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Manöver der Revolutionsgarde im Jahr 2021 nahe Teheran.

© imago images/ZUMA Wire

Update

Mullahs attackieren „Spionagenest“: Iran schießt Raketen auf Ziele in Syrien und dem Irak

Die iranischen Revolutionsgarden bombardieren Orte in Irak und Syrien: mehrere Tote, zahlreiche Verletzte. Es ist die bisher weitreichendste Raketenoperation des Regimes.

| Update:

Das Mullah-Regime hat Ziele in Irak und Syrien bombardiert. Irans Revolutionswächter (IRGC) attackierten in der Nacht zu Dienstag zahlreiche Orte in den Ländern mit ballistischen Raketen. Die Angriffe seien Rache für den verheerenden Anschlag in der südiranischen Kerman vor zwei Wochen sowie die Tötung eines hochrangigen iranischen Offiziers im Dezember, teilte das IRGC-Webportal mit. 

Die Führung in Teheran spricht von „Spionagezentralen“, womit de facto Quartiere iranischer Exilanten gemeint sind. In den Revolten gegen die iranische Islamisten-Theokratie spielen kurdische Oppositionelle eine entscheidende Rolle. Sowohl in Nordirak als auch in Ostsyrien sind US-Truppen stationiert, die dort überwiegend kurdische Kräfte unterstützen.

Die IRGC behaupteten demnach, man habe „drei Mossad-Stützpunkte“ in Erbil im Visier gehabt. Die Regionalregierung Kurdistans hatte die Präsenz israelischer Geheimdienste ausgeschlossen. Der kurdischen Regionalregierung zufolge gab es allein Erbil vier Todesopfer und 17 Verwundete.

In den letzten Jahren hatten die Revolutionsgarden mit Verweis auf angebliche Stützpunkt des „israelischen Geheimdienstes“ öfter den Großraum Erbil beschossen. Iraks Zentralregierung Bagdad will nun den UN-Sicherheitsrat anrufen.

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Irans Regime kündigte weitere Angriffe an: „Wir versichern unserem geliebten Volk, dass die Offensivoperationen der Revolutionsgarde so lange fortgesetzt werden, bis auch der letzte Tropfen Blut der Märtyrer gerächt ist.“ Die Theokraten in Teheran sehen Israel überall in der Region am Werk. Als Reaktion auf die jüngsten „Verbrechen der Feinde der Islamischen Republik Iran“ seien Spionagenester und Treffpunkte anti-iranischer Gruppen angegriffen worden.

Kurdische Flaggen auf einer Kundgebung in der nordirakischen Autonomieregion.
Kurdische Flaggen auf einer Kundgebung in der nordirakischen Autonomieregion.

© AFP/Safin Hamed

Tausende Einwohner Erbils schreckten am Abend durch die Explosionen hoch, meldete der kurdische Sender Rudaw. Demnach trafen fünf Raketen die Stadt. Im Norden Iraks ist es den Kurden gelungen, nach dem Sturz des arabisch-nationalistischen Diktators Saddam Hussein 2003 eine Autonomieregion aufzubauen, die über diplomatische Beziehungen in diverse Länder verfügt.

Die Vereinigten Staaten verurteilten die Angriffe auf Erbil und sprachen den Angehörigen der Getöteten ihr Beileid aus. „Wir wenden uns gegen die rücksichtslosen Raketenangriffe des Iran, die die Stabilität im Irak untergraben. Wir unterstützen die irakische Regierung und die kurdische Regionalregierung in ihren Bemühungen, den Zukunftszielen des irakischen Volkes gerecht zu werden“, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, in der Nacht zum Dienstag.

Unklar ist bislang, welche Verbände genau Ziel des Angriffs waren. In den letzten Jahren waren meist Ableger der linken Komala und der Kurdischen Demokratischen Partei des Iran (KDPI) im Visier des iranischen Regimes. Zur letzteren Organisation gehörten die Männer, die von Attentätern der islamistischen Hisbollah im Auftrag des iranischen Geheimdienstes 1992 im Berliner Restaurant „Mykonos“ erschossen wurden.

Irans weitreichendste Raketenoperation

In Syrien wurde nach Darstellung der Revolutionswächter vor allem die sunnitische Dschihadisten-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) angegriffen, hieß es in der IRGC-Mitteilung. Iran staatlicher Nachrichtenagentur Irna zufolge wurden auch Islamisten in der abtrünnigen Provinz Idlib attackiert.

Das Mullah-Regime ist eine schiitische Theokratie und stützt Syriens Zentralregierung. Mit seinen Revolutionsgarden sowie der ebenfalls schiitischen Hisbollah-Miliz aus dem Libanon beherrscht der Iran letztlich auch in der Levante viele Orte. Irans Machthaber und die Hisbollah betrachten vor allem Israel als Erzfeind.

Bei dem Angriff handelte es sich laut Irna mit einer Strecke von mehr als 1200 Kilometern um die weitreichendste Raketen-Operation des Landes. Dies dürfte auch ein klares Signal an die Regierung in Jerusalem sein. Es wäre die gleiche Entfernung, die Raketen vom Westen des Landes aus benötigen, um Israel zu erreichen.

Auch Türkei bombardiert in Syrien

Im Kampf gegen die kurdische, säkulare Autonomiebewegung arbeitet der Iran punktuell mit der Türkei zusammen. Dabei geht es Teheran und Ankara oft um die sozialistische PJAK.

Die PJAK abgekürzte „Partei des freien Lebens Kurdistans“ gilt als iranische Schwesterorganisation der Arbeiterpartei Kurdistans, der PKK. Diese ist auch in Deutschland verboten und kämpft seit den Achtzigern erst um Unabhängigkeit, nun um Autonomie der Kurdenregion im Südosten der Türkei. Ankaras Armee greift seit Jahren immer wieder PKK-Stellungen an, ebenfalls in Nord-Irak.

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan lässt zudem regelmäßig Orte in Nordsyrien beschießen. Dort verteidigt eine Koalition unter Führung der säkularen Kurdenpartei PYD ebenfalls eine Autonomieregion. Insbesondere die kurdische YPG-Miliz innerhalb der multinationalen, überkonfessionellen Allianz SDF hatte in Syrien den IS besiegt.

Erst am Wochenende hat die türkische Armee 30 Orte in Nord- und Ostsyrien aus der Luft angegriffen. Khaled Davrisch, Repräsentant der regionalen Selbstverwaltung in Deutschland, sagte dazu: „Anders als in der Berichterstattung dargestellt, zielt die Türkei nicht auf militärische Stellungen. Sie greift gezielt zivile Infrastruktur an. Die Region ist bereits jetzt in einer humanitären Krise.“

Es drohten erneut Massenfluchten aus Syrien, sagte Davrisch. Viele der getroffenen Ziele, insbesondere in der Energieversorgung, seien bereits bei früheren Bombardements der Türkei beschädigt und gerade erst repariert worden.

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