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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, r.) begrüßt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron

© dpa/Michael Kappeler

Update

Nach gemeinsamen Beratungen: Scholz, Macron und Tusk wollen auf gesamtem Weltmarkt mehr Waffen für Ukraine beschaffen

Zuletzt waren sich Kanzler Scholz und Frankreichs Präsident Macron uneins in der Ukraine-Politik. Nach gemeinsamen Beratungen mit Polens Regierungschef Tusk wollten sie nun Geschlossenheit demonstrieren.

| Update:

Nach Beratungen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Polens Regierungschef Donald Tusk im Rahmen des Weimarer Dreiecks hat Kanzler Olaf Scholz weitere Maßnahmen zur Unterstützung der Ukraine im Verteidigungskrieg gegen Russland angekündigt. „Wir werden noch mehr Waffen beschaffen - und zwar auf dem gesamten Weltmarkt“, sagte der Kanzler am Freitagnachmittag in Berlin mit Blick auf weitere Rüstungslieferungen an die Ukraine. Überdies solle die Produktion von Militärgerät ausgebaut werden, auch in der Ukraine. Außerdem hätten die drei Politiker eine Koalition zur Beschaffung von Artilleriemunition beschlossen.

Am Montag sollen die Verteidigungsminister der drei EU-Länder nach den Worten des Kanzlers die konkreten Details besprechen. „Wir stehen eng und unverbrüchlich an der Seite der Ukraine. Das gilt: as long as it takes“, sagte der SPD-Politiker weiter. „Klar ist aber auch, wir sind nicht im Krieg mit Russland“, betonte er.

Scholz versuchte, Geschlossenheit zu demonstrieren. „Wir alle drei meinen es ernst mit unserer Unterstützung der Ukraine“, sagte er. Mehr denn je gelte: „Unsere Einheit ist unsere Stärke.“ Dies solle nicht nur ein neues Signal der Unterstützung an die Ukraine sein, sondern auch ein klares Signal an Moskau. „Wir werden nicht nachlassen in unserer Unterstützung“, so Scholz.

Macron pflichtete dem Kanzler bei. „Wir werden alles tun, solange wie es notwendig ist, damit Russland diesen Krieg nicht gewinnen kann“, sagte er. Zugleich stellte er klar, dass es auf europäischer Seite keine Ambitionen gibt, die Spannungen mit Russland zu verschärfen. „Wir werden nie eine Initiative zur Eskalation unternehmen“, so Macron. Er betonte allerdings auch, wie ernst die Situation sei. „Unsere Sicherheit und unsere Zukunft steht in der Ukraine auf dem Spiel.“ Er, Scholz und Tusk würden die Lage in der Ukraine gleich bewerten, sagte er.

„Das Treffen zeigt, dass die bösartigen Gerüchte über die Unstimmigkeiten zwischen den Hauptstädten nicht richtig sind“, ergänzte Tusk.

Das Gespräch war vor allem vor dem Hintergrund der jüngsten Spannungen zwischen Deutschland und Frankreich wegen der Ukraine-Politik zustandegekommen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) empfing den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk mit militärischen Ehren. Die drei Männer schritten eine Ehrenformation der Bundeswehr auf dem roten Teppich ab. Sie gingen dann ins Kanzleramt, um gemeinsam über die Fortsetzung der Ukraine-Hilfen zu beraten. Scholz und Macron waren zuvor bereits zu einem bilateralen Gespräch zusammengekommen.

Die Bundesregierung spielte Differenzen im deutsch-französischen Verhältnis vor dem Treffen herunter. „Ich glaube, die deutsch-französischen Beziehungen sind gut, sind sehr gut“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. Aber es gebe in einigen Punkten Differenzen, räumte er ein.

So habe sich an der ablehnenden Haltung von Kanzler Olaf Scholz zu einem Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine nichts geändert. „Da haben beide ihre Standpunkte und dabei wird es auch bleiben. Insofern hat das jetzt auch gestern wenig überrascht“, sagte der Regierungssprecher.

Macron schließt Bodentruppen in der Ukraine erneut nicht aus

Macron hatte am Vorabend bekräftigt, dass im Ukraine-Krieg weiterhin „alle Optionen offen“ seien – womit er auch die Entsendung westlicher Bodentruppen erneut nicht ausschloss, die Scholz vehement abgelehnt hatte. Zudem hatte der Bundestag erneut gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern für die Ukraine gestimmt, zu der Macron Scholz überreden will.

Macron betonte in einem TV-Interview am Donnerstagabend mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen Angriffskrieg in der Ukraine erneut, dass keine Möglichkeiten von vornherein ausgeschlossen werden sollten. Diejenigen, die dies täten, „wählen nicht den Frieden, sondern die Niederlage“, sagte Macron. „Wenn die Situation sich verschlechtert, müssen wir bereit sein, damit Russland niemals gewinnt“, fügte er hinzu.

Dabei versicherte er aber auch, dass Frankreich als Nuklearmacht eine „besondere Verantwortung“ habe, verbale und tatsächliche Eskalationen zu vermeiden, und dass sein Land niemals in die Offensive gehen würde.

Scholz spielt Dissens mit Macron herunter

Scholz hatte kürzlich die ungewöhnlich offen ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten mit Macron heruntergespielt. Es sei ganz anders, „als viele immer denken“, sagte er. „Emmanuel Macron und ich haben ein sehr gutes persönliches Verhältnis, ich würde es sehr freundschaftlich nennen“, betonte er.

Die unterschiedliche Ausgangslage beider Länder sei „ein großer Wert“, weil sich daraus Vorschläge für Europa entwickeln ließen, die für alle gut seien, sagte der Kanzler.

Deutsch-französische Diskrepanzen

Politiker von Union und Grünen hatten Scholz zuvor ausdrücklich dazu aufgerufen, das angeschlagene deutsch-französische Verhältnis zu kitten. „Wenn Deutschland und Frankreich so kleinkariert agieren, schwächt das ganz Europa“, mahnte Armin Laschet von der CDU. Grünen-Politiker Anton Hofreiter forderte den Bundeskanzler auf, „die Befindlichkeiten zwischen ihm und Macron zu begraben“.

Macron und Scholz hatten sich zuletzt mehrfach gegenseitig in der Öffentlichkeit kritisiert – zwar ohne sich beim Namen zu nennen, aber mit scharfen Worten. Frankreichs Präsident störte die Weigerung des Kanzlers, Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine zu liefern. Er warnte die westlichen Verbündeten davor, zu „feige“ zu sein.

Scholz distanzierte sich wiederum vom französischen Präsidenten, als dieser einen Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine nicht ausschloss. Zuvor hatte Scholz mehrfach darauf verwiesen, dass Deutschland innerhalb Europas die meiste Hilfe für die Ukraine leiste. (AFP, Tsp, cz)

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