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Nach Zürich und Amsterdam sprach Barack Obama am Mittwoch in der Mercedes-Benz-Arena in Berlin.

© Pascal Kerouche

Barack Obama in Berlin: „Gestern Abend habe ich eine alte Freundin getroffen“

Erst ein Abendessen mit Angela Merkel, dann zu Gast in der Mercedes-Benz-Arena: Obama sprach über Demokratie, Künstliche Intelligenz und die Kraft der jungen Generation.

Ein bisschen kam ein Gefühl auf wie damals an der Siegessäule, nur mit weniger Sonne und weniger Menschen. Als Barack Obama am Mittwochabend die Bühne der Berliner Mercedes-Benz-Arena betrat, jubelten die rund 6000 Besucher in der Halle lange und mit stehenden Ovationen – eine ähnliche Stimmung wie im Jahr 2008, als der junge Senator Obama vor mehr als 200.000 Begeisterten im Berliner Tiergarten auftrat.

Nun war der inzwischen 61-Jährige wieder in der Hauptstadt für einen „Evening with Barack Obama“ – und man konnte erahnen, warum Tausende in die Halle gekommen waren, um ihn zu sehen. Von seinen Entertainer-Qualitäten hat der 44. Präsident der Vereinigten Staaten nichts eingebüßt. „Thank you Berlin, it’s good to be back!“, begrüßte er das Publikum.

Und er erzählte direkt von seinen Ausflügen in der Hauptstadt. „Gestern Abend habe ich eine alte Freundin getroffen“, womit er den Besuch bei einem Nobel-Italiener in Schöneberg mit Ex-Kanzlerin Angela Merkel meinte. „Heute habe ich noch einen Stopp beim Kanzler gemacht und ,Hi’ gesagt“ – beim Mittagessen im Kanzleramt.

Berlin ist die dritte europäische Station für Obama, in den vergangenen Tagen trat er in Amsterdam und Zürich auf. Zum fünften Mal ist er bereits in der deutschen Hauptstadt.

In einer Demokratie gibt es Regeln für Meinungsverschiedenheiten.

Barack Obama

Das von Entertainer Klaas Heufer-Umlauf geführte Gespräch hatte dann aber doch einen eher ernsten Verlauf. Dabei nahm vor allem nahm dabei Obamas Sorge um den Zustand der weltweiten Demokratie viel Raum ein.

„Wir gehen gerade durch eine außerordentlich schwere Zeit“, sagte Obama, gerade mit Blick auf russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Man stehe in einem Wettbewerb zwischen autokratischen Systemen und denen, die die Werte der Demokratie hochhielten.

Entertainer Klaas Heufer-Umlauf moderierte das Gespräch mit Barack Obama.
Entertainer Klaas Heufer-Umlauf moderierte das Gespräch mit Barack Obama.

© IMAGO/Panama Pictures/Christoph Hardt

Allerdings besorgten ihn auch die Spannungen innerhalb der Demokratien sehr, Herausforderungen gebe es nicht nur von außen. „Wir müssen auch unsere eigenen gesellschaftlichen Praktiken hinterfragen“ und sich etwa Rassismus und Desinformation entgegenstellen.

Dabei sei es unter anderem wichtig, Differenzen auszuhalten. Auch mit Blick auf die notorisch gespaltenen USA sagte Obama: „In einer Demokratie gibt es Regeln für Meinungsverschiedenheiten.“

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Hier kam er auch auf die Dynamik innerhalb der amerikanischen Medienlandschaft zu sprechen. Sender wie Fox News und auch die sozialen Medien befeuerten die Desinformation, sodass man sich nicht auf die klarsten Fakten einigen könne. Gerade Leute, die sich abgehängt fühlten, seien anfällig für Desinformationen, bestimmte Medien befeuerten deren Ängste noch, etwa vor Migranten oder Homosexuellen. Besonders von der Rechten würden diese Ängste ausgenutzt, der Extremismus wachse – womit Obama deutlich auf die US-Republikaner anspielte.

Mauern bauen funktioniert nicht. Wir müssen Brücken bauen.

