Hertha BSC ließ eine große Gelegenheit mal wieder ungenutzt.

© imago/Nordphoto/IMAGO/nordphoto GmbH / Engler

Die einmalige Chance bleibt ungenutzt: Hertha BSC hat es wieder einmal verbaselt

So einfach war es vielleicht noch nie, das DFB-Pokalfinale im Berliner Olympiastadion zu erreichen. Umso erschreckender war Herthas Auftritt gegen den 1. FC Kaiserslautern.

Ein Kommentar von Stefan Hermanns

Fünf Minuten vor dem Ende wurden in der Ostkurve die blau-weißen Schals in die Höhe gereckt. „Nur nach Hause geh’n wir nicht“, intonierten die Fans von Hertha BSC. Und wenn man für einen Moment den Stand auf den beiden Anzeigetafeln im Olympiastadion ausblendete, dann konnte man tatsächlich denken, dass die Anhänger des Berliner Fußball-Zweitligisten gerade den ersehnten Einzug ins Halbfinale des DFB-Pokals feierten.

Es war nur eine optische und akustische Täuschung.

Auf der Gegengerade setzte zur selben Zeit die Massenflucht ein. Die Ersten gingen eben doch nach Hause. 0:3 lag Hertha gegen den 1. FC Kaiserslautern zurück. 1:3 hieß es am Ende. Aus der Traum!

Schon in der vergangenen Saison, die für Hertha mit dem Abstieg endete, hatte sich die Mannschaft einer fast surrealen Zuneigung ihres Publikums erfreuen können. Auch am Mittwochabend stand die Treue der Kurve in einem seltsamen Missverhältnis zum Auftritt des Teams, das eine große, vielleicht einmalige Chance auf zum Teil erschreckende Weise vertan hat.

Das Traurige ist: Die Chance, etwas ganz Besonderes zu erleben, hat man manchmal nur ein-, zweimal im Leben. Heute war eine. Wir haben sie leichtfertig vergeben. Deswegen bin ich sehr enttäuscht.

Fabian Reese von Hertha BSC über den Auftritt der Mannschaft im Viertelfinale

„Man hätte das Stadion anzünden, die ganze Stadt mitnehmen können“, sagte Fabian Reese, der nach langer Pause zur zweiten Halbzeit eingewechselt wurde und beim Stand von 0:2 die Hoffnung auf eine Wende zurückbrachte. „Das Traurige ist: Die Chance, etwas ganz Besonderes zu erleben, hat man manchmal nur ein-, zweimal im Leben. Heute war eine. Wir haben sie leichtfertig vergeben. Deswegen bin ich sehr enttäuscht.“

Zum 40. Mal wird im Mai das DFB-Pokalfinale im Berliner Olympiastadion ausgetragen. Im Wohnzimmer von Hertha BSC. Zum 40. Mal werden die Profis der Berliner nicht dabei sein.

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Mal stand Hertha in diesem Jahrtausend im Viertelfinale des DFB-Pokals. Fünf Mal verließen die Berliner den Platz als Verlierer.

So günstig wie diesmal waren die Voraussetzungen noch nie: Die üblichen Verdächtigen auf den Pokalsieg längst ausgeschieden, überhaupt nur noch drei Erstligisten im Wettbewerb, dazu ein Heimspiel gegen einen Klub, der in der Zweiten Liga gegen den Abstieg kämpft. Hertha verbaselte es trotzdem. Und mit jedem neuen Versuch, mit jedem neuen Scheitern wird das Pokalfinale im Olympiastadion zu einer Obsession.

Dass anscheinend – wie Herthas Trainer Pal Dardai erst nach dem Spiel offenbarte – gerade die halbe Mannschaft von einem Virus geplagt wird, erklärt zumindest zu einem Teil den blutleeren Auftritt vor der Pause. Umso unverständlicher waren die taktischen und personellen Experimente des Trainers.

Ausgerechnet in diesem so wichtigen Spiel ließ Dardai seine Mannschaft erstmals mit einer Dreierkette spielen. Und hinter der ohnehin wackligen Abwehrreihe bot er dann auch noch mit Marius Gersbeck einen neuen Torhüter auf. Es war gut gemeint, aber eben kein gutes Signal an die Mannschaft.

Zumal dieses Spiel ohnehin mit riesigen Erwartungen überladen war. Die Spieler sollten nicht nur für den Verein und die Stadt gewinnen, sondern auch für den vor kurzem verstorbenen Präsidenten Kay Bernstein, der den Pokalsieg sogar dem Aufstieg in die Bundesliga vorgezogen hätte.

Diesen Erwartungen war die Mannschaft nicht gewachsen. Und so erinnerte das Spiel an das Halbfinale im April 2016 gegen Borussia Dortmund. Ebenfalls im Olympiastadion. Und ebenfalls eine scheinbar einmalige Chance. Hertha spielte – dem besonderen Anlass angemessen – sogar in Sondertrikots, war aber nicht zu einer Sonderleistung in der Lage. Am Mittwoch gegen den 1. FC Kaiserslautern war das nicht anders.

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