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Sieger im Kreise der Seinen: Robert Fico (Mitte) bei seiner ersten Pressekonferenz nach dem Wahlerfolg am Sonntagmorgen.

© AFP/VLADIMIR SIMICEK

Wer ist Robert Fico?: Slowakei könnte bald prorussisch regiert werden

Aus der Parlamentswahl geht die nationalkonservative Partei Smer als stärkste hervor. Ihr Chef will die Ukraine nicht mehr unterstützen. Doch womöglich gibt es eine Alternative.

Von Yelizaveta Landenberger

Der frühere Ministerpräsident ist, womöglich, auch der neue: Nach Auszählung von 99,98 % hat die prorussische populistische Partei Smer von Ex-Premier Robert Fico die meisten Stimmen erhalten, 22,94 Prozent.

Das ist ein deutlicher Vorsprung vor der linksliberalen Partei Progresívne Slovensko (PS), der 17,96 % der Wähler ihre Stimme gaben. Trotz des guten Abschneidens der Populisten ist noch nichts endgültig entschieden.

Die Freude des anderen Lagers war groß, als in der Wahlnacht von Samstag auf Sonntag die ersten Meldungen eintrafen. Demnach hätte die 2017 gegründete progressive Partei PS entgegen allen Vorhersagen wohl den Wahlsieg davongetragen.

Doch diese Meldungen, die auf einer Nachwahlbefragung, den sogenannten Exit Polls, der Agentur Focus für den TV-Sender Markíza beruhten, waren verfrüht, wie sich nur wenige Stunden später herausstellen sollte.

Robert Fico gab am Sonntag bekannt, dass er das Amt des Premierministers antreten wolle. Er sehe eine komfortable Mehrheit in den 79 Abgeordneten (von insgesamt 150 im Parlament), die durch eine Koalition seiner Partei Smer mit den Parteien Hlas und SNS zusammenkämen.

Eine andere Möglichkeit für Fico, eine Mehrheit im Parlament zusammenzustellen, wäre eine Koalition von Smer, Hlas und KDH. Die sozialdemokratische Partei Hlas mit dem Parteivorsitzenden Peter Pellegrini hatte sich 2020 nach Meinungsverschiedenheiten von der zunehmend populistisch werdenden Smer abgespalten, die nur dem Namen nach sozialdemokratisch ist und einen populistischen, nationalkonservativen Kurs verfolgt.

22,94
Prozent der Stimmen genügten Smer diesmal, um stärkste Partei zu werden.

SNS mit dem Vorsitzenden Andrej Danko ist eine explizit rechte und wie Smer prorussische Partei, die mit Hassreden gegen Minderheiten wie Roma und LGBTIQ immer wieder Aufsehen erregt hat. Bei KDH handelt es sich um eine deutlich gemäßigtere, christlich-konservative Partei. Die beiden rechtsradikalen Parteien Hnutie Republika und Sme rodina blieben hingegen unter der Fünfprozenthürde und werden nicht ins Parlament einziehen.

Smers Parteivorsitzenden Fico einen “linken Orbán” zu nennen, wie es gerade geschieht, ist dabei mehr irreführend als hilfreich, denn Fico operiert mit Ängsten und Hass auf Minderheiten – und nicht etwa mit linker Politik. So ging Fico während der Corona-Pandemie bei Impfgegnern auf Stimmenfang, aktuell versucht er es mit Russophilie und Fremdenhass.

Dabei schreckt er nicht davor zurück, selbst zu Verschwörungserzählungen zu greifen: Im April hatte er in einem Interview sogar behauptet, der Krieg im Nachbarland Ukraine sei nicht etwa von Russland, sondern 2014 von „ukrainischen Faschisten“ begonnen worden. Im Wahlkampf hatte er seiner Wählerschaft versichert, die Militärhilfe für die Ukraine einzustellen. Auch werde er sein Veto gegen die angeblich „sinnlosen“ Sanktionen der EU gegen Russland einlegen.

Rücktritt nach Auftragsmordvorwürfen

Fico war bereits von 2006 bis 2010 und von 2012 bis 2018 slowakischer Ministerpräsident. Er musste 2018 nach massiven Protesten zurücktreten, die durch den Auftragsmord an dem jungen Investigativjournalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten Martina Kušnírová ausgelöst wurden.

Kuciak hatte Nachforschungen zur Verwicklung von Ficos Regierung in kriminelle Machenschaften mit der italienischen Mafia angestellt. Fico ist mehrerer Straftaten verdächtig, genießt aber durch seinen Status als Abgeordneter Immunität. Dadurch kam es nie zu einer Verurteilung.  

Doch es gibt auch noch die Chance auf ein anderes Regierungsbündnis: Auch wenn die neue progressive Partei PS mit dem Vorsitzenden Michal Šimečka weniger Stimmen erhielt als angesichts der letzten Wahlumfragen erhofft, gibt es noch die Möglichkeit, dass sie zusammen mit Hlas, KDH und der neoliberalen Saska, früher SaS, eine proeuropäische Regierung bilden könnte.

Vor den Wahlen hatte sich Pellegrini recht vage zu möglichen Koalitionen geäußert und sich so verschiedene Optionen für Hlas offengehalten. Die Koalitionsverhandlungen der nächsten Tage werden auch sie klären.

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