Barack Obama

Ob mit Blick auf diese Entwicklung das Vorantreiben der Globalisierung ein Fehler sei, wollte Heufer-Umlauf dann wissen. Hier sei der Unterschied zwischen der kulturellen und der wirtschaftlichen Globalisierung wichtig, sagte Obama. Globalisierung sei in der Vergangenheit und auch jetzt zu sehr darauf fokussiert gewesen, wie große Firmen profitieren davon könnten und weniger, was das mit den Arbeitern macht, die ihre Arbeit verloren, weil Firmen im Ausland billig produzieren wollten. Das müsse man ändern.

Aber Migration und den weltweiten Austausch der Kulturen könne man nicht zurückdrehen. „Die Idee, dass man Mauern baut, um sich zu vor bestimmten Leuten zu schützen, wird nicht funktionieren. Wir müssen stattdessen Brücken bauen“, sagte Obama in Anspielung auf seinen Nachfolger Donald Trump und dessen in seiner Amtszeit geplantem Mauer-Projekt an der Grenze zu Mexiko.

Sorge mache ihm hier auch die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI), die so überzeugende Fakenews und Deepfakes produziere, dass man sehr aufpassen müssen, was man noch glauben könne. „Wir müssen hier besonders unsere jungen Leute in Medienkompetenz trainieren“, sagte Obama. Deshalb brauche man für die Verwendung von KI klare Regelungen und einen digitalen Fingerabdruck, sodass man unterscheiden könne, was echt sei und was nicht.

Heufer-Umlauf lenkte das Gespräch dann auch auf die Qualitäten, die ein Anführer, etwa eines großen Landes, brauche. „Hat man Ihnen als Präsident früher sagen können, dass Sie Unrecht haben?“, fragte Heufer-Umlauf. „Fragen Sie Michelle, ich habe etwa zehnmal am Tag Unrecht“, antwortete Obama, um dann ernster fortzufahren, dass man seinen Mitarbeitern zuhören und sie bestärken müsse, um ein verantwortungsvoller Anführer zu sein.

Im Weißen Haus habe er darauf geachtet, möglichst viele Perspektiven zu hören, wenn er eine Entscheidung habe treffen müssen. „Und ich musste immer schwere Entscheidungen treffen.“ Eine junge Person habe zum Teil eine bessere Perspektive gehabt als eine alte. „Wenn es um Wahrheit geht, gibt es keine Hierarchien“, sagte Obama. Gute Entscheidungen könne man nur treffen, wenn man kompetente Leute mit vielen verschiedenen Hintergründen um sich habe.

Wenn wir ein paar Jahre lang überall Frauen in Machtpositionen haben würden, wären viele Probleme auf der Welt gelöst.

Barack Obama

Besonders stolz sei er aber darauf, während seiner Präsidentschaft viele Frauen in hohe Positionen gebracht zu haben. „Wenn wir ein paar Jahre lang überall Frauen in Machtpositionen haben würden, wären viele Probleme auf der Welt gelöst“, sagte Obama, was ihm einen lange anhaltenden Applaus des Publikums einbrachte.

Hoffnungsvoll sei er außerdem, wenn er auf die künftigen Generationen blicke. Viele von ihnen seien frustriert, gerade mit Blick auf den Klimawandel, der sie zum Teil hoffnungslos werden lasse. Aber: „Sie haben Werte und Ideen, die uns helfen werden.“

Bei der Klimakrise versuchte Obama, gerade den von ihm angesprochenen jungen Leuten Mut zu machen. Mit Blick auf das Pariser Klimaabkommen sei zu bedenken, dass Maßnahmen zum Klimaschutz oft Aushandlungssache zwischen vielen Ländern sei, was oft für Frust sorge. Aber: „Jeder Schritt in die richtige Richtung schafft Zeit, um neue Lösungen zu entwickeln.“ Man könne nicht perfekt werden. „Aber Aufhören ist keine Option!“

Das Problem seien die Institutionen, die jungen Leute hätten das Gefühl, dass die kaputt sind. „Und sie haben recht. Wir müssen ihnen jetzt den Staffelstab geben. Und den Alten sage ich: Macht Platz!“ Und so endete der Abend, wie er begann: mit stehenden Ovationen.

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