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Gerhard Schröder (SPD), Bundeskanzler von 1998 bis 2005, aufgenommen in seiner Kanzlei.

© dpa/Michael Kappeler

Update

Gerhard Schröder kritisiert Zustand der SPD: „Wenn ich bei 15 Prozent gewesen wäre, wäre ich sofort zurückgetreten“

Vor seinem 80. Geburtstag geht der Altkanzler die SPD-Spitze scharf an. Die grenzt ihn wegen seiner Nähe zu Putin aus. Im Krieg gegen die Ukraine glaubt Schröder an die Diplomatie.

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Harsche Kritik am Zustand der Sozialdemokraten: Der wegen seiner Russland-Verbindungen kritisierte Altkanzler und SPD-Politiker Gerhard Schröder hat den aktuellen Zustand seiner Partei scharf kritisiert. „Was mich wirklich traurig macht, ist die Provinzialität der gegenwärtigen Führungsfiguren“, sagte Schröder der „Süddeutschen Zeitung“.

„Das ist doch nicht die SPD. Wenn ich bei 15 Prozent gewesen wäre, wäre ich sofort zurückgetreten“, sagte er mit Blick auf die Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil und die Umfragewerte der Partei.

Er kritisierte, die SPD sei mal eine Partei gewesen, die sich um die arbeitende Mitte gekümmert habe. „Heute kümmert sie sich eher um die Sozialhilfeempfänger“, so Schröder etwa mit Blick auf das Bürgergeld.

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Er fuhr fort: „Viele Leute bekommen den Eindruck, die kümmern sich in Berlin mehr um Gendern, Cannabis und solche Sachen. Meine Partei hat da den Kompass verloren.“

Ich bin fest davon überzeugt, dass auch Putin ein Interesse daran hat.

Gerhard Schröder zu einer diplomatischen Lösung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine

Die ganze Ampelkoalition gebe gerade wenig Anlass zur Hoffnung. Er selbst sei ja ein rechter Sozialdemokrat, es brauche wieder mehr Pragmatiker in der Partei, sagte Schröder.

Schröder kritisiert Migrationspolitik der Ampel

Was ihm zudem besonders große Sorgen mache, sei das Erstarken der AfD. „Das mit der Willkommenskultur von Frau Merkel, in einer Koalition mit der SPD, war ein großer Fehler. Das war moralisch in Ordnung, aber politisch nicht durchaltbar.“ Und auch die Ampelkoalition bekomme das Migrationsthema nicht in den Griff. „Das zerreißt unsere Gesellschaft. Die SPD sieht es zu wenig.“ Keine Partei habe so viele Wähler an die AfD verloren wie die SPD.

Schröder wird am Sonntag 80 Jahre alt. Er ist seit seiner Kanzlerschaft von 1998 bis 2005 mit Russlands Präsident Wladimir Putin befreundet und weiterhin für die mehrheitlich russischen Gesellschaften der Nord-Stream-Pipelines durch die Ostsee tätig. Schröder hat den russischen Angriff auf die Ukraine zwar als „fatale Fehlentscheidung“ bezeichnet, sich aber dennoch nicht von Putin losgesagt.

Schröder forderte in dem Interview von Frankreich und Deutschland eine Initiative für eine diplomatische Lösung des Kriegs gegen die Ukraine. „Ich bin fest davon überzeugt, dass auch Putin ein Interesse daran hat“, sagte er. „Was soll er denn mit der ganzen Ukraine?“

Lobend äußerte sich der Altkanzler dazu, dass der Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich jetzt auch mal andere Optionen ins Spiel bringe, wie ein Einfrieren dieses Konfliktes. Er glaube, das helfe der SPD, sich wieder stärker als Antikriegspartei zu profilieren. „Man muss doch jetzt mal schauen, dass das irgendwie endet.“

Was soll Putin denn mit der ganzen Ukraine?

Gerhard Schröder zum russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine

Schröder lobt Merkel für Rolle als Altkanzlerin

Auf die Frage, ob er bestimmte politische Entscheidungen, seine Haltung zu Russland und die geschäftlichen Tätigkeiten bereue, sagte Schröder: „Nein, ich bereue nichts. Mea culpa ist nicht mein Satz.“ Zugleich lobte er Merkel, wie sie ihre Rolle als Altkanzlerin bisher ausfülle. „Das ist eine sehr respektable Frau, auch wie sie mit ihrem Ruhestand umgeht. À la bonne heure“, sagte Schröder.

Die SPD-Spitze grenzt wegen seiner Nähe zu Putin aus, ein Parteiausschlussverfahren gegen Schröder scheiterte aber. Parteichefin Saskia Esken sagte im vergangenen Jahr, sie könne in Schröder keinen Altkanzler und ehemaligen Parteivorsitzenden mehr erkennen. „Ich sehe ihn als einen Geschäftsmann, der seine Geschäftsinteressen verfolgt.“

In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur sagte Schröder kürzlich, er glaube, dass er immer noch „in der Mitte der Sozialdemokratie lebe“. Dass er zu der gegenwärtigen Parteiführung kein besonders enges Verhältnis habe, sei bekannt. „Muss man aber auch nicht haben, um Sozialdemokrat bleiben zu können.“ (lem)

